Zwei Freiberufler, ein Auftrag, null Zusammenarbeit

Sie sitzen mit einem Freelacer-Kollegen an einem gemeinsamen Auftrag aber nur Sie arbeiten korrekt?

Sie arbeiten zu an einem Auftrag - und Ihr Freelancer-Kollege spurt nicht? Lorenz Hölscher hat Tipps.

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Mitunter haben Sie in Projekten mit anderen Selbstständige zu tun, die vereinbarte Termine nicht einhalten, halbfertige Arbeiten abliefern oder in ähnlicher Weise nicht mit Ihnen zusammenarbeiten. "Was tun?" sprach Zeus und verwandelte den ruchlosen Lykaon in einen Wolf. Da Ihnen diese Möglichkeit verwehrt bleibt, braucht es Alternativen. Lorenz Hölscher zeigt Ihnen Wege für eine gedeihliche Zusammenarbeit.

Terminüberschreitungen

Wohl am "beliebtesten" ist es, Termine nicht einzuhalten. Das kann im kleinen Rahmen geschehen, indem ein Freelancer-Kollege immer wieder zu spät zu Meetings oder gar zur gemeinsamen Projektarbeit kommt. Es kann auch direkt an Inhalte gekoppelt sein, wenn er Ihnen seine Unterlagen bis mittags verspricht, diese aber erst nach mehrmaligem Nachhaken gegen 16 Uhr liefert. Oder er wird gar nicht fertig und ist dann plötzlich nicht mehr erreichbar.

All das ruiniert nicht nur Ihre eigenen Termine, sondern vor allem Ihre Nerven. Meistens kommt es allerdings nicht aus heiterem Himmel, vielmehr passt es zu einem schon vorhandenen Persönlichkeitsprofil. Sie könnten also vorgewarnt sein, wenn Sie mit diesem Kollegen öfter zusammenarbeiten.

Am besten bereiten Sie sich direkt auf einen mehrstufigen Eskalationsplan vor:

  • Sprechen Sie Termine mit ihm deutlich und unmissverständlich ab.

    Termine fixieren: Da Terminabsprachen oft "zwischen Tür und Angel" oder am Telefon erfolgen, hilft es, eine kurze Gesprächsnotiz per E-Mail zu versenden. Meistens müssen beide Partner Aufgaben erledigen, so dass es gar nicht unbedingt nur eine Auflistung seiner Pflichten sein wird. Auch Ihre eigenen Leistungen werden darin kurz skizziert, so dass Sie selbstverständlich ebenfalls pünktlich liefern müssen, wenn er noch Unterlagen von Ihnen braucht.

  • Überlegen Sie sich einen "Plan B", was zu tun ist, wenn es mal wieder nicht klappt.

    Es ist immer wichtig, wenigstens eine ungefähre Idee für manche der möglichen Katastrophen zu haben, damit Sie schnell reagieren können, wenn es passiert. Damit beschäftigt sich der Beitrag "Unverhofft kommt oft: Warum Sie immer einen "Plan B" in der Tasche haben sollten".

  • Fragen Sie in angemessenem Abstand vor der Frist (beispielsweise nach 75 % der abgelaufenen Zeit) freundlich nach, ob alles glatt läuft oder ob Sie noch mit Informationen aushelfen können.

  • Haken Sie beim Verstreichen der Frist möglichst zeitnah nach, wo die zugesagten Arbeiten bleiben, warum diese nicht pünktlich fertig sind und wie es weitergehen soll.

Gute Gründe, schlechte Gründe

Je nach Grund der Verspätung haben Sie bestimmt mehr oder weniger Verständnis für die Probleme des Betreffenden. Derjenige, dessen Keller beim Gewitter voll Wasser läuft oder dessen Schwiegervater schwer erkrankt ist, wird weniger leistungsfähig sein als normalerweise. Das ist selbstverständlich und könnte Sie ebenso treffen. Nicht akzeptabel ist es jedoch, dann nicht wenigstens baldmöglichst Bescheid zu sagen.

  • Besprechen Sie, wie es beim nächsten Mal besser funktionieren könnte.

Gerade beim letzten Punkt kommt es auf Ihre Position gegenüber dem säumigen Projektpartner an.

Sind Sie beide als Selbstständige gleichrangig, wird er sich von Ihnen natürlich nichts vorschreiben lassen. Dann müssen Sie ihm klar sagen, dass Sie wenig Lust haben, für Ihre daraus resultierende eigene Verspätung gerüffelt zu werden und ihm dafür auch noch den Rücken zu decken.

Bieten Sie ihm an, gemeinsam zum Projektleiter/Auftraggeber zu gehen, so dass er die Chance erhält, den Patzer mit eigenen Worten zu verteidigen. Danach kann er wieder Solidarität von Ihnen erwarten.

Kleine Patzer ausbügeln

Damit es nicht missverstanden wird: Selbstverständlich ist es fair und vorrangig in Ihrer aller Interesse, kleine Patzer untereinander auszubügeln, ohne das jeweils an die große Glocke zu hängen. Schließlich arbeiten Sie gemeinsam an einem Projekt und wollen nicht die Arbeitsatmosphäre vergiften. Hier jedoch geht es um Fehler, die deutlichen Schaden anrichten und meistens auch wiederholt vorkommen.

