Schriftwahl: Welcher Font passt zu mir?

Wir geben Tipps zur passenden Schrift-Wahl

So, wie man sich zu einem bestimmten Anlass falsch anziehen kann, kann auch eine unpassend gewählte Schriftart zu Missklängen führen. Schriftgestaltung ist zwar Alltag am Computer, aber keine banale Aufgabe, denn sie kann die Textaussage wirkungsvoll unterstützen oder konterkarieren - von guter Lesbarkeit ganz abgesehen. Wir geben Tipps zur passenden Schrift-Wahl.

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So wie man sich zu einem bestimmten Anlass falsch anziehen kann, kann auch eine unpassend gewählte Schriftart zu Missklängen führen. Schriftgestaltung ist zwar Alltag am Computer, aber keine banale Aufgabe, denn sie kann die Textaussage wirkungsvoll unterstützen oder konterkarieren - von guter Lesbarkeit ganz abgesehen. Wir geben Tipps zur passenden Schrift-Wahl.

Früher einmal war Schriftgestaltung Expertenarbeit. Heute gehört es zu den Alltagsaufgaben jedes Computernutzers, mit Schrift zu arbeiten. Nicht nur Bildbearbeitungs- und Layoutprogramme, auch einfache Textverarbeitungssoftwares liefern zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Gestaltete Schrift ist allgegenwärtig.

Trotzdem ist Textgestaltung keine banale Aufgabe, denn Text kommuniziert durch seine Gestaltung ebenso wie durch seinen Inhalt - ob im Geschäftsbrief, bei der Flyergestaltung oder im Webdesign. Die Wirkung von gestaltetem Text (seine sogenannte Anmutung) kann eine Textaussage wirkungsvoll unterstützen oder konterkarieren.

Daneben spielt natürlich auch die gute Lesbarkeit eine wichtige Rolle (dieser Anspruch an Schrift wird von Gestaltern erstaunlich häufig vernachlässigt!).

Neben dem Ort der Schrift (ein Blatt A4-Papier, eine Broschüren- oder Webseite?) ist es vor allem die Auswahl der Schriftart, die für die Wirkung und Lesbarkeit der Schrift maßgeblich ist.

Font-Vielfalt

Man muss sich nicht erst teure Schriften kaufen, um gute Typografie zu erstellen. Die standardmäßig auf einem Rechner installierten Fonts (Sätze aus einheitlich gestalteten Schriftzeichen) reichen bei sachgemäßem Einsatz meist schon aus. Gut geeignete Leseschriften für den Mengensatz längerer Textpassagen sind immer vorhanden. Und gerade die sind recht kostspielig, wenn man sie dazukaufen möchte. Denn in einer guten Schrift steckt viel Detailarbeit. Eine gute Übersicht bietet hier der Fontshop, in dem man zahlreiche Schriften online ansehen und herunterladen kann.

Kostengünstiger lassen sich Schmuckschriften beschaffen. Mit ihnen lassen sich Akzente in Form von Überschriften, Logos oder Buttons setzen. Ein gutes Recherchesprungbrett ist Designer in Action, dort gibt es zahlreiche Free Fonts. Darunter sind auch speziell auf den Bildschirmeinsatz abgestimmte Pixelfonts, die auch mit grober Monitorauflösung noch lesbar angezeigt werden. Außerdem finden Sie dort eine umfangreiche Linkliste zu weiteren Anbietern.

Schriftfonts unterliegen übrigens ebenso dem Urheberrecht wie etwa Bilder oder Grafiken!

Eine Schriftart auswählen

Um nun eine geeignete Schrift für einen bestimmten Zweck zu finden, muss man über Inhalt und Umfang des Textes, das Medium, in dem er publiziert wird und die späteren Leser Bescheid wissen. Mithilfe dieser Kriterien können Sie eine Schriftart finden, deren Stil zum Text und der Textaussage passt und angemessene Lesbarkeit bietet.

Serifen-Problem

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  • Textinhalt Unternehmensbroschüre oder Geburtstagskarte? Schulbuchtext oder Werbebotschaft? Jede Schriftart hat ihre eigene Stimmung und weckt bestimmte Assoziationen (verlassen Sie sich ruhig auf Ihr Gespür). So, wie man sich zu einem bestimmten Anlass falsch anziehen kann, kann auch eine unpassend gewählte Schriftart zu Missklängen führen. Suchen Sie eine Schriftart, die die Textinhalte auch assoziativ unterstützt.

