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Sorgfalts- und Auskunftspflicht

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Sorgfalts- und Auskunftspflicht

Sorgfaltspflichten für Websites und Weblogs mit journalistisch-redaktionellen Inhalten

Nach dem neuen § 54 Abs.2 RStV muss jede Webseite bzw. jedes Telemedium, das journalistisch-redaktionelle Inhalte anbietet und eine gewisse Regelmäßigkeit bei der Erscheinung hat, seine Recherche nach "anerkannten journalistischen Grundsätzen" durchführen.

Das bedeutet, die Autoren müssen die gleichen Sorgfaltspflichten an den Tag legen, wie sie bereits seit langem für die großen Nachrichtenseiten wie Spiegel-online.de und ähnliche gelten.

Wann fällt ein Weblog oder eine Website unter diese Bedingungen?

Nach § 54 Abs.2 Satz 1 sind es solche Telemedien, in "denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden." Darunter werden in erster Linie Weblogs fallen, die sich an ein Massenpublikum richten und auch als solches wahrgenommen werden. Etwa die Webseiten - und Weblogs - großer einflussreicher Tageszeitungen wie bspw. "Jetzt.de" von der "Süddeutschen Zeitung" oder das gegenüber der Boulevardzeitung "Bild" kritisch eingestellte "Bildblog.de", welches nach eigenen Angaben täglich 40.000 Zugriffe zählt.

Welche "kleineren" Weblogs ebenfalls darunter fallen werden und welche Messlatte angelegt wird, müssen, wie sollte es anders sein, im Einzelfall die Gerichte entscheiden.

Fazit: Falls Sie einen Blog oder eine Website betreiben, regelmäßig tagesaktuelle Nachrichten einstellen und kommentieren und Ihre Arbeit sich darüberhinaus großen Zuspruchs erfreut, sollten Sie sich sowohl die "anerkannten journalistischen Grundsätze" zu eigen machen als auch der großen Impressumspflicht nach § 55 Abs.2 RStV unterwerfen .

Das bedeutet im einzelnen:

  • Prüfung der Information vor ihrer Verbreitung auf Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt

  • Trennung von Inhalt (tagesaktueller Nachricht) und persönlichem Kommentar

  • Bei Meinungsumfragen darf der Hinweis auf Repräsentativität nicht fehlen

  • Zudem muss eine klare optische Trennung zwischen Werbung und redaktioneller Inhalte erfolgen (keine Schleichwerbung)

  • Pflicht zur Gegendarstellung bei berechtigtem Interesse (siehe § 56 RStV)

Links

Für gute journalistisch-redaktionelle Inhalte können zusätzlich auch folgende Links als Anlehnung oder als Ideal dienen:

Neue Pflicht zur Auskunftserteilung

Bisher hatten nur die Staatsanwaltschaften und die Gerichte im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeiten gegen Provider einen Anspruch auf die Herausgabe der Bestands- und Nutzungsdaten.

Das ändert sich nun grundlegend. Nach § 14 Abs.2 TMG und § 15 V i.V.m. § 14 II TMG "...darf der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist."

Die Gesetzesbegründung ist auch eindeutig: "Die Vorschrift besagt, dass Diensteanbieter aus der Aufgabenerfüllung im Bereich der Strafverfolgung sowie der genannten Behörden erwachsende Auskunftsansprüche nicht aus datenschutzrechtlichen Erwägungen zurückweisen können."

Das bedeutet im einzelnen, dass Internetprovider und ggf. Webseitenbetreiber über Bestandsdaten Auskunft geben müssen und zwar

  • allen Behörden, die zum Zwecke der Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr tätig werden, darunter neben Polizei und Staatsanwaltschaften auch den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, dem BND, dem Militärische Abschirmdienst (MAD) auf deren Anordnung.

  • gegenüber Privaten in den Fällen, in denen dies zur "Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich" ist.

Es dürfte somit ein direkter Auskunftsanspruch auch bei Urheberrechtsverletzungen gegenüber dem Provider bestehen. Gerade größere Diensteanbieter, die viele Fremdinhalte bereitstellen, wie eBay u. ä. sind hier wohl mit einem erheblichen Mehraufwand konfrontiert.

Allerdings ergibt sich der Anspruch auf Auskunftserteilung nicht aus dem TMG sondern aus anderen Gesetzen, wie beispielsweise dem Urheberrechtsgesetz.

Wie kritisch das von Seiten der Datenschützer eingestuft wird, belegen beispielsweise ein Tagesschaubericht vom 18.01.07 oder ein Bericht bei Heise.de. Besonders brisant: Das Telemediengesetz schreibt keine Regeln vor, welche Behörde in welchem Fall die sensiblen Daten abrufen darf - weshalb auch schon eine Verfassungsbeschwerde gegen die Auskunftsansprüche an Internetprovider eingelegt wurde. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob dieser Passus im Gesetz überhaupt vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird.

Anti-Spamregelung

Eine weitere Neuerung betrifft die Versendung unbestellter Werbeemails. Diese sind bereits seit langem ein abmahnfähiger Verstoß gegen § 7 UWG (vgl den Beitrag: "UWG: "Opt-in"-Zwang bei elektronischer Direktwerbung"). Jetzt können sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro wird fällig, wenn Emailwerber bestimmten Informationspflichten nicht genügen. Leider regelt das Gesetz nicht, wann Werbeemails verschickt werden können, sondern nur das Wie.

§ 6 Abs. 2 TMG regelt: "Werden kommerzielle Kommunikationen per elektronischer Post versandt, darf in der Kopf- und Betreffzeile weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden. Ein Verschleiern oder Verheimlichen liegt dann vor, wenn die Kopf- und Betreffzeile absichtlich so gestaltet sind, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält."

Dies gilt jedoch nur für Absender aus Deutschland. Da die meisten Spam-Mails aber aus dem Ausland kommen, ist die Wirkung dieser Vorschrift zweifelhaft.

Eine bundesweite Behörde, an die sich Verbraucher bei Belästigungen wenden könnten, hat der Gesetzgeber leider nicht benannt. Die Bedeutung dieser Spamregelung wird in der Praxis nicht sehr groß sein.

Fazit

  • Impressumspflicht

    Trotz der scheinbaren Lockerung im neuen Gesetz, sollten Sie wie bisher für Webseiten mit kommerziellem Hintergrund ein ausführliches Impressum in bisheriger Form bereithalten, gleichgültig ob Sie kostenpflichtige Onlineinhalte anbieten oder nicht.

  • Redaktionelle Sorgfaltspflichten

    Der Inhaber einer Webseite bzw. eines Weblogs, der regelmäßig aktuelle Themen aus (Internet-) Zeitungen wiedergibt, kommentiert, sich zusätzlich täglich großen Zuspruchs erfreut und somit stark "meinungsbildend" tätig wird, sollte die

    • große Impressumspflicht berücksichtigen und sich die

    • anerkannten journalistischen Grundsätze zu Eigen machen.

  • Auskunftspflicht

    Als Provider, gleichviel ob (Fremd-) Inhalte- oder Zugangsprovider können Sie zukünftig leichter verpflichtet werden, Bestandsdaten Ihrer Kunden an die genannten Behörden herauszugeben. Bei Verdacht auf Urheberverletzungen können dies sogar Private verlangen. Es bleibt zunächst abzuwarten, ob dies vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird.