Strategien gegen Trolle und Shitstorms

Strategien gegen Trolle und Shitstorms

Virtuelle Gewaltprävention: Shitstorms vermeiden, mit Trollen auf kluge Art fertigwerden

Trolle lauern im Internet mehr als genug. Ein Shitstorm kann ganz überraschend losbrechen. Hier lesen Sie Tipps, um sich gegen solche Situationen zu wappnen.

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Don’t feed the troll: Dass man Trolle nicht füttern darf, das hat fast jeder schon gehört. Genauso wie den Begriff Shitstorm. Den meisten Internetnutzern ist völlig klar, dass es im Internet Zeitgenossen gibt, die gezielt Streit suchen, die Welt mit ideologischen Scheuklappen sehen, aus Freude an Provokation und Eskalation verletzende Kritik üben, Wut und Aggressionen ungehemmt ausleben und nicht weniger ungebremst falsche Darstellungen verbreiten. Und selbst sogenannte normale Menschen verlieren online oft schnell die Fassung. Es ist dort nun mal sehr leicht, Dinge falsch zu verstehen oder sich von allgemeinen Stimmungen mitreißen zu lassen.

Auch Unternehmen geraten dabei schnell ins Fadenkreuz. Eine Methode, die solche Risiken komplett ausschließt, gibt es nicht. Zum Glück existieren jedoch Präventionsstrategien, die das Risiko senken. Und es gibt Verhaltensgrundsätze, mit denen man Eskalationen vermeiden und die Folgen abmildern kann, wenn es doch zu Konflikten kommt. Um solche Grundsätze geht es in diesem Beitrag.

Berufliches und Privates trennen

Berufliches und Privates trennen zu können, das ist nicht nur für die Work-Life-Balance wichtig. Es trägt auch viel zur Konfliktprävention im Internet bei. Wenn Sie für Ihr Unternehmen Postings verfassen, Kommentare schreiben oder Inhalte veröffentlichen, dann ist leider wenig Platz für Selbstverwirklichung und Impulsivität. Dann geht es ja nicht um Spaß oder angeregte Unterhaltungen, sondern um die geschäftliche Außendarstellung. Spontane Äußerungen und mehr oder weniger lustige Beiträge verwässern nicht nur Ihren Auftritt. Sie bieten auch Stoff für Missverständnisse und Konflikte. Deshalb sollten Sie strikt auf der Linie Ihrer Selbstdarstellungsstrategie bleiben.

Ob Sie ein ausgearbeitetes Unternehmensleitbild und eine festgelegte Außendarstellung besitzen oder nicht: In jedem Fall gibt es ein unternehmerisches Bild, das Sie verkörpern wollen, auch als Freelancer oder Einzelselbstständiger. Als größeres Unternehmen sowieso. Deshalb müssen Sie Ihre persönlichen Vorlieben beim geschäftlichen Auftritt in sozialen Netzwerken und Online-Foren zurückstellen: Postings, Beiträge und Kommentare sollen ja Ihr Unternehmen repräsentieren. Und zwar positiv.

Übrigens soll das nicht bedeuten, dass Ihre geschäftlichen Social-Media-Aktivitäten langweilig ausfallen sollen. Man kann trotzdem eine eigene, unkonventionelle Linie fahren, solange man sich das Ganze überlegt hat.

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So steif, wie der Begriff klingt, muss Unternehmenskommunikation im Internet nicht sein. Das zeigen die Berliner Verkehrsbetriebe mit ihrer legendären Twitter-Kampagne. Aber professionell sollte man nach Möglichkeit auftreten, überlegt und kontrolliert. Und das ist auch hier der Fall, selbst wenn es frisch, spontan und frech daherkommt. Das Posting beruht auf einer wohlüberlegten Strategie, die die gesamte Kampagne prägt.

Postings: marken- und kampagnentreu

"Halten Sie Ihre Posting-Tonalität marken- und kampagnentreu" - so drücken das PR-Berater aus, die diesen klugen Ratschlag schon seit vielen Jahren im Gepäck haben. Man möchte hinzufügen: Und denken Sie an Ihr berufliches Standing. Mit anderen Worten: Behalten Sie das Unternehmen, sein Image und den Zweck Ihrer geschäftlichen Aktivitäten konsequent im Kopf, wenn Sie als Social-Media-Beauftragter Ihres Unternehmens oder in Ihrer beruflichen Rolle als Freiberufler, Dienstleister oder Unternehmer agieren. Zum einen, um ein einheitliches Bild abzugeben; zum anderen, um nicht unnötig Anlass für Streit zu geben.

Das bedeutet vor allem: Überlegt agieren. Ruhig zweimal nachdenken oder bis zum nächsten Tag warten, bevor man etwas postet, selbst wenn Ihr Auftritt dann weniger schnell und spontan wird. Dafür reduzieren Sie das Risiko, in Fettnäpfchen zu treten oder unerwartet in Shitstorms zu geraten. Es bedeutet auch: Nur das veröffentlichen, was aus geschäftlicher Sicht sinnvoll ist. Es geht nicht darum, sich persönlich Luft zu machen oder sich meinungsstark zu profilieren. Das ist beides selbstverständlich völlig okay. Aber dafür nutzt man am besten private Accounts, bei denen man ohne geschäftliche Rücksichtnahme agieren kann.

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Diese Antwort eines Anwalts auf eine negative Bewertung ist zwar nicht unbeherrscht, aber auch nicht zielführend. Ganz unabhängig davon, ob der Mandant wirklich unverschämt war (gut möglich) – für die Selbstdarstellung bringt der Hinweis wenig. Aus solchen Antworten entwickelt sich, wenn weitere Antworten möglich sind, schnell ein Streit, bei dem man wenig gewinnen kann.

Die Versuchung, ganz klar die eigene Meinung zu verkünden und auf Provokationen oder Kritik ebenso spontan wie unmissverständlich zu antworten, ist groß. Wenn Sie das privat machen, ist das auch prima. Wenn Sie es unter Geschäftsflagge tun, wird es auf Dauer wenig Positives für Ihre Außendarstellung bewirken. Es reicht schon eine missverständliche Formulierung – die Ihnen erst als solche bewusst wird, wenn jemand verärgert reagiert. Oder ein Argument, das Ihnen naheliegend erscheint, von vielen Lesern aber nicht geteilt wird und Emotionen wachruft, die Sie aus PR-Sicht keinesfalls wecken wollen.

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Das Problem ist hier nicht, welche Seite recht hat, Homöopathiebefürworter oder -gegner. Sondern dass man als Krankenversicherung diese Diskussion auf keinen Fall auslösen und noch weniger als aktiver Parteigänger in einer derart kontroversen Frage dastehen will, die die eigenen Mitglieder entzweit. Ein entsprechend polemischer Tweet GEGEN Homöopathie wäre aus PR-Sicht genauso ein Fehler gewesen.

Vorsicht bei Branchenforen und geschlossenen Netzwerken

Besonders gefährlich sind oft Branchenforen, Xing-Gruppen, geschlossene Netzwerke, kollegiale Mailinglisten und dergleichen. Man glaubt, in solchen kleinen und vielleicht geschlossenen Foren unter sich zu sein. Aber auch hier wird möglicherweise jedes in der Hitze des Gefechts gefallene Wort für immer archiviert. Und auch aus solchen Foren dringt schnell vieles nach draußen, wenn es nicht ohnehin öffentlich lesbar ist. Vor allem gibt es auch und gerade in solchen Diskussionsgruppen immer wieder heftigen Streit.

Wie immer befeuern Eitelkeiten, mangelnde Empathie und Missverständnisse aufkeimende Konflikte. Das ist auch im kleinen Rahmen und unter Nutzern, die sich kennen, so. Im schlimmsten Fall sorgt man dafür, dass aus Kollegen, mit denen man sich über Branchen-Fragen austauschen wollte, plötzlich erbitterte Feinde werden. Oder man schreckt mögliche Kunden ab, statt sie durch Networking zu erschließen.

Besorgen Sie sich Unterstützer

Eine weitere präventive Maßnahme: Bauen Sie sich ein Netzwerk an Unterstützern auf. Je besser Ihre Netzwerke funktionieren, je mehr positiv gestimmte, überzeugte Kunden Sie als Fans oder Follower gewinnen, umso größer ist die Zahl Ihrer Hilfstruppen, wenn die bösen Orks aus den Tiefen des Internets kriechen, um die Facebook-Seite oder das Blog Ihres Unternehmens zu stürmen. Ein wichtiger Vorteil sind dann auch Kollegen oder Freunde, die Sie online aktivieren können.

Allerdings ist es nicht unbedingt die Zahl allein, die solche Schlachten entscheidet, sondern kluges, koordiniertes Vorgehen. Dabei kann man einiges von der Facebook-Gruppe #ichbinhier lernen. Die hat sich dem Kampf gegen rassistische und sexistische Trolle im Netz verschrieben, und zwar nach folgendem Muster: Wenn sich auf Facebook bösartige, menschenfeindliche oder sexistische Kommentare häufen, schreiben einzelne Angehörige der Gruppe selbst Kommentare, in denen sie eine kurze, sachliche Darstellung abgeben, ohne auf die Trollkommentare einzugehen oder sie zu beantworten. Dann schicken sie die Links zu diesen Kommentaren an die Gruppe, deren Mitglieder diese Meinungsäußerung liken. Im Ergebnis tauchen solche Kommentare dann (in der Default-Einstellung) ganz oben in der Kommentarspalte auf, weil sie am meisten Zustimmung gefunden haben – die Troll-Kommentare werden auf die hinteren Plätze verbannt. Dieser Ansatz lässt sich nicht nur zur Abwehr von Rassismus benutzen, sondern auch gegen einen Shitstorm auf der eigenen Facebook-Seite, wenn man genügend Unterstützer organisieren kann.

Shitstorm on Demand

Als vor einigen Jahren eine "Guerilla-Marketing-Agentur" als Teil ihres Portfolios den "Shitstorm on demand" anpries, war die Aufregung zunächst groß. Bald darauf entpuppte sich das Ganze als mäßiger PR-Gag. Einige Jahre später kamen jedoch Troll-Fabriken und Kommentar-Bots ins Spiel, die speziell auf politische Gegner angesetzt werden. (Es gibt natürlich auch längst einen Online-Botometer, mit dem man mehr oder weniger verlässlich herausfinden kann, ob hinter einem bestimmten Twitter-Account womöglich nur ein Algorithmus steckt.)

Sie müssen nicht in der internationalen Politik mitmischen, um ins Visier menschlicher Bestell-Trolls oder computergenerierter Meinungsmache zu geraten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass man einen Shitstorm auf Knopfdruck buchen kann und dass manche Leute die Dienste zwielichtiger Agenturen und Programmierer gern buchen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass unlautere Wettbewerber solche Dienste in Anspruch nehmen, um mit einem gebuchten Shitstorm so Ihren Ruf oder den Ihrer Marke zu beschädigen und/oder Ihre Kräfte mit der Abwehr zu binden.

Argumente helfen nicht gegen Emotionen

Einer der Hauptfehler bei Internet-Diskussionen, die aus dem Ruder laufen, ist der hilflose Versuch, sich mit sachlichen Erklärungen gegen unsachliche Angriffe zu verteidigen. Das kann nicht funktionieren. Auch dann nicht, wenn die Argumente inhaltlich zutreffen. Denn darauf kommt es – leider – in solchen Situationen nicht an. Das Internet ist kein normaler Raum und Online-Konversationen sind keine normalen Gespräche.

  • Alles, was Sie sagen, kann und wird gegen Sie verwendet werden. Auch dann, wenn es völlig anders gemeint war. Kleine Teile Ihrer Aussagen lassen sich ganz hervorragend aus dem Kontext reißen und in einen ganz anderen Zusammenhang stellen. Prompt lässt sich Ihnen eine Aussage unterschieben, die nie in Ihrer Intention lag. Aber beweisen Sie das mal.

  • Alternative Fakten sind genauso wirksam wie echte Fakten. Was wahr ist, weiß ohnehin keiner so genau, und kaum ein Betrachter macht sich die Arbeit, selbst Tatsachen aufwendig zu recherchieren. Stimmungen dagegen springen hervorragend über – es kostet keine Mühe, sich davon anstecken zu lassen.

  • Wer erklärt, verliert. Erklärungen erfordern viel Mühe. Es kostet Kraft, Zeit und viele Worte, sich oder sein Unternehmen zu verteidigen. Die emotionale Belastung einer solchen Streitsituation – mitten im Shitstorm, von allen Seiten unter Beschuss – darf man nicht unterschätzen. Sachlich und ausführlich auf Beschimpfungen zu antworten, das hält man selten lange durch.

  • Schlimmer noch ist, dass die Erklärungen auch den unbeteiligten Lesern Mühe abverlangen. Die müssen Informationen aufnehmen, nachdenken, verstehen, abwägen. Die Trolle haben es einfacher: Sie wiederholen einfach nur Beleidigungen, Behauptungen und Angriffe. Immer wieder. Damit lässt sich leicht eine emotional aufgeladene Atmosphäre erzeugen, in der auch die Unbeteiligten angesteckt werden und keiner mehr wirklich überlegt.

