Wettbewerbsvorteil Familienfreundlichkeit

Personalgewinnung

∅ 4 / 5 Bewertungen

Personalgewinnung

Im Kampf um Fachkräfte und Spezialisten haben kleinere Unternehmen oft das Nachsehen: Es gibt weniger persönliche Weiterentwicklungsperspektiven und die Entgelte sind geringer. Aus diesem Grunde sollten Kleinunternehmen auf eine andere Trumpfkarte setzen: Familienfreundlichkeit. Dr. Joachim von Hein erläutert an mehren Beispielen, wie sich durch gezielte "Familienförderung" engagierte Mitarbeiter finden und halten lassen.

Wettbewerbsvorteil Familienfreundlichkeit

Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen, die auf Familienförderung setzen, eine besondere Anziehungskraft auf neue Mitarbeiter ausüben. Wer familienfreundliches Arbeitsklima schafft, findet also leichter Mitarbeiter - zumal solche, die wegen ihrer Kenntnisse und Qualifikationen besonders umworben sind.

Aber nicht nur in der Personalgewinnung ist so ein Image wichtig. Auch in der Personalpflege zeigt ein familienfreundliches Image Wirkung - das bereits vorhandene Personal arbeitet erfahrungsgemäß engagierter, wenn ihre Familienbelange berücksichtigt werden. In aller Regel sind Familienväter und -mütter besonders motiviert, verantwortungsbewusst und verursachen weniger Fehler. Und wer als "Familienmanager" aktiv ist, kann meistens auch besser organisieren.

Eltern, die mehrere Kindern oder Kinder mit Behinderungen haben, sind als besonders verlässlich einzustufen. Es ist zu erwarten, dass diese Väter und Mütter mit außerordentlicher Verantwortungsbereitschaft durchs Leben gehen - und auch an ihren Arbeitsstellen mehr Verantwortung zeigen.

Umgekehrt sollten die Arbeitgeber bereit sein, diese besondere Einsatzbereitschaft zu belohnen - nicht in erster Linie mit hohen Entgelten, sondern mit Rücksichtnahme und Fürsorge. Auch und gerade für die Familienangehörigen der Mitarbeitenden.

Hierbei ist nicht nur an Hilfen für die Mitarbeiterkinder zu denken, sondern auch an Unterstützungen bei der Pflege älterer Familienangehöriger, die für die betreffenden Mitarbeiter manchmal aufreibender sein kann als die Kinderbetreuung.

So entsteht ein konstruktives Geben und Nehmen, was dazu führt, dass der "Gegensatz" zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im positiven Sinne verschwindet und stattdessen an einem gemeinsamen Ziel gearbeitet wird.

Das Ziel der Familienförderung bei Unternehmen soll es sein, mit befähigten, talentierten und vor allen Dingen motivierten Mitarbeitern aufwändige und anspruchsvolle Aufträge bewältigen zu können, an denen andere Anbieter sich die "Zähne ausbeißen", um auf diese Weise unvergleichbar zu werden. Eine solche positive Unternehmensentwicklung lässt sich nur mit nachhaltig motivierten Mitarbeitern erreichen.

Mittel und Wege, das betriebliche Image in Richtung "Familienfreundlichkeit" weiter zu entwickeln, gibt es viele.

Anwerbung neuer Mitarbeiter

Bei der Anwerbung neuer Mitarbeiter sind vor allem Regionalzeitungen, Stadtteilzeitungen und Anzeigenblätter unverzichtbar wichtig. Hinzu kommen die Möglichkeiten des Internets und der Mundpropaganda.

Stellenanzeigen, in denen auf die besondere Familienförderung im Unternehmen hingewiesen wird, könnten folgende Hinweistexte enthalten:

  • "Wir nehmen Rücksicht auf die Familien unserer Mitarbeiter!"

  • "Familienförderung wird in unserem Betrieb großgeschrieben!"

  • "Unser Betrieb beteiligt sich aktiv am Familienförderungsprogramm der Bundesregierung."

  • "Bei unserer Arbeitsplanung berücksichtigen wir die Familienzeiten unserer Mitarbeiter!"

  • "Wir haben ein offenes Ohr für die Familienbelange unserer Mitarbeiter."

  • "Familienväter und -mütter werden bei uns gern eingestellt!"

  • "Wir wollen das familienfreundlichste Unternehmen in Beispielstadt sein!"

  • "Die Familienförderung unserer Mitarbeiter liegt uns am Herzen!"

  • "Wir unterstützen unsere Mitarbeiter bei der Betreuung ihrer Kinder!"

  • "Mitarbeiter mit Kindern werden gern genommen!"

Ein ähnlicher Text könnte auch in der PS-Zeile von Geschäftsbriefen erscheinen - wo es passt. Bei manchen Auftraggebern mit familiärem Hintergrund wird ein solcher Hinweis aufmerksam zur Kenntnis genommen - und eventuell auch weitergetragen.

Die Familienförderung könnte auf diese Weise die Marketingbemühungen des Unternehmens unterstützen, weil es erst sehr wenige Betriebe gibt, die sich "offiziell" mit diesem Thema beschäftigen. Die Assoziation Familie und Unternehmen suggeriert psychologisch auch: Der Betrieb kennt sich aus mit der Rücksicht auf Familien.

Auch könnten die Betriebe einen vorgefertigten Artikel oder ein Interview an die örtlichen Redaktionen versenden. Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass eine Redaktion das Thema aufgreift und einen Bericht über das Unternehmen daraus macht.

Beispielartikel zur Familienförderung

Betrieb mit Herz für die Familie

Bei dem alteingesessenen Handwerksbetrieb von Max Muster aus Beispielstadt werden die Mitarbeiter nicht einfach zu weit abgelegen Baustellen geschickt, wenn sie Familie haben, sondern es wird Rücksicht darauf genommen, dass sie beispielsweise keine allzu lange Heimfahrt haben.

Familienvater Muster weiß aus eigener Erfahrung, wie das ist, erst nach langer Fahrerei zum Feierabend erschöpft und im wahrsten Sinne des Wortes "gerädert" nach Hause zu kommen. Er überlegt daher schon bei der Arbeitsplanung, wen seiner Mitarbeiter er zu weiter entfernten Einsatzorten schicken kann. Die Mitarbeiter danken es ihm mit besonderer Einsatzbereitschaft, denn sie wissen, ihr Arbeitgeber hat immer ein offenes Ohr für ihre Familienangelegenheiten. Zu ihm können sie auch jederzeit kommen, wenn sie sich mit familiären Problemen herumplagen müssen. Durch die lange Unternehmenstradition kennt er fast alle Ansprechpartner in Beispielstadt. Für seine Mitarbeiter kann er daher einfach ein gutes Wort einlegen!

Interview mit "Familien-Unternehmer" Max Muster

Frage: Herr Muster, von Ihrem Unternehmen ist in letzter Zeit zu hören, dass Sie sich besonders um die Familienförderung für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern?
M. M.: Ja, das ist richtig, denn ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich mich für meine Mitarbeitenden in meinem Betrieb einsetze, bekomme ich das als Arbeitgeber zurück, indem sie sich intensiver um unsere Aufträge kümmern und bessere Arbeit leisten.

Frage: Heißt das, dass sich Ihre Mitarbeiter mehr anstrengen, seit Sie mehr Familienförderung betreiben?
M. M.: Ja, teilweise ist dieser Zusammenhang erkennbar. Beispielsweise hat mir gerade ein Mitarbeiter erzählt, dass seine Frau krank geworden ist und er deshalb gern möglichst früh zu Hause wäre. Ich habe ihn deshalb auf eine Baustelle geschickt, die nicht so weit von seinem Wohnort entfernt ist - und er hat es mir gedankt, indem er während seiner Arbeit besonders viel geschafft hat.

Frage: Was für weitere Unterstützungen für die Mitarbeiterfamilien gibt es bei Ihnen?
M. M.: Wir nehmen, soweit es sich irgendwie einrichten lässt, Rücksicht auf die Urlaubswünsche der Mitarbeiterfamilien und ermöglichen längere Familienwochenenden. Wir machen Betriebsfeste mit Familienangehörigen und finanzieren die Teilnehme an Seminaren, zum Beispiel der Volkshochschule, mit Familienangehörigen. Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht, wenn die Mitarbeiter ein Seminar beispielsweise zum Thema Arbeitsorganisation zusammen mit Familienmitgliedern besuchen, nehmen sie nicht nur viel mehr aus der Fortbildung mit - sie nutzen die Möglichkeiten des Zeitmanagements auch viel intensiver - und das kommt auch unserem Betrieb zugute.

Frage: Was für Vorteile versprechen Sie sich als Unternehmer von dieser Art der Familienförderung?
M. M.: Die Mitarbeiter sollen sich in unserem Betrieb wohlfühlen und gerne hier arbeiten, denn nur wenn diese Voraussetzungen stimmen, werden sie auf die Dauer bei uns bleiben und gute Arbeit leisten. Außerdem habe ich viel Geld in ihre Fortbildung investiert und möchte jetzt auch den Nutzeffekt davon haben. Das heißt, ich hoffe, dass unsere Mitarbeiter möglichst lange in unserem Unternehmen bleiben!

Frage: Wie sieht bisher der Erfolg dieser Maßnahmen aus?
M. M.: Bisher ist diese Hoffnung aufgegangen. Die Investition in die Fortbildung zum Beispiel hat sich sehr gelohnt, weil die Mitarbeiter einfach besser arbeiten können. Der Krankenstand ist gesunken und die Zufriedenheit ist gestiegen. Am Ende fördert das unsere Produktivität und unsere Wettbewerbsfähigkeit - und nicht zuletzt macht die Arbeit mehr Spaß!

Frage: Steigen damit nicht zugleich aber auch die Erwartungen an die Mitarbeiter und die Stressbelastung?
M. M.: Das Gegenteil ist der Fall. Ich beobachte, dass die Mitarbeiter seit der Einführung der Familienförderung bei uns bessere Laune haben, ihre Arbeit schneller schaffen und es gibt auch weniger Reklamationen! Es gibt also deutlich weniger Stress als früher - und darüber freuen sich die Mitarbeiter genauso wie der Chef!

Denkbar ist ebenfalls, dass die Mitarbeiter für die Personalgewinnung gewonnen werden können. Dabei hilft der nachstehende Briefentwurf.

Brief zur Mitarbeiterfindung

Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter!

Es ist zurzeit sehr schwierig, engagierte Mitstreiter zu finden, die in unseren Betrieb passen. Wie Sie wissen, haben wir zurzeit eine gute Auftragslage und könnten zusätzliche Stellen besetzen.

Leider haben meine Anfragen bei der Arbeitsagentur nicht geholfen, denn die dort gemeldeten Arbeitslosen aus unserer Branche sind aus verschiedenen Gründen nicht geeignet. Deshalb habe ich eine Bitte an Sie:

Hören Sie sich doch einmal in Ihrer Umgebung um, in der Nachbarschaft oder im Sportverein, ob es hier nicht vertrauenswürdige Personen gibt, die sich beruflich verändern möchten und die gut in unser Team passen.

Ich möchte Ihre Bemühung mit einer Sonderprämie belohnen. Ich zahle Ihnen 200 Euro zusätzlich aus, wenn ein/-e von Ihnen vermittelter neuer Mitarbeiter/-in bei uns einen Arbeitsvertrag unterschreibt.

Eine weitere Prämie von 200 Euro zahle ich aus, wenn der Mitarbeiter/-in auch nach der Probezeit noch bei uns beschäftigt bleibt. Denn ich möchte gerne, dass Sie ihm/ihr helfen, sich bei uns schnell zurechtzufinden.

Ich darf mich schon jetzt für Ihr Verständnis bedanken und hoffe auf erfolgreiches Aufspüren von neuen Kolleginnen und Kollegen!

Mit freundlichen Grüßen

PS: Auf Wusch behandele ich solche Hinweise streng vertraulich.

Hilfestellung könnte potenziellen Bewerbern geboten werden, indem für sie und ihre Familien zum Beispiel eine neue Wohnung oder ein Häuschen gesucht wird. Hierzu könnte der Betrieb in der örtliche Presse eine Anzeige schalten. Viele Vermieter fassen solche Annoncen als vertrauenswürdiger auf als Suchanzeigen von Privatpersonen, da sie meinen, weniger Mietausfälle befürchten zu müssen.

Außerdem ist der positive Imageeffekt nicht zu unterschätzen, wenn es heißt: "Schau mal, die suchen für Mitarbeiter eine Wohnung - das sind aber nette Arbeitgeber!"

Es wäre übrigens sinnvoll, wenn das Betriebsbüro die Anlaufstelle für eventuelle Vermieter wäre. Das wirkt deutlich seriöser. Und noch was: Wenn das eingehende Wohnungsangebot für den Mitarbeiter nicht interessant ist, interessiert sich ja jemand anderes aus dem Betrieb dafür?

Kurzum: ein familienfreundliches Image ermöglicht es dem Betrieb, sich als innovatives Unternehmen darzustellen. Mit dieser Besonderheit unterscheidet sich der Betrieb nicht nur von anderen, ähnlichen Anbietern. Vielmehr entfalten familienfreundliche Unternehmen auch eine Sogwirkung auf Kunden. Diese gewinnen nämlich den Eindruck, dass die Mitarbeiter dort auch etwas mehr vom Ertrag des gesamten Unternehmens abbekommen.

Und damit sind wir beim zweiten wichtigen Punkt: Wie funktioniert Familienförderung nach innen?