Der E-Postbrief: teuer, rechtlich bedenklich, nur bedingt brauchbar

Chancen und Risiken des neuen E-Postbriefs

Der teure E-Postbrief soll den rechtssicheren Austausch elektronischer Dokumente ermöglichen. Der Hauptnutzen ist vorläufig aber ein anderer: Empfänger, die noch keinen ePost-Account besitzen, bekommen die von der Post gedruckten und kuvertierten E-Postbriefe automatisch in Papierform zugestellt. Für bis zu dreiseitige Schreiben fallen dafür keine Zusatzgebühren an. Datenschützer warnen trotzdem vor dem Online-Postservice. Wir stellen Möglichkeiten, Gefahren und Kosten der neuen Hybridpost vor.

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Der neue E-Postbrief soll den rechtssicheren Austausch elektronischer Dokumente ermöglichen. Der Hauptnutzen ist vorläufig aber ein anderer: Empfänger, die noch keinen ePost-Account besitzen, bekommen die von der Post gedruckten und kuvertierten E-Postbriefe automatisch in Papierform zugestellt. Für bis zu dreiseitige Schreiben fallen dafür keine Zusatzgebühren an. Datenschützer warnen trotzdem vor dem Online-Postservice. Wir stellen Möglichkeiten, Gefahren und Kosten der neuen Hybridpost vor.

Die gute Nachricht vorweg: In der Version "klassische Zustellung per Postbote" lassen sich per E-Postbrief bis zu dreiseitige Schreiben in Schwarz-Weiß-Qualität innerhalb Deutschlands zum Standard-Briefporto (0,55 Euro) verschicken. Die Kosten für das Drucken, Falzen und Kuvertieren übernimmt dabei die Post. Die übrigen Begleitumstände des neuen Postdienstes sind hingegen alles andere als erfreulich.

Während die bundesweite elektronische Kommunikationsplattform "De-Mail" von Telekom, GMX und Web.de den Regelbetrieb noch nicht aufgenommen hat, prescht die Deutsche Post mit dem "E-Postbrief" bereits offensiv in den Massenmarkt vor. Die konkurrierenden Online-Plattformen wollen perspektivisch den rechtssicheren Austausch elektronischer Dokumente erleichtern, um die Internetnutzung für Geschäftsleute und Verbraucher, aber auch für Behörden und Bürger bequemer und vertrauenswürdiger zu gestalten. Nebenbei sollen Bürger bei ihren Behördengängen seltener die Ämter verstopfen.

Hintergrund: Unterschied zu konventionellen E-Mails

Der Hauptzweck einer abgesicherten Kommunikation zwischen registrierten und individuell identifizierten Anwendern besteht darin ...

  • die Herkunft der Nachricht bzw. der Datei zu dokumentieren ("Wer hat unterschrieben?"),

  • den Zugang einer Nachricht und dessen Zeitpunkt festzuhalten ("Ist das Schreiben tatsächlich zugestellt worden - und wenn ja: wann?") und

  • die Echtheit des Inhalts ("Wurde tatsächlich der vorliegende Inhalt unterschrieben?") und damit letztlich

  • die rechtliche "Verbindlichkeit der Willenserklärung" zu beweisen.

All das ist bei einfachen (das heißt unverschlüsselten und unsignierten) E-Mails nicht annähernd gewährleistet. Offiziell sorgt erst eine qualifizierte digitale Signatur mit qualifizierter Anbieterkennzeichnung für verlässliche E-Mails. Doch obwohl es mittlerweile zahlreiche Signaturlösungen gibt, ist die Akzeptanz selbst unter Geschäftsleuten sehr gering.

Ernste Daten- und Verbraucherschutz-Bedenken

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E-Postbrief-Logo

Für Abhilfe sorgen sollen sichere E-Mail-Umgebungen wie "De-Mail" und der "E-Postbrief". Das Postangebot fungiert darüber hinaus zugleich auch als internetbasierte "Hybridpost": Falls der Empfänger (noch) keine E-Post-Mailadresse hat, übernimmt die Post das Drucken, Falzen, Kuvertieren und die Auslieferung des Briefes in Papierform: Die als E-Mail abgeschickte Nachricht landet also letztlich im Briefkasten des Empfängers.

Ob dabei für alle Beteiligten am Ende tatsächlich mehr Sicherheit herauskommt, muss beim derzeitigen Stand der Dinge bezweifelt werden: Während Datenschützer bei dem von der Bundesregierung favorisierten "De-Mail" die nicht durchgehende Verschlüsselung auf dem Übermittlungsweg kritisieren, bemängeln Verbraucherschützer beim E-Postbrief neben der extrem umständlichen Anmeldeprozedur vor allem mehrere umstrittene Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Aus juristischer Sicht bedenklich sind insbesondere ...

  • die Pflicht zur täglichen Kontrolle des E-Posteingangs, auch während Urlaub und Krankheit,

  • die mögliche Weitergabe der Kundendaten an Geschäftspartner der Post,

  • die Verkürzung des Briefgeheimnisses auf das vergleichsweise niedrige Niveau des Fernmeldegeheimnisses sowie

  • das Aufbewahren von Kundendaten trotz Löschen eines Kundenkontos.

Ähnliche Bedenken gibt es aber auch gegenüber dem De-Mail-Dienst, die mittlerweile bis zum Boykottaufruf gehen.

Registrierung per Handy und PostIdent-Verfahren

Wer sich von Datenschutz-Bedenken nicht abschrecken lässt, sieht sich beträchtlichen Zugangshürden gegenüber, die derzeit erst nach etwa einer Woche überwunden sind. Hinzu kommt: Wer noch nicht volljährig ist und/oder kein Handy besitzt, bekommt von vornherein keine ePost-Mailadresse.

Alle anderen müssen sich einem schon fast absurd komplizierten und umständlichen Registrierungsverfahren unterziehen:

  • Im ersten Schritt sichern Sie sich Ihre persönliche ePost.de-Mailadresse. Dafür müssen Sie auf der Post-Website Name, Anschrift und Mobilfunknummer (!) hinterlegen.

  • Erst wenn Sie eine daraufhin per SMS an Ihr Mobiltelefon übermittelte "HandyTAN" ins Registrierungsformular eingetragen haben, dürfen Sie Ihre ePost-Mailadresse (Standardformat: "max.mustermann@epost.de") auswählen und das dazugehörige Passwort vereinbaren.

  • Nach ein paar Tagen bekommen Sie Post von der Post: Darin befindet sich ein "Registrierungscode", den Sie auf der Registrierungsseite eintragen.

  • Daraufhin wird ein "Postident-Coupon" angezeigt. Den wiederum drucken Sie aus, gehen mit Ihrem Personalausweis oder Reisepass zur nächsten (PostIdent-fähigen!) Postfiliale und lassen sich dort identifizieren.

  • Einige Tage nach der Überprüfung werden Sie per SMS über die Aktivierung Ihres Nutzerkontos informiert.

  • Unabhängig von der PostIdent-Prozedur bekommen Sie außerdem einen zweiten Brief, dem Sie ein "Entsperrpasswort" entnehmen können.

  • Ein dritter Brief schließlich enthält eine "AdressTAN", mit deren Hilfe Sie im Nutzerkonto Ihre Postanschrift bestätigen.

Immerhin: Gebühren fallen für die Registrierungs- und Identifizierung-Prozedur nicht an.

Apropos: Die Nutzung kostenpflichtiger Dienste rechnet die Deutsche Post über ein Guthabenkonto ab, das im Kundenbereich der Online-Plattform per Lastschrift, Kreditkarte oder Giropay aufgeladen werden kann.

Handhabung und Preise

Das Abholen und Versenden von E-Postbriefen erfolgt über eine klassische Webmail-Oberfläche, die insgesamt wenig Überraschungen bietet:

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Die Webmail-Bedieneroberfläche der ePost

Für Geschäftskunden mit hohem Mailaufkommen wird es ein separates Gateway geben.

Demo für Einsteiger

Wer sich vorab einen Eindruck vom Handling der Web-Oberfläche machen möchte, kann sich die sehr kleinschrittige Flash-Demo anschauen, die sich offenbar an Privatanwender mit (sehr) wenig E-Mailerfahrung wendet. Da der Ablauf des Tutorials nicht beeinflusst werden kann, sollten Sie beim Abspielen der Demo einige Geduld mitbringen.

Aufschlussreicher ist da schon die aktuelle Preisliste, die mancherorts bereits für Erheiterung gesorgt hat: Denn mit stolzen 0,55 Euro für die elektronische Zustellung soll ein flüchtiger E-Postbrief genauso teuer sein wie der Versand eines Standardbriefs! Aus Sicht der meisten Anwender dürfte sich damit der "Einstieg in die neue Dimension der elektronischen Schriftkommunikation" (O-Ton Post) bereits erledigt haben. Erfreulich an solchen Mondpreisen ist allenfalls, dass die hohen Zustellkosten als Spam-Bremse wirken dürften.

Günstiger im Vergleich zu den üblichen Postkonditionen sind hingegen Zusatzleistungen wie das "Einwurf-Einschreiben" (1,60 Euro statt 1,90 Euro) und vor allem das "Einschreiben mit Empfangsbestätigung" (1,60 Euro statt 4,58 Euro für das klassische "Einschreiben mit Rückschein").

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Mondpreise und Appetizer: die aktuelle ePost-Preisliste

Lohnen könnte sich der E-Postbrief für manche Privatleute und Kleinunternehmer allenfalls in der Version "klassische Zustellung per Postbote": Solange für die Basisfunktionen der Hybridpost (bis zu drei Seiten in Schwarz-Weiß-Qualität) über das normale Briefporto hinaus keine Gebühren anfallen, lässt sich die Bequemlichkeit der elektronischen Kommunikation mit den Vorteilen der Papierpost verbinden: Schließlich sparen Sie sich nicht nur den Weg zum nächsten Briefkasten, sondern auch das Drucken, Falzen und Eintüten sowie den Einkauf des dazugehörigen Verbrauchsmaterials!

Nicht zuletzt kommen auf diese Weise auch "internetferne Adressaten" häufiger in den Genuss elektronischer Nachrichten. Denken Sie nur an Familienrundbriefe, die Sie standardmäßig per E-Mail übermitteln: Mit ein paar Mausklicks mehr machen Sie daraus einen E-Postbrief, der im Handumdrehen an den älteren Teil der Verwandtschaft in Papierform verschickt wird.

Montags keine Post

Ausgedruckte E-Postbriefe werden - zumindest vorerst - nicht am Montag zugestellt. Die Post verlautbart, dass die Druckzentren am Wochenende nicht besetzt seien. Erst wenn genügend Kunden den E-Post-Service nutzen, werde "die nächste Ausbaustufe" gestartet. Laut "Focus" braucht ein freitags nach 18 Uhr abgesendeter E-Postbrief derzeit vier Tage, um am Zielort einzutrudeln.

Fazit

Angesichts hoher Preise und zweifelhafter Geschäftsbedingungen ist der E-Postbrief in seiner bisherigen Form grundsätzlich noch nicht zu empfehlen. Allerdings bietet der Ex-Monopolist bereits jetzt einen vergleichsweise günstigen Einstieg in die komfortable Welt der Hybridpost. Kostenlose Faxsendungen verspricht die Post auch.

Hinzu kommt: Wer perspektivisch Wert auf die persönliche ePost-Adresse im Format "Vorname.Nachname@epost.de" legt, sollte sie trotz aller Bedenken möglichst bald registrieren. Mit dem Freischalten können Sie sich dann bis zum 31. Dezember 2010 Zeit lassen. Sollten Sie Ihre ePost-Adresse freigeschaltet haben, aber noch nicht regelmäßig nutzen, deaktivieren Sie am besten sicherheitshalber die öffentliche Adressanzeige im öffentlichen ePost-Adressverzeichnis.