Sind Sie jedoch Projektleiter oder Auftraggeber, dann können Sie ihm nicht nur seine Arbeit vorschreiben, sondern Sie müssen es sogar. Sonst bemerken nämlich alle anderen, dass es offenbar ungestraft möglich ist, unpünktlich zu arbeiten oder Termine verstreichen zu lassen. Das ist nicht gut für die Arbeitsmoral und ebenso wenig für die Termintreue gegenüber dem Endkunden.

Besonders ärgerlich ist es, wenn solch ein unpünktlicher Selbstständiger eigentlich fachlich sehr gut arbeitet. Wenn er sich nämlich nicht bessert, sind Sie mehr oder weniger gezwungen, ihm die Mitarbeit aufzukündigen, damit diese Arbeitsweise nicht im Projekt um sich greift.

So ein Kollege wird nicht nur firmeninterne Projekte mit seinen Verspätungen verzögern, sondern auch andere Mitarbeiter nachlässiger werden lassen. Diese haben zudem keine Lust, dauernd die Kastanien aus dem Feuer zu holen.

Schlampige Arbeit

Es gibt überall gute und schlechte Projektpartner. Aber selbst die guten haben irgendwo auch mal Schwächen. Je nach Arbeit können diese in unterschiedlichsten Zusammenhängen auftreten:

  • Handwerker hinterlassen eine Baustelle verdreckt oder unaufgeräumt. Sie haben nur das Nötigste durchgeführt und nicht über alternative Lösungen nachgedacht.

  • Programmierer schreiben Code, der langsam läuft und keine Fehler abfängt.

  • Vorträge werden in letzter Minute zusammengestoppelt und sind voller Schreibfehler oder schlecht zusammenpassender Folien.

Einen verpassten Termin nachzuweisen, ist einfach. Aber eine schlechte Arbeit zu diskutieren, kann sehr mühsam sein. Selbst Kollegen, die für sich selbst schon das Gefühl haben, dass da noch Verbesserungspotential ist, geben das ungern offen zu.

Da brauchen Sie nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern eine hoffentlich schon funktionierende gute Kritik- und Lobkultur. Je positiver der Umgang im gemeinsamen Projekt mit Arbeitserfolgen ist, desto leichter ist es, auch mal über einen Misserfolg zu sprechen.

Nicht zu meckern ist Lob genug?

Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Lob ist mehr als die Abwesenheit von Kritik. Nichts fördert die (Zusammen-)Arbeit mehr als gerne und angemessen ausgesprochenes Lob, wie auch der Beitrag "Lob des Lobens: Wie Sie mit ein wenig Motivation Geschäftspartner und Mitarbeiter für sich einnehmen" zeigt.

Niemand wird gerne kritisiert. Wenn es schon sein muss, ist es oft leichter, es selbst zu formulieren. Geben Sie Hilfestellungen bei der Selbsterkenntnis mit Formulierung wie "Der Text letzte Woche ging Ihnen aber wohl viel leichter von der Hand?" oder "Ich glaube, die anderen Handwerker fanden den Zustand auf der Baustelle nicht so toll ..."

Reden Sie positiv über mögliche Verbesserungen und reiten Sie nicht unnötig lange auf den Fehlern herum. Anstatt "der Code funktioniert ja vorne und hinten nicht" wäre ein Satz wie "prüfen Sie bitte mal, was bei der Eingabe von fehlerhaften Daten passiert" viel konstruktiver.

Selbsterkenntnis

Jeder kennt sich selbst am besten. Wer nicht völlig blauäugig ist, sollte seine eigenen Problemfelder kennen. Ich weiß zum Beispiel, dass die Fehlerbehandlung nicht zu meinen Lieblingsaufgaben gehört, da werden andere Kollegen in meinem Code immer Schwachstellen finden. Dafür lege ich viel Wert auf eine überzeugende Bedienungsoberfläche, wo ich bei anderen wiederum Entsetzliches sehe.

Daher gebe ich meine Projekte zwischendurch an einen Kollegen mit mehr Bezug zur Fehlerbehandlung zur Ansicht und darf dafür dessen Projekte im Design verbessern. So sind alle glücklicher.

Natürlich werden Sie irgendwann auch mal über Konsequenzen reden müssen, wenn der Betreffende uneinsichtig ist. Aber erst dann, schließlich lässt sich Qualität nicht erzwingen. Gute Arbeit kommt aus innerer Überzeugung heraus und nicht durch äußeren Druck.

Fazit

Es gibt sie immer wieder: die Terminverpasser und die Schlampigarbeiter. Wenn das selten passiert, dürfen und sollen Sie Hilfe anbieten. Wer das zu seinem Charaktermerkmal hat reifen lassen, von dem sollten Sie sich allerdings eher trennen, bevor das auch Ihre Arbeit verschlechtert.

Über die Zusammenarbeit mit Projektpartnern

Ob zeitlich befristet oder nicht: Partnerschaften und Kooperationen erfordern nicht nur Sympathie und Einfühlungsvermögen, sondern auch schriftliche Details. Mehr dazu bei Ulrike Bergmann-Albrecht: