Zahlen mit Tendenz: Wie Diagramme und Statistiken täuschen können

Eine Anleitung zum skeptischen Umgang mit Zahlenangaben

Zahlen sind objektiv? Selbst wenn - für ihre Darstellung gilt das mit Sicherheit nicht. Mit Statistiken, Zahlen-Diagrammen und Zahlenangaben lässt sich vielmehr sehr gut Stimmung machen oder den Fakten eine bestimmte Richtung geben. Wir zeigen Ihnen, wo Sie skeptisch sein sollten.

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Zahlen sind objektiv? Von wegen. Schon Mark Twain wusste: "Es gibt Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." Und Winston Churchill erkärte in einem berühmt gewordenen Zitat, er traue "keiner Statistik, die er nicht selbst gefälscht habe."

Dabei muss man die Zahlen gar nicht fälschen, um ihnen eine bestimmte Richtung zu geben - ihre Darstellung lässt dazu jede Menge Raum. Wir zeigen Ihnen an praktischen Beispielen, wie Sie hinters Licht geführt werden mit Diagrammen, Statistiken und Vergleichswerten - und worauf Sie achten müssen, um das zu verhindern.

Wenig stichhaltige Stichproben

Zu den häufigsten Tricks beim Argumentieren mit Zahlen gehören unfaire Stichproben, die man für die Erhebung heranzieht. Was das bedeutet, dazu zwei Beispiele:

  • Bei den Rohdaten fängt es an:

    „Absolventen unseres MBA-Studienlehrgangs verdienten im Vorjahr durchschnittlich 126.455 Euro“ - so die Werbebotschaft eines Privatinstituts. Schön. Die sechsstellige Zahl suggeriert Genauigkeit. Wie aber wurden die Basiswerte erhoben? Bei Interviews tendieren viele der Befragten aus Eitelkeit zu übertriebenen Angaben, andere aus Angst vor dem Fiskus zu minimalen Nennungen. Umfragen werden aus Zeitmangel nicht oder gar nicht ausgefüllt.

    Für eine sinnvolle Aussage muss der Stichprobenumfang genügend groß sein und die Erhebung rein zufällig erfolgen. Leider ist dies nicht immer das hehre Ziel der agierenden Firma.

    Merke: Umfang und Erhebungsart der zugrunde liegenden Stichprobe zählen. „Umfragen zufolge“ und „In unabhängigem Labor getestet“ sind allzu oft Worthülsen.

  • Äpfel mit Birnen vergleichen“: Ungleiche Stichprobengruppen

    Natürlich versucht die Werbung, Ihnen Zahlen und Trends aufzuzeigen, die die gewünschte Marketing-Botschaft anschaulich darstellen. Diese Aussagen halten einer statistischen Analyse aber nicht immer stand. Fehlinformation muss dabei gar nicht beabsichtigt sein. Dazu ein klassisches Beispiel des amerikanischen Schriftstellers Darrell Huff (1913 – 2001):

    Die Todesrate im Spanisch-Amerikanischen Krieg betrug neun pro Tausend. Für die New Yorker Zivilbevölkerung ergab sich in der gleichen Periode eine Rate von sechzehn pro Tausend.

    Merke: Hinterfragen Sie solche pauschal daherkommenden Aussagen. Die spontane Folgerung hieße ja: Es war damals sicherer, in der Armee zu dienen, als in New York zu wohnen. Hier werden ungleiche Populationen verglichen, weil zur Gruppe der New Yorker alte und sehr junge Menschen zählen, also diejenigen mit dem damals höchsten natürlichen Sterblichkeitsrisiko. Somit bedeuten diese Zahlen weder, dass militärtaugliche Männer in der Armee länger lebten als außerhalb, noch beweisen sie das Gegenteil. Dazu hätte man den Soldaten eine Vergleichsgruppe gleichaltriger männlicher New Yorker entgegenstellen müssen.

  • Gute Ergebnisse – dank fehlender Zahlen

    24 % weniger Karies mit WunderDent!“ verspricht Ihnen die Zahnpasta-Hochglanzanzeige. Das tönt gut, Sie lesen weiter und stellen erfreut fest, dass diese Testwerte in einem unabhängigen Labor ermittelt und von einem anerkannten Experten bestätigt wurden. Gleichzeitig sagt Ihnen aber Ihr Verstand und Ihre Erfahrung, dass Zahnpasten sich eigentlich ähnlich sind. Wieso also dieses fantastische Resultat? Wird hier gelogen? Nein, da gibt es andere Mittel - auch wenn die zumindest statistisch ebenfalls nicht ganz koscher sind.

    Die Statistik dahinter: Wie Sie im Kleingedruckten der Anzeige lesen, umfasste die Testgruppe ganze zwölf Probanden.

    Das Ganze geht so: Beauftragen Sie eine beliebige Personentestgruppe, ihren Kariesbefall über ein Halbjahr zu protokollieren. Dann wechseln Sie von der bisherigen Zahnpasta auf WunderDent. Damit ergeben sich drei Möglichkeiten: Mehr, etwa gleich viel oder weniger Kariesbefall. Trifft eine der ersten beiden Varianten zu, archivieren Sie die Ergebnisse diskret – und starten einen neuen Test. Irgendwann, wir befinden uns hier im Bereich der Wahrscheinlichkeit, wird eine Testgruppe besser abschneiden, ob sie nun WunderDent verwendet oder nicht.

    Merke: Die Stichprobengröße ist bei statistischen Angaben ein maßgeblich wichtiger Punkt. Je größer eine Testpopulation ausfällt, also je mehr Probanden oder Fälle untersucht werden, desto eher werden rein durch den Zufall generierte Ausschläge „weggebügelt“ – damit werden die Ergebnisse belastbarer (allerdings für Werbeanzeigen oft auch eher ungeeignet).

    Denken Sie ans Werfen von Münzen („Kopf oder Zahl“). Bei zehn Würfen kann es durchaus vorkommen, dass acht Mal die Zahl oben liegt, obwohl es statistisch nur fünf Mal sein sollten. Mit tausend Würfen achthundert mal “Zahl“ zu bekommen, ist dagegen wirklich unwahrscheinlich.

Schon Mark Twain wusste ...

Fakten sind stur. Statistiken sind gefügiger.

Prozentangaben - hoher Anteil an tendenziösen Aussagen

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