Unternehmens-Bewertung: Wie Sie den Wert Ihres Unternehmens ermitteln

Methoden und Parameter der Unternehmenswert-Ermittlung: Substanzwert-Verfahren vs. Ertragswert-Verfahren

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Substanzwert-Verfahren vs. Ertragswert-Verfahren

Zwei grundsätzlich zu unterscheidende Ansätze der Unternehmensbewertung sind das Substanzwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Daneben existieren eine Reihe von Methoden, die beide Verfahren kombinieren.

Der Substanzwert aus Anlass eines Verkaufs entspricht den Veräußerungserlösen, die bei einer Liquidation zu erzielen wären (im Prinzip also der Verkauf aller Vermögenswerte zu aktuellen Marktpreisen). Das vergleichsweise simple Substanzwertverfahren wurde früher häufig eingesetzt.

Bereits seit den 1970er Jahren hat sich allerdings die Überlegung durchgesetzt, dass diese Orientierung an Sachwerten keinen Einfluss auf den zukünftigen Erfolg zum Gegenstand hat, und für unternehmerische Entscheidungen muss - im krassen Gegensatz dazu - der Zukunftserfolg im Vordergrund stehen. Von daher interessiert eine Investition (Kauf eines Unternehmens) nur dann, wenn mit ihr Umsatzerlöse und eine ausreichende Rendite erzielt werden kann. Das betriebliche Anlagevermögen und Umlaufvermögen ist also nicht als Selbstzweck, sondern ausschließlich als Mittel der Gewinnerzielung anzusehen.

Fazit: Anlage- und Umlaufvermögen eines Unternehmens (die "Substanz"), d.h. Immobilien, Maschinen, Geräte, Fahrzeuge, die Einrichtung und Ausstattung, Waren- oder Lagerbestand spielen speziell bei der Ermittlung des Unternehmenswertes eine Rolle, als sie sich dazu eignen, damit Umsatzerlöse und Ertrag zu erzielen. Für den "Substanzwert" wird im Normalfall heute eher der Liquidationserlös bezahlt - sei es, dass das Sachanlagevermögen oder auch die Betriebsimmobilie verkauft wird. Dies ist meist dann der Fall, wenn das Unternehmen aufgegeben wird. Der dabei entstehende "Liquidationswert" hat dann nichts mehr mit einer geplanten Fortführung des Betriebes zu tun. Soll das Unternehmen weitergeführt werden, sind also für die Wertermittlung völlig andere Parameter entscheidend.

Unumstritten gilt das Ertragswert-Verfahren heute als die "richtigere" Methode zu Unternehmensbewertung. Und dies ist eben darin begründet, dass ein Unternehmenskäufer keinen Preis zahlen wird, bei dem sich der investierte Kaufpreis nicht genügend verzinst.

Die Grundüberlegung bei diesem Wertermittlungsverfahren ist die, dass der Wert eines Unternehmens von den zu erwartenden Erträgen bestimmt wird, also durch sein Potenzial, in Zukunft Gewinne zu erzeugen. Exakt dafür bezahlt ein Erwerber in erster Linie - völlig sekundär ist für ihn zunächst das Anlagevermögen: Die Ertragskraft und damit Kapitaldienstfähigkeit einer Unternehmung ist im Zuge der Unternehmensnachfolge von entscheidender Bedeutung, denn der Nachfolger muss aus den Erträgen nicht nur die im Unternehmen erforderlichen Investitionen, sondern auch den Kapitaldienst (seine Zins- und Tilgungszahlungen) aus dem Kauf der Unternehmung finanzieren.

Das ist in der Praxis oft eine bittere Pille für einen Altinhaber, der das anders sieht - wir sprechen hier jedoch über das gängige und etablierte Verfahren. Dieses Verfahren zur Wertermittlung wird im übrigen auch von Gerichten im Regelfall als das anzuwendende Vorgehen empfohlen bzw. vorgeschrieben. Und bei Kreditinstituten ist es ebenfalls das akzeptierte Verfahren und damit Basis der Kaufpreisfinanzierung des Käufers.

Das "Ertragswert-Verfahren" kann dann in die Irre führen, wenn das Unternehmen über hohe Immobilienwerte verfügt oder wenn der Ertragswert kleiner als der Substanzwert ist, bzw. wenn der Ertragswert sogar negativ ist. Hier kann also nur im Einzelfall entschieden werden.

Ertragswert-Verfahren in Kürze - so funktioniert es:

  1. Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre aus den Jahresabschlüssen des Unternehmens.

  2. Bereinigen der Betriebsergebnisse um alle außerordentlichen Erträge und Aufwendungen, also um alles, was nichts mit dem normalen Betriebsgeschehen zu tun hat.

    Den Gewinnen werden bspw. noch hinzu gerechnet: Nicht durch Versicherungen gedeckte Schadensfälle, Renovierungsaufwand, Umzugskosten, Spenden, Veräußerungsverluste aus Verkäufen unter Buchwert, Sonderabschreibungen, Bewertungsabschläge u.ä.

    Abgezogen werden von den Gewinnen: Gewinnerhöhungen aus der Auflösung von Reserven, Zulagen und Zuschüsse, Veräußerungsgewinne aus Verkäufen über Buchwert, nicht abzugsfähige Betriebsausgaben.

    Zusätzlich zu berücksichtigen: Die Entlohnung mitarbeitender Familienmitglieder, d.h. Gehalt bzw. Privatentnahmen, soweit sich Abweichungen von einem zu zahlenden Gehalt für einen fremden Dritten ergeben - gerade bei kleineren Betrieben fast der Regelfall.

  3. Der Durchschnitt der im zweiten Schritt bereinigten Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre wird errechnet. Dieses Ergebnis wird auch als das "nachhaltig erzielbare Betriebsergebnis" bei Weiterführung des Unternehmens bezeichnet.

  4. Nun gibt es zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Entweder wird unterstellt, dass dieses Ergebnis auch in den folgenden, in der Regel fünf Jahren erzielt werden kann. Deshalb wird dieses durchschnittliche und bereinigte Betriebsergebnis auf den heutigen Tag mit einem Zinssatz abgezinst, der sich am langfristigen Zins von z.B. Bundesobligationen zzgl. eines Zinsaufschlages zur Abgeltung des Unternehmerrisikos orientiert.

    Oder - alternativ - wird ausgehend von den bereinigten Ergebnissen der Vergangenheit unter Einbeziehung künftig zu erwartender Entwicklungen eine Unternehmensplanung für die nächsten fünf Jahre erarbeitet und erst die daraus resultierenden Betriebsergebnisse werden abgezinst. Dies wird heute eher der Regelfall sein, denn alle Märkte ändern sich derart rasch, dass man Prognosen, die nur auf den Vergangenheitswerten beruhen, nicht ernsthaft entwickeln kann.

  5. Ein weiteres generelles Problem bei der Berechnung ist die (wenig realistische) Annahme zeitlich unbefristet zu erzielender Erträge ("Ewige Rente"). Dadurch führt eine Unternehmensbewertung zu vergleichsweise hohen Kaufpreisforderungen seitens des Verkäufers.

  6. Eine Lösung bietet an dieser Stelle die Berechnungsmöglichkeit des Ertragswertes nach dem sog. "Staffelverfahren". Durch die Staffelung wird einerseits eine Befristung der Kapitalisierung der zu erwartenden Unternehmenserträge erreicht, was in der betrieblichen Praxis weitaus realistischer ist; zum anderen wird berücksichtigt, dass weiter in der Zukunft zu erwartende Erträge mit einem höheren Risiko behaftet und deshalb mit einem höheren Kapitalisierungszinsfuß abzuzinsen sind.