Haftung für das Setzen von Links?

Welche rechtlichen Folgen das Setzen von Links haben kann und wie Sie vorbeugen

Viele Website-Betreiber glauben, dass sie eine pauschale Haftung für Hyperlinks ausschließen können: "Mit Verweis auf das Urteil des LG Hamburg distanziere ich mich vom Inhalt verlinkter Seiten". Doch der Disclaimer bewirkt genau das Gegenteil.

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Viele Website-Betreiber glauben, dass sie eine pauschale Haftung für Hyperlinks ausschließen können: "Mit Verweis auf das Urteil des LG Hamburg vom 12.05.1998 (Az. 312 O 85/98) distanziere ich mich vom Inhalt verlinkter Seiten". Doch dieser Disclaimer bewirkt genau das Gegenteil: Im Fall des Falles nämlich beweist er, dass der Website-Betreiber seiner Aufsichtspflicht eben nicht hinreichend nachgekommen ist. Hinzu kommt: Der BGH hat höchstrichterlich entschieden, dass das Setzen von Deep-Links strafbar sein kann. Rechtsanwalt Oliver Langner erklärt, in welchen Fällen Website-Betreiber für das Verlinken auf andere Webseiten haften und wie man dem vorbeugen kann.

Worüber sprechen wir eigentlich?

Zur Verdeutlichung skizziere ich grob die Ausgangslage:

  • Das viel zitierte LG Hamburg hatte seinerzeit über die Haftung eines Domain-Inhabers zu urteilen, der gleichzeitig auch Website-Betreiber war. Es ging um die Verletzung allgemeiner Persönlichkeitsrechte; der Domain-Inhaber äußerte sich einem Zweiten gegenüber in ehrverletzender Weise. Nun war er klug genug, diese Beleidigungen nicht unmittelbar auf seiner Website zu tätigen. Vielmehr schrieb er sie auf eine Website, die ihm nicht gehörte, verlinkte jedoch von seiner Website aus auf die Website, auf der die Beleidigungen standen. Und weil er sich für clever hielt, gab der Domain-Inhaber auf seiner Website den Hinweis, dass er für den Inhalt verlinkter Websites nicht hafte (sog. "Haftungsfreizeichnungsklausel" oder "Disclaimer").

  • Der BGH wiederum musste zur Frage der Verletzung von Urheberrechten Stellung beziehen, wobei es um die Nutzung von elektronischen Stadtplänen ging. Gewerbliche Nutzer dürfen die elektronischen Stadtpläne nur gegen Entgelt benutzen, wobei dies nur durch Verwendung bestimmter Sitzungsnummern (sog. Session-IDs) möglich ist. Nun hatte ein gewerblicher Nutzer durch eine bestimmte Art der Verlinkung dafür gesorgt, dass Besucher seiner Website die elektronischen Stadtpläne nutzen konnten, ohne zuvor die Homepage des eigentlichen Anbieters aufsuchen zu müssen.

Der Terminus "Link" entstammt dem Englischen und ist eine Abkürzung für das Wort "Hyperlink" (was etwa bedeutet wie "Anknüpfungspunkt" oder "Bindeglied"). Mit dem Setzen eines Links wird eine Verknüpfung zwischen zwei Webseiten oder Teilen von Webseiten hergestellt.

Das Urteil des LG Hamburg und die Folgen

Nach Ansicht des LG Hamburg, das im Wesentlichen von der Begründung auf ein BGH-Urteil vom 30.1.1996, Az. VI ZR 386/94, gestützt ist, muss diejenige Person für herabsetzende Tatsachenbehauptungen einstehen, die sich nicht hinreichend von diesen Beleidigungen distanziert.

In der Rechtsprechung wird zwischen Tatsachen einerseits und Werturteilen andererseits unterschieden. Während eine Tatsache objektiv nachprüfbar ist, ist ein Werturteil als Meinung der jeweiligen Person vor allem subjektiv und damit nicht nachprüfbar.

Das LG Hamburg gelangte nun zu der Ansicht, dass keine Distanzierung von Tatsachenbehauptungen vorliegt, wenn sich der Website-Betreiber ganz pauschal vom Inhalt aller verlinkten Webseiten distanziert. Vielmehr sei eine solche pauschale Distanzierung eine nicht verantwortete Weitergabe der Tatsachenbehauptung und in der Folge als eine eigene Verbreitung der Tatsachenbehauptung anzusehen. Eine wirkliche Distanzierung von Tatsachenbehauptungen setzt nämlich gerade voraus, dass derjenige, der sich distanzieren will, die Tatsachenbehauptung auch kennt. In der Konsequenz wurde der Website-Betreiber zu Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verurteilt.

Unter dem Strich heißt das: Der Disclaimer ist nicht nur Nonsens, sondern beweist, dass derjenige, der diesen Disclaimer verwendet, die Inhalte der verlinkten Websites gerade nicht geprüft hat. Eine solche Sachlage hat in dem vom LG Hamburg zu entscheidenden Fall gerade zu seiner Haftung geführt.

In Konsequenz dieses Urteils des LG Hamburg sollte jeder, der einen Link setzt, genau prüfen, welche Websites er verlinkt. Stellt er bei der Prüfung der verlinkten Website fest, dass dort Tatsachenbehauptungen getätigt werden, von denen er sich distanzieren will, dann muss er sich von den konkreten Tatsachenbehauptungen distanzieren - und nicht pauschal vom Inhalt der verlinkten Webseite insgesamt. Allerdings wäre in solchen Fällen zu überlegen, ob eine Verlinkung nicht besser ganz unterbleiben sollte.

Das BGH-Urteil und die Folgen

Dem Urteil des BGH lag ein etwas anderer Sachverhalt zu Grunde. Zu klären war, ob und gegebenenfalls wie der Betreiber einer Website mit Hilfe von Verlinkungen die Inhalte anderer Webseiten nutzen darf. Die Besonderheit des Falles bestand nun darin, dass die verlinkte Webseite eigentlich für jedermann öffentlich zugänglich ist. Normalerweise setzt die Verwendung der elektronischen Stadtpläne aber voraus, dass ein Besucher zunächst die Startseite des Betreibers der elektronischen Stadtpläne aufsucht. Dieses "Hindernis" wurde jedoch durch die besondere Art der Verlinkung (sog. Deep-Link) umgangen. Der BGH hatte die Frage zu beantworten, ob das ausschließlich dem Urheber bzw. dem Nutzungsberechtigten zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) durch das Setzen eines Deep-Links verletzt worden war.

Das Urteil des BGH: Der Betreiber einer Website haftet nicht für das Setzen eines Links, wenn der Urheber oder der Nutzungsberechtigte eines geschütztes Werk dieses Werk ohne jede Schutzmaßnahme öffentlich zugänglich macht. Denn in diesem Fall erleichtert die Person, die den Link setzt, nur den Zugang zu bestimmten Werken, deren mögliche Vervielfältigung durch den Urheber bzw. den Nutzungsberechtigten ohnehin bereits möglich ist.

Ausnahme: Der Urheber oder der Nutzungsberechtigte ergreift bestimmte, technische Schutzmaßnahmen im Sinne von § 95a Abs. 1 UrhG, die den Zugang zum geschützten Werk nur in eingeschränkter Weise zulassen. Wenn die Person, die einen Link setzt, also Zugangsmöglichkeiten zu einem bestimmten Werk schafft, die der Urheber oder der Nutzungsberechtigte am Werk nicht vorgesehen haben, dann greift er in die Urheberrechte dieser Berechtigten ein. Dazu kann bereits das Setzen eines sog. Deep-Links unter bloßer Umgehung der Startseite des Urhebers bzw. des Nutzungsberechtigten am geschützten Werk ausreichen.

Eine Verletzung von Urheberrechten liegt natürlich erst recht vor, wenn mit der Verlinkung die Eingabe von Passworten oder Codes umgangen wird, die der Urheber oder der Nutzungsberechtigte herausgegeben hat, um seine geschützten Werk nur einem bestimmten Kundenkreis zur Verfügung zu stellen. Der klassische Fall ist das Zur-Verfügung-Stellen von Musik- oder/und Filmwerken gegen Entgelt, bei dem zuvor bestimmte Abonnementverträge abzuschließen und die entsprechenden Entgelte zu entrichten sind.

Eine Verlinkung kann neben zivilrechtlichen Folgen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Neben der strafrechtlichen Relevanz von Urheberrechtsverletzungen nach den §§ 106 ff. UrhG wäre ein solcher Fall nach den §§ 184 ff. StGB anzunehmen, wenn Webseiten mit pornografischen Inhalten durch Umgehung von Passwörter für Minderjährige öffentlich zugänglich gemacht würden. Eine solche Strafbarkeit setzt voraus, dass der Betreiber der Website, der den Link setzt, den strafbewehrten Inhalt der Website bei der Verlinkung kennt.

In dieser Hinsicht hat das AG Berlin-Tiergarten mit Urteil vom 30. Juni 1997 (Az. 260 DS 857/96) entschieden, dass der Betreiber eine Website, der einen Link auf eine andere Website setzt, nicht dafür haftet, wenn der Betreiber der verlinkten Seite erst nach der Verknüpfung seine Seiten mit strafbewehrtem Inhalt versieht. Vielmehr ist eine strafbare (Beihilfe-)Handlung nur dann gegeben, wenn der Link in diesem Fall in Kenntnis des strafbewehrten Inhalts bewusst und gewollt aufrecht erhalten wird. Mittelbare Folge: Website-Betreiber müssen also nicht ständig ihre Links überprüfen.

Ferner hat das LG Frankfurt/Main in einem Beschluss vom 05.12.2007 (Az. 2-03 O 526/07) zutreffend entschieden, dass der Internetprovider nicht per se dafür haftet, wenn ein Kunde von ihm auf seinen Webseiten Links auf Webseiten mit pornografischen Inhalten setzt. Die Begründung des LG Frankfurt/Main ist hingegen fragwürdig, denn sie schließt eine Haftung des Internetproviders auch dann aus, wenn der Internetprovider nach entsprechenden Hinweisen den Zugang weiterhin bestehen lässt.

Fazit: Achtung bei Verlinkung!

Das Setzen eines unüberlegten Links kann unter Haftungsgesichtspunkten fatale Folgen haben. Der Website-Betreiber oder Domain-Inhaber sollte die Inhalte der Webseiten, die verlinkt werden, genau prüfen. Nur diese Vorgehensweise schützt davor, auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.

Der in vielen Impressen vorzufindende Disclaimer schützt also nicht. Im Gegenteil: Er beweist durch seine pauschale Unbestimmtheit vielmehr, dass der Linksetzer die verlinkte Webseite eben nicht unter Haftungsaspekten geprüft hat.

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