Lassen Sie die Trolle verhungern

Diese Art Auseinandersetzung kann man nur gewinnen, wenn man cool bleibt. Wenn man strategisch vorgeht und sich nicht von Trollen aufzwingen lässt, wo und wie die Schlacht stattfindet. Wenn Ihr Unternehmen mit Hasskommentaren überschüttet wird, aber auch, wenn eine einzelne Person Sie in einem öffentlichen Forum unfair und unsachlich angreift, dann sollten Sie Ihr Heil nicht in Abwehrschlachten suchen. Darin werden Sie sich nur verzetteln – und die Gegner können den Vorteil ihrer unfairen Methoden voll ausspielen.

Spielen Sie das Spiel der Trolle nicht mit. Nehmen Sie Ihnen stattdessen den Wind aus den Segeln:

  • Entschuldigen Sie sich für mögliche Misstöne, unsachliche Äußerungen oder alles, das tatsächlich als Fehler oder Versäumnis von Ihrer Seite aufgefasst werden kann. Es kommt gar nicht mal so sehr darauf an, ob Sie oder Ihr Unternehmen sich wirklich etwas haben zuschulden kommen lassen. Sie sind nicht vor Gericht, wo jedes Schuldeingeständnis bedeutet, dass Sie Boden verlieren. Im Kampf gegen Trolle gewinnen Sie dadurch Freiraum, denn Sie reduzieren Ihre Angriffsfläche. Sie müssen sich auch nicht für etwas entschuldigen, aus dem man Ihnen später einen Strick drehen kann. Entschuldigen Sie sich für Missverständnisse. Es tut Ihnen leid, dass der Besuch auf Ihrer Seite (oder der Einkauf oder was immer) nicht die positive Erfahrung war, die Sie Kunden und Interessenten bieten wollen. Es darf zunächst gern etwas nebulös sein (vermutlich wissen Sie ja noch gar nicht, was genau den Unmut oder die Angriffe ausgelöst hat), solange Sie signalisieren, dass Sie auf offensive Gesten verzichten.

    Die nämlich animieren Trolle zu weiteren Angriffen. Und Besucher oder Kunden, die keine Provokateure, sondern schlicht wütend sind, werden dadurch in ihrem Zorn bestätigt. Entschuldigungen wirken dagegen deeskalierend. Ein Gegner, der sich nicht wehrt, ist für Trolle langweilig. Entschuldigungen beruhigen wütende Besucher. Ein schönes Beispiel dafür ist die professionelle Reaktion des Social-Media-Teams der TK auf die wütenden Antworten zum missglückten Homöopathie-Tweet (siehe oben).

  • Stellen Sie eine Lösung in Aussicht. Weisen Sie gleichzeitig darauf hin, dass Sie Zeit brauchen, um die Situation genau zu klären. Auch das zeigen der erwähnte TK-Tweet und die Reaktionen darauf. Zeit ist eine Ressource, die Trolle nicht haben. Ihre Aufmerksamkeitsspanne ist begrenzt. Sie lassen sich leicht ablenken – die nächsten Opfer warten schon. Und wütende Kunden oder Besucher bekommen ebenfalls Zeit, sich zu beruhigen. Mit jenen Menschen, die nur überreagieren, aber nicht grundsätzlich bösartig sind, können Sie das Gespräch später dann auch im direkten Austausch fortsetzen.

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Zeit gewinnen und von der menschlichen Seite zeigen - das ist wichtig, um eine solche Situation zu entschärfen.

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Entschuldigen, um Verständnis werben, zeigen, dass man die Kritik ernst nimmt, offensive Aussagen und Rechtfertigungen vermeiden und sich auf keinen Fall in Einzeldiskussionen verwickeln lassen - damit beruhigt man wie hier die TK eine aufgebrachte Leserschaft in den sozialen Medien.

Ruhe ist die erste Social-Media-Pflicht

Es ist nicht gerade einfach, cool zu bleiben, wenn man sich wie ein von Hunden gejagter Hase fühlt oder Grund hat, sich über unverschämte und unfaire Anwürfe aufzuregen. Vielleicht hilft es, wenn Sie sich klarmachen, dass Ihre Kontrahenten es

  • entweder gezielt darauf angelegt haben, Sie wütend zu machen und verzweifeln zu lassen (tun Sie ihnen den Gefallen nicht), oder

  • im Moment nicht nachdenken – aus der Hitze des Gefechts heraus oder weil Sie sich vom Herdentrieb haben mitreißen lassen (kein Grund, es genauso zu machen).

Sie gewinnen durch Souveränität – indem Sie es schaffen, sich nicht von der Emotionalität der Situation einfangen und treiben zu lassen.

Manchmal kann es durchaus auch die klügste Strategie sein, sich nicht einzumischen. Das zeigt das Beispiel eines ING-DiBa-Werbespots (es ging um Dirk Nowitzki in einer Fleischerei), der erst einige wütende Vegetarier auf den Plan rief, dann Gegenwehr von Fleischfreunden auslöste und endlich in sich zusammenfiel. Die Bank, die sich zuerst nicht groß eingemischt hatte, beendete schließlich die Diskussion, als die Kombattanten müde waren. Die Bank wurde durch den Erfolg dieser Taktik bestätigt.

Die Ausnahme zur Regel: Gegenwehr

Zu jeder Regel gibt es eine Ausnahme. Das gilt auch für das oben zu Entschuldigungen Gesagte. Ein Gegenbeispiel hat vor einigen Jahren der Smoothie-Hersteller True Fruits geliefert. Eine provokant formulierte Botschaft auf einer der Getränkeflaschen hatte dazu geführt, dass dem Unternehmen Sexismus und Frauenfeindlichkeit vorgeworfen wurde. Statt sich zu entschuldigen, verweigerte sich True Fruits der Kritik und beschied Kritikerinnen mit der Antwort: "Hier werdet Ihr immer wieder auf diese Art Humor stoßen, die Euch zuwider ist und von uns so geliebt wird. Niemand ist gezwungen unsere Produkte zu kaufen oder unsere Plattformen in den sozialen Medien zu besuchen."

Das funktionierte auch, zumindest insoweit, als sich viele Nutzer mit dieser Linie solidarisierten. Dass durch solche Polarisierungen andere Kunden verloren gehen und die Marke auch negative Konnotationen erhält, ist allerdings die Kehrseite einer solchen Strategie.

Kommentare löschen, Kritiker sperren?

Es ist eine naheliegende Reaktion bei Angriffen, einfach die Löschfunktion zu bemühen und vielleicht auch gleich noch die Kommentatoren zu sperren. Das ist aber ein zweischneidiges Schwert.

Beleidigungen und Schläge unter die Gürtellinie muss man nicht dulden. Lösch- und Sperraktionen können sich jedoch leicht gegen einen selbst wenden. Vor allem dann, wenn die Gelöschten so etwas schon erwartet und deshalb vorher Screenshots gemacht haben. Besonders wirksam wird der Gegenangriff der Gelöschten, wenn Sie Kritik etwa von Kunden löschen – dann wird man Ihnen schnell unterstellen, missliebige Stimmen zu zensieren. Für den Service-Ruf eines Unternehmens ist das ein Desaster.

Wo die Grenze zum berechtigten Löschen erreicht ist und wann man dadurch die Sache nur schlimmer macht, lässt sich kaum generell sagen. Idealerweise sorgt man vor. Wer schon vor dem hochkochenden Streit eine klare Linie bei den Kommentaren fährt und diskriminierende und beleidigende Beiträge seit jeher und angekündigterweise löscht, kann sich das auch im Shitstorm leichter erlauben.

Wenn rechtliche Grenzen überschritten werden: Anzeige erstatten

Entschuldigen und Zeit gewinnen – das sind probate Mittel, solange die Angriffe einigermaßen zivilisiert bleiben. Etwas anderes ist es, wenn jedes Maß verloren geht. Gegen vulgäre Beschimpfungen, geschäftsschädigende Lügen oder Bedrohungen können und sollten Sie sich mit Rechtsmitteln wehren.

Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung (das wissentliche Verbreiten unwahrer, ehrverletzender Behauptungen) sind allesamt strafbar. Das gilt auch für den Straftatbestand der Bedrohung und erst recht für Fälle von Volksverhetzung. Früher war es nicht gerade einfach, in solchen Fällen wirklich Gehör zu finden. Inzwischen sind Polizei und Staatsanwaltschaften da aber offener. Und im Zweifel muss es gar nicht zum Urteil kommen. Schon ein Ermittlungsverfahren kann für Zeitgenossen, die andere zum Spaß im Internet zur Zielscheibe machen, einen wirkungsvollen Schuss vor den Bug darstellen.