Telefon- und Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Achtung bei zu strenger Kontrolle!

Mitarbeiter, die vom Büro aus lange Privattelefonate führen, gegen den Chef konspirieren oder das Geschäftsinteresse auf andere Art schädigen, legen die Überwachung von Telefongesprächen oder gar die Kontrolle durch Videoaufzeichungen am Arbeitsplatz nahe. Aber darf man das als Chef? Die rechtlichen Probleme sind jedenfalls nicht ganz unerheblich. Wir geben Auskunft.

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Mitarbeiter, die vom Büro aus lange Privattelefonate führen, gegen den Chef konspirieren oder das Geschäftsinteresse auf andere Art schädigen, legen die Überwachung von Telefongesprächen oder gar die Kontrolle durch Videoaufzeichnungen am Arbeitsplatz nahe. Aber darf man das als Chef? Die rechtlichen Probleme sind jedenfalls nicht ganz unerheblich: Wir geben Auskunft.

Regelbedarf für privates Telefonieren?

Mitarbeiter, die während der Arbeitszeit privat telefonieren, verursachen nicht nur Telefonkosten, sondern sind auch von der Arbeit abgehalten und stören womöglich ihre Kollegen. Andererseits erscheint ein explizites Verbot leicht als willkürlich und autoritär. Es gibt ja viele Gründe, warum ein Privatgespräch vom Büro aus gelegentlich angemessen und wichtig sein kann.

Ob Sie für dieses Thema eine verbindliche Regelung treffen sollten, hängt davon ab, wie viel Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern entgegenbringen können und wollen. Eines aber ist klar: Sie als Arbeitgeber dürfen generell bestimmen, inwieweit Ihre Mitarbeiter private Telefonate tätigen dürfen. Prinzipiell können Sie auch - durch Betriebsvereinbarung oder bei Abschluss des Arbeitsvertrages - ein Verbot von Privatgesprächen aussprechen. Dies gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen ein Mitarbeiter in wirklich dringenden Fällen zu Hause anrufen muss. Sie sollten ihm auch auf jeden Fall einen Anruf gestatten, wenn er aus betrieblichen Gründen unerwartet länger am Arbeitsplatz benötigt wird, weil Not am Manne oder der Frau ist. Sie können Ihre Mitarbeiter auch dazu verpflichten, dass sie private Telefonate bezahlen. Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass bei Privatgesprächen die Vorwahl einer bestimmten Nummer obligatorisch ist, wodurch die Telefongebühren automatisch erfasst werden.

Wenn Sie keine verbindlichen Regelungen treffen, können Ihre Mitarbeiter private Telefonate führen, ohne dass Sie eine rechtliche Handhabe dagegen haben. Sie müssen im Zweifel beweisen können, dass Ihre Mitarbeiter gegen Vorschriften verstoßen haben. Aus diesem Grunde machen mündliche Absprachen wenig Sinn. Natürlich hat Ihr Mitarbeiter niemals das Recht, auf Ihre Kosten stundenlange, private Ferngespräche zu führen. Aber hier gibt es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine genaue Grenze. Im Einzelfall können Sie Ihre Erfolgsaussichten schlecht abschätzen, wenn ein solcher Streit vor dem Arbeitsgericht landet.

Telefonüberwachung

Ein Verbot oder eine Einschränkung privater Telefonate ist freilich nur dann sinnvoll, wenn sie eingehalten wird - und dazu bedarf es meistens einer Form der Überwachung. Doch wie weit dürfen Sie dabei gehen? Die Idee, sich heimlich auf die Leitung aufzuschalten und zuzuhören, mag naheliegen. Aber ein solches Vorgehen kann leicht zu erheblichen rechtlichen Problemen führen (vom Betriebsklima einmal abgesehen).

Vor allem riskieren Sie ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot vor Gericht: Dann wird der Richter Ihre widerrechtlich erbrachten Beweise, etwa eine Zeugenaussage oder einen Mitschnitt, nicht heranziehen. Dies gilt auch dann, wenn Ihren Mitarbeitern Privattelefonate untersagt sind!