  • Textmenge Ist der Text eine knappe Überschrift oder ein langer Lesetext? Und wie viele Gliederungsebenen gibt es im Text? Ein langer Lesetext muss eine Schrift bekommen, die angenehm und ermüdungsfrei zu lesen ist. Einem kurzen Text darf man auch eine etwas unkomfortablere Schrift zumuten. Ein einzelnes Wort - zum Beispiel ein Logo - kann auch einmal prägnant-unlesbar sein...
    Wenn Ihr Text zahlreiche Gliederungsebenen enthält oder Sie gar ein größeres Projekt im Auge haben und beispielsweise eine Schrift suchen, die das typografische "Gesicht" Ihrer Firma werden soll, müssen Sie auch darauf achten, dass die Schriftfamilie gut ausgebaut ist, das heißt, dass genügend Schriftschnitte wie fett, halbfett, kursiv etc. vorhanden sind.

  • Medium Soll ihr Text online stehen oder auf Papier? Auf welcher Papierart wird er gedruckt?

    So sollen Serifen, die kleinen "Füßchen" an den Buchstaben bei der Lektüre dem Auge helfen, an der Zeile festzuhalten. Serifenschriften (unten der Klassiker Times) sind daher meist gute Leseschriften für Mengentext. Ausnahme: Texte im Online-Einsatz. Durch die niedrige Monitorauflösung werden Serifenschriften meist häßlich und sind nicht gut lesbar. Zum Vergleich die serifenlose Verdana, die für den Bildschirmeinsatz entwickelt wurde.

    Und handelt es sich um eine Broschüre, oder beispielsweise um eine Fax- oder Kopiervorlage, bei der es reproduktionsbedingt schnell zu unlesbaren Zeichen kommt? Die starken Unterschiede in der Strichstärke machen den Reiz vieler Serifenschriften aus. Dadurch werden sie jedoch auch anfällig gegen Beschädigungen beim Faxen oder mehrfachen Kopieren (unten) und vertragen sich nicht immer gut mit sehr groben Papierarten. Auf glatten hochweißen Papieren leidet manchmal ebenfalls die Lesbarkeit, weil das Papier die feinen Linien der Schrift "überstrahlt". Das Lesen wird dann sehr anstrengend.

  • Künftige Leser Wichtig sind beispielsweise die Lesefähigkeit der erwarteten Leser (Leseanfänger oder erwachsene Vielleser?), die Lesesituation (flüchtige Lektüre oder eingehendes Textstudium? Ein Buch, ein Straßenschild oder ein Beipackzettel?) und all jene Zielgruppenkriterien eine Rolle, die auch sonst beim Gestalten von Bedeutung sind: Sind die Leser Trendjäger oder Traditionalisten? Alt oder jung? Was soll der Text vermitteln? Welche Emotionen und Assoziationen soll er wecken?

Was macht eine Schrift lesbar?

Wann ist eine Schrift gut zu lesen? Beim Lesen tasten wir jede Zeile mit den Augen ab, aber als routinierte Leser lesen wir nicht einzelne Buchstaben, sondern eher Buchstabengruppen. Daraus ergeben sich die Anforderungen für lesbare Texte:

  • Die einzelnen Zeilen müssen sich einfach verfolgen lassen,

  • klar voneinander unterscheidbar sein

  • und ein neuer Zeilenanfang muss einfach gefunden werden können.

  • Buchstaben müssen deutlich unterschieden werden, damit beim Überfliegen keine Lesefehler entstehen.

  • Wörter müssen im Band der Zeile als Einheiten klar erkennbar sein.

Die richtige Schriftart kann Lesbarkeit unterstützen, doch spielt auch der Satz eine große Rolle für die Lesbarkeit von Texten.

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Unlesbar

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Besser lesbar

Man kann also eine robuste Leseschrift so setzen, dass die Lektüre zur Mühsal wird, andererseits einer eher problematischer Schrift zu guter Lesbarkeit verhelfen. Einige Faustregeln können Ihnen helfen:

  • Für die ideale Schriftgröße lassen sich keine pauschalen Empfehlungen geben, weil sie allein wenig zur Lesbarkeit beiträgt. Die Annahme, dass eine möglichst große Schrift besser lesbar sei, ist jedenfalls falsch. Viel wichtiger ist die Proportion von Schriftgröße, Zeilen- und Zeichenabstand. Allgemein gilt, dass Schriften zwischen 9 Punkt und 12 Punkt gute Leseschriften sind. Am Monitor liest es sich schlechter, hier sollten Lesetexte nicht kleiner als 14 Pixel sein.