Das ergibt sich zunächst einmal aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 29.10.1997 (5 AZR 508/96): Eine Souffleuse verklagte ihren Arbeitgeber auf Zahlung einer höheren Vergütung. Sie berief sich dabei auf ein Telefonat, in welchem der Arbeitgeber ihr die Zahlung dieser Vergütung zugesagt haben soll. Ihr Lebensgefährte habe dieses Gespräch mit angehört, weil sie die Mithöreinrichtung eingeschaltet hatte. Das Gericht entschied, dass der Lebensgefährte wegen Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes nicht als Zeuge vernommen werden darf. Das absichtliche heimliche Mithören von Gesprächen zwischen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber über eine Mithöreinrichtung ist grundsätzlich unzulässig und die daraus gewonnen Resultate dürfen im Regelfall nicht verwertet werden, weil der Gesprächspartner so in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt wird.

Das gilt auch dann, wenn es sich um ein geschäftliches Gespräch handelt. Auch dann muss der Gesprächspartner keinesfalls davon ausgehen, dass ein Dritter mithört. Vielmehr darf er erwarten, dass er hierüber zu Beginn des Gespräches aufgeklärt wird. Sie müssen allerdings nur darauf hinweisen, dass die Mithöreinrichtung eingeschaltet wird. Sie brauchen ihm hingegen nicht mitzuteilen, dass sich weitere Personen im Raum befinden.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Grundsätze in einem aktuellen Urteil vom 23.04.2009 bestätigt (6 AZR 189/08). Anders ist dies nach der Ansicht der Richter allerdings dann, soweit anwesende Dritte den Inhalt des Telefonates zufällig mitbekommen haben, ohne dass dies beabsichtigt gewesen ist. Dann besteht das Verwertungsverbot nicht. Dies ist z. B. dann möglich, wenn das ans Ohr gehaltene Mobiltelefon aus Versehen so laut gestellt ist, dass der andere zuhören kann. Wird dieses jedoch absichtlich lauter gestellt oder vom Ohr weggehalten, greift das Beweisverwertungsverbot wieder. Die Beweislast liegt hier bei demjenigen, der sich auf den Inhalt des Telefonates beruft.

Das Bundesarbeitsgericht stützt sich dabei in seinem aktuellen Urteil bezüglich der Unzulässigkeit des absichtlichen heimlichen Mithörens auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 09.10.2002 (1 BvR 1611/96). Nach diesem Beschluss sind geschäftlich geführte Telefonate nicht von vornherein aus dem Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrechtsrecht ausgenommen: Auch in einem dienstlichen Gespräch werden demnach mitunter vertrauliche Informationen ausgetauscht, die den Arbeitgeber nichts angehen. Der bloße Verweis auf eine Mithörmöglichkeit reicht übrigens nicht aus. Das gilt auch, soweit in einem Geschäftsbereich das Mithören üblich ist.

Aus diesem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes ergibt sich ferner, dass das Mithören womöglich zulässig ist, wenn der Arbeitgeber sich in einer Notwehrsituation oder in einer notwehrähnlichen Lage befindet. Dies ist etwa dann der Fall, wenn er sich erpresserischen Drohungen oder einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff etwa auf seine berufliche Existenz, sein Eigentum oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegenübersieht, dessen er sich ansonsten nicht erwehren kann. Dann muss gegen den Mitarbeiter aber ein konkreter Tatverdacht bestehen. Ein allgemeines Beweisinteresse etwa für die Durchsetzung einer Kündigung in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht reicht nicht aus.

Der Arbeitgeber darf nach einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 30.08.1995 (1 ABR 4/95) im Falle einer entsprechenden Absprache auch bei Telefongesprächen von Arbeitnehmern mit Kunden mithören, wenn dies zu Ausbildungszwecken geschieht.