  • Als Zeilenlänge sind 65-70 Zeichen ideal. Man muss bei der Lektüre nicht den Kopf hin- und herbewegen und findet leicht den Ansatz der neuen Zeile. Zu kurze Zeilen sind sehr unruhig und erschweren die Konzentration - das Minimum liegt bei 35-40 Zeichen.

  • Der Zeilenabstand sollte mit der Schriftgröße abgestimmt werden. Man rechnet rund 20% zur Schriftgröße hinzu. Für eine 11-pt-Schrift würde die Rechnung lauten:
    11 pt + 2,2 (das sind 20%) = 13, 2 pt Zeilenabstand, gerundet 13 pt
    Serifenlose Schriften brauchen meist mehr Abstand als Serifenschriften, und alle Umstände, die die Erkennbarkeit erschweren (grobes oder dunkles Papier, das Faxproblem) verlangen ebenfalls leicht erhöhte Zeilenabstände.

  • Die Laufweite der Schrift, also der Abstand zwischen den einzelnen Zeichen sollte nicht ohne Not verändert werden. Die digitalen Schriften sind bereits so konzipiert, dass gute Lesbarkeit gewährleistet ist. Die Mode der Neunziger Jahre, mit viel g e s p e r r t e m T e x t z u a r b e i t e n, hat nicht immer die Lesbarkeit befördert.
    Bei Überschriften oder Visitenkarten kann es sich lohnen, die Abstände einzelner Zeichen feinzujustieren. Problematische Zeichenfolgen, die leicht zu Verlesern führen, können so entschärft werden. Il, hn, rn, ad und ng sind in manchen Schriften schnell zu verwechseln. Guter Testsatz für solche Fälle: Ilona lag zehn Radlängen vorn.

  • Die Satzart ist ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Lesbarkeit.
    Meist liegen Sie mit linksbündigem Satz auf der sicheren Seite. Blocksatz erfordert sorgfältiges Trennen und funktioniert nicht bei kurzen Zeilen. Im Deutschen funktioniert Blocksatz wegen der relativ langen einzelnen Wörter nicht so gut wie im Englischen und führt schnell zu einem unruhigem Erscheinungsbild.
    Auch bei linksbündigem Satz sollten Sie auf saubere Worttrennungen achten, aber beim Blocksatz ist ihr Fehlen fatal und führt zu dicken Löchern im Text.

  • A propos Trennungen: Sie sollten nicht nur die Duden-Regeln beherzigen, sondern auch den Textsinn im Auge behalten, sonst wird aus "beinhalten" schnell einmal das grammatisch korrekte, aber sinnlose "bein-halten"...

  • Machen Sie sich auch Gedanken, mit welchen Auszeichnungen Sie arbeiten wollen, wie also einzelne Wörter im Text betont werden sollen. Der Fettsatz ist recht auffällig, während sich die Kursive besser in den Text integriert. Sie sieht aber am Monitor nicht immer gut aus. Elegant und ebenfalls gut integriert sind Kapitälchen, während VERSALIEN stark nach vorne springen. Unterstreichungen erfordern weite Zeilenabstände und sind im Web ohnehin verboten (reserviert für Hyperlinks). Farbige Schrift muss oft zusätzlich gefettet werden, wenn sie mit dem Textschwarz konkurrieren soll. Auf keinen Fall dürfen Auszeichnungen wild gemischt werden, weil sich deren Sinn sonst nicht erschließt.

Schriften mischen

Die Kombination verschiedener Schriften ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Mehr als zwei verschiedene Schriftarten sollten nicht zusammengestellt werden. Übrigens bekommt es Ihrer Textgestaltung auch, wenn Sie nicht allzuviele Schriftschnitte zusammenwerfen. Wenn Sie Schriften kombinieren, müssen sie zusammen passen, also in Schrifthöhe, Laufweite und auch der Anmutung harmonieren. Andererseits dürfen sich diese nicht zu ähnlich sein - dies wird oft nur als Disharmonie wahrgenommen, nicht als Schriftvariation.