Wenn Sie ein Gespräch unzulässigerweise heimlich mithören bzw. sogar aufzeichnen, müssen Sie zudem damit rechnen, dass der betreffende Mitarbeiter Sie nach § 201 Abs. 1 und 2 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) anzeigt. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte Wort eines anderen auf einem Tonträger aufnimmt oder es mit einem Abhörgerät abhört. Außerdem müssen Sie darauf gefasst sein, dass Sie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach § 823 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Der Arbeitgeber darf dagegen grundsätzlich

  • die Zielnummer,

  • das Datum,

  • die Uhrzeit und

  • die Gebühreneinheiten

speichern und kontrollieren, wenn der Arbeitgeber keine privaten Gespräche gestattet hat. Hat er hingegen private Telefonate erlaubt, ist eine vorübergehende Erfassung zur Abrechnung erlaubt, soweit der Arbeitnehmer die Kosten hierfür zu tragen hat.

Eine entsprechende Vereinbarung sollte am besten als Betriebsvereinbarung erfolgen.

Sie sollten zuvor die Zustimmung des Betriebsrates einholen, weil es sich um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt. Nach dieser Vorschrift gehört die Einführung technischer Vorrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, zu den mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb. Ansonsten riskieren Sie als Arbeitgeber, dass Ihre Beweise in einem Kündigungsverfahren nicht verwertbar sind.

Videoüberwachung

Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers verletzt diesen grundsätzlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Eine lückenlose technische Überwachung am Arbeitsplatz, etwa durch Videokameras, setzt den Arbeitnehmer nämlich einem ständigen Überwachungsdruck aus, den er normalerweise nicht hinzunehmen braucht. Als Arbeitgeber müssen Sie also in diesem Fall damit rechnen, dass Sie wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach § 823 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus müssen Sie normalerweise davon ausgehen, dass ein Beweisverwertungsverbot besteht, sodass Sie die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung vor Gericht kaum nachweisen können.

Anders ist das nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 27.03.2003 (2 AZR 51/02) womöglich dann, wenn gegen den jeweiligen Arbeitnehmer der konkrete Tatverdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten seines Arbeitgebers besteht.

Dies allein reicht aber noch nicht aus. Hinzukommen muss, dass die Aufklärung nicht durch weniger einschneidende Mittel erfolgen kann, die verdeckte Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Diese Umstände müssen vom Arbeitgeber vor Gericht konkret dargelegt werden. Wenn - wie im zugrundeliegenden Fall - Inventurdifferenzen auftreten, muss zunächst versucht werden, dies durch die Innenrevision oder durch Überprüfung im Warenwirtschaftssystem zu klären. Zudem darf auch keine effektive Überwachung durch Vorgesetzte und Kollegen möglich sein. Die Überwachung sollte in einem Raum erfolgen, wo der Betroffene nicht darauf vertrauen darf, unbeobachtet zu sein. Der Arbeitgeber sollte ansonsten darauf achten, dass bei der Videoüberwachung die Intim- und Privatsphäre gewahrt bleiben.

Das bloße Risiko von Diebstählen durch die Belegschaft reicht hingegen nicht aus. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Fall entschieden, in dem die deutsche Post AG als Arbeitgeberin in der Halle eines Briefverteilungszentrums vorsorglich eine Videoüberwachungsanlage installieren wollte, um von ihr aus Gründen der Prävention Gebrauch machen zu können. Sie berief sich dabei auf gute Erfahrungen in anderen Verteilungszentren. Das Bundesarbeitsgericht entschied am 14.12.2004 (1 ABR 34/03) jedoch, dass hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer auch gegenüber dem Briefgeheimnis Vorrang hat. Die Beschäftigten müssten hier jederzeit damit rechnen, dass ihr Verhalten aufgezeichnet wird und sie Vorhaltungen bekommen könnten.

Vor der Installation von Videokameras sollte der Arbeitgeber auf jeden Fall die Zustimmung des Betriebsrates einholen, weil es sich ebenfalls um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt.