Schlagfertig gegenüber unfairen Kunden

Schlagfertig in drei Schritten

∅ 3.7 / 8 Bewertungen

Schlagfertig in drei Schritten

In Kundengesprächen kann Schlagfertigkeit helfen - wenn Sie diese ebenso sparsam wie gezielt einsetzen. Denn wenn Sie zu dick auftragen, verscherzen Sie sich's womöglich mit dem Kunden. Kommunikations-Trainerin Petra Schächetele gibt Tipps, wie Sie sich korrekt verhalten.

Ein deutscher Journalist fragt einen Schweizer Hotelier: "Sind Sie deutschfeindlich?" Der antwortet freundlich: "Aber ich bitte Sie, mein Herr, jetzt in der Hochsaison ...!"* - Diese schlagfertige Antwort ist nicht nur höflich gemeint. Sie zeigt dem Fragenden auch, dass er zu weit gegangen ist (ohne ihn dabei direkt anzugreifen). So eine Reaktion ist perfekt - allerdings ist sie auch das Ergebnis hoher Kunst: der Schlagfertigkeit.

Ist es überhaupt sinnvoll, in Kundengesprächen schlagfertig zu sein? Die Antwort ist ein klares Jein! Denn wie hat Prof. Quadbeck-Seeger so schön gesagt: "Solange der Kunde noch sein Geld hat, hat er recht."

Also ist es vor allem bei Kunden wichtig, genau zu überlegen, wann Sie Recht behalten wollen und wann es sinnvoller ist, Vorwürfe zu überhören und dafür im Geschäft zu bleiben.

Denn Schlagfertigkeit hat zwei Wirkrichtungen. Einerseits wirkt sie nach innen, also auf Sie selbst. Andererseits wirkt sie aber auch nach außen, schließlich ist sie auf Ihr Gegenüber gerichtet.

Schlagfertigkeit: Was beim Kunden ankommt

Schlagfertigkeit kann Grenzen ziehen, sollte jedoch auch versöhnlich auf den Gesprächspartner wirken. Dazu muss sie aber humorvoll bleiben und darf kein Mittel zum Schlagabtausch sein.

Schlagfertigkeit heißt nicht, zurückzuschlagen oder zurückzubeleidigen. Schlagfertig sein heißt, dem Gesprächspartner elegant zu zeigen, dass er sich unfair verhält. Schlagfertigkeit kann auch heißen, dem Angreifer durch eine überraschende Antwort den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Allerdings ist gegenüber Kunden sehr viel Fingerspitzengefühl notwendig. Denn: Es ist äußerst ungünstig, Menschen zu verärgern, denen man noch etwas verkaufen möchte.

Wir führen mit jeder Person, der wir begegnen, eine Art Girokonto. Auf dieses Konto kann man - wie bei einer Bank - Emotionsmünzen einzahlen und abheben. Ist jemand bei mir im Plus, so kann er sich einiges leisten, bevor ich ärgerlich werde. Beim Zahnarzt, der mich sofort behandelt hat, als ich mit Schmerzen kam, bleibe ich deutlich gelassener, wenn ich trotz eines Termins mal warten muss. Bei der Augenärztin, die ich nicht kenne und die mich trotz Termins 45 Minuten im Wartezimmer schmoren lässt, bin ich weniger einfühlsam.

Wenn Sie die andere Person als Verlierer/Opfer dastehen lassen, wird sie sich entsprechend angegriffen fühlen und versuchen, zurückzuschlagen - allein schon, um das eigene emotionale Konto wieder auszugleichen.

Das Dumme bei Kunden: Sie sitzen am längeren Hebel. Kunden können schnell die Geschäftsbeziehung beenden. Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Je mehr sie sich "schlecht behandelt" fühlen, desto mehr werden sie davon erzählen. Das bedeutet, Sie verlieren nicht nur einen Kunden, sondern möglicherweise mehrere und verbauen sich den Weg zu neuen.

In Verhandlungen ist es also sinnvoll, schlagfertige Antworten zu vermeiden und rein sachlich zu bleiben. Das hilft auch einem emotionalisierten Verhandlungspartner dabei, die Sachebene schneller wiederzuerlangen.

Tröstlich: Schlagfertigkeit muss sich nicht zwangsläufig offen artikulieren. Bei mir wirkt sie schon, wenn mir eine passende Antwort einfällt, ich diese aber für mich behalte.

Drei Stufen zur Schlagfertigkeit gegenüber Kunden

Wenn Sie jemand aus heiterem Himmel unfair anmotzt, werden Sie vermutlich nicht nur verdattert sein. Höchstwahrscheinlich fällt Ihnen auch keine passende Entgegnung ein und Sie fühlen sich als Verlierer. Diesem Gefühl können Sie mit dem Konzept der "eleganten Schlagfertigkeit" vorbeugen. Dieses besteht aus drei Stufen.

  • Stufe: Sie haben eine Antwort, die den anderen alt aussehen ließe.

    Sie werden nur dann zum Opfer eines Angriffs, wenn Sie sich auch als Opfer fühlen (etwa, weil Ihnen keine passende Antwort einfällt). Deshalb ist es wichtig, Schlagfertigkeit zu üben. Sobald Ihnen automatisch eine gute Antwort einfällt, können Sie bewusst darauf verzichten, diese auszusprechen. Trotzdem erfüllt sie ihren Zweck: Ihnen zu helfen, Abstand aufzubauen und sich zu distanzieren. Sobald Sie sich intellektuell mit dem Gesagten beschäftigen, schützen Sie sich vor der emotionalen Auswirkung des Angriffs.

    Beugen Sie eigenen Überraschungen vor, indem Sie sich selbst überraschend verhalten und üben Sie sich in Schlagfertigkeit wie in einer Fremdsprache. Warten Sie nicht, bis Sie angegriffen werden. Üben Sie in Alltagssituationen. Sagen Sie etwas ungewöhnlich Nettes zur Kassiererin im Supermarkt oder zu der freundlichen Dame, die neben Ihnen im Wartezimmer sitzt.

    So üben Sie, schlagfertig zu denken. Hilfreich kann es auch sein, sich im Vorfeld schon mögliche Szenarien auszumalen und Reaktionen darauf zu überlegen. Das hilft im Ernstfall, schnell wieder souverän zu werden und trainiert die Reaktionsfähigkeit. (Übungsbuch dazu: "Schächtele Petra: Mehr Schlagfertigkeit!", GU Verlag)

    Legen Sie sich auch ein paar Standard-Erwiderungen zurecht. Es gibt Formulierungen, die in 95 % aller Fälle funktionieren.

    Erinnern Sie sich noch an die Standardsätze in dem Film: "Didi der Doppelgänger"? Der kam mit drei Sätzen durch den ganzen Tag:
    "Das ist Ihre Meinung."
    "Ich brauche mehr Details."
    "Schreibens Sie's auf, ich kümmere mich morgen drum."

    Vielleicht passt ja eines dieser Reaktionsmuster schon bei Ihnen?

  • Stufe: Sie schalten Ihren Schutzschirm/Airbag ein.

    In unangenehmen Situationen ist es nötig, Zeit und Abstand zu gewinnen. Dabei kann es sehr hilfreich sein, sich einen Schutzschild vorzustellen, der sich zwischen Sie und Ihr Gegenüber stellt. Ihr Schutzschild kann sich auch aufblasen wie ein Airbag, sich wie eine Glasglocke über Sie stülpen oder wie das Visier eines Helms herunterklappen. Suchen Sie sich ein Bild aus, das Ihnen gefällt und zu Ihnen passt. Üben Sie, dieses auftauchen zu lassen. Das wird Ihnen helfen, cool zu bleiben und auch mit Kunden angemessen freundlich zu sprechen - selbst, wenn diese das nicht tun oder es in Ihren Augen gar nicht verdient haben.

    In dem Fall ist es nicht nötig, sich auf die gleiche Stufe zu begeben und ausfallend zu werden. Sie selbst entscheiden, wer Sie aus der Reserve locken darf und wer nicht. Optimal ist es, wenn Sie das niemandem zugestehen, denn wenn jemand es schafft, Sie zu reizen, übt er gleichzeitig Macht über Sie aus. Sie reagieren dann instinktiv und nicht mehr kontrolliert. Doch gerade im Kundengespräch ist kontrolliertes Vorgehen sinnvoll und nützlich.

  • Stufe: Freuen Sie sich über Ihre mögliche (vielleicht auch böse) Antwort, behalten Sie diese aber für sich. Antworten Sie freundlich, z. B. auf der Metaebene.

    Der Rückzug auf die Metaebene oder Gegenfragen sind zwei Möglichkeiten, die Sie immer haben.

    Bei der Metaebene sprechen Sie über die Art der Kommunikation.

    Wenn Sie lieber mit einer Gegenfrage antworten, ist es zweitrangig, was Sie fragen. Wichtig ist nur, dass Sie fragen. Denn eine Frage regt immer den Antwortreflex des Angesprochenen an. Sobald der über eine Antwort nachdenken muss, haben Sie ihn erfolgreich aus dem Angriffsmodus herausgeholt. Achten Sie darauf, bevorzugt offene Fragen zu stellen, denn die veranlassen den anderen dazu, nachzudenken. Geschlossene Fragen werden meist noch mit dem Angriffsmuster beantwortet. Im folgenden Beispiel können Sie das gut sehen. Wenn Sie hier die geschlossene Frage stellen würden: "Meinen Sie das ernst?" Wird die Antwort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit "Ja" sein.

Beispiel: Ihr Kunde brüllt Sie am Telefon an: "Sie sind doch wirklich eine blöde Kuh!"

Stufe 1: Sie denken: "Nach Dir benenn ich mein erstes Magengeschwür, Du Ochse." Oder: "Und Du bist ein beschränkter Trottel."

Stufe 2: Schutzschirm ein.

Stufe 3: Sie sagen: "Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen. Doch wenn Sie so mit mir sprechen, kann ich mich nicht konzentrieren."
Oder: "Mit Hörnern sähe ich ein bisschen komisch aus."
Oder: "Glauben Sie, ich helfe Ihnen lieber, wenn Sie mich vorher beschimpfen? Was wollen Sie mit solchen Äußerungen erreichen?"

Für die zweite Variante ist es notwendig, dass Sie sich selbst nicht so ernst nehmen und über sich lachen können. Mit dieser Eigenschaft können Sie übrigens wunderbar angespannte Situationen entschärfen und gleichzeitig tun Sie etwas für Ihre Gesundheit. Sie beugen damit Falten genauso vor wie einem Magengeschwür und erhalten sich Ihren jugendlichen Elan.

Wichtige Strategie: Zustimmung signalisieren

Beispielsweise sagt Ihr Kunde: "Sie wollen mir ja nur was verkaufen!"

Stufe 1: Sie denken: "Wieder so ein Besserwisser!"

Stufe 2: Schutzschirm ein.

Stufe 3: Sie sagen: "Stimmt, ich möchte Ihnen etwas verkaufen und zwar so, dass Sie wiederkommen und nicht das Produkt."

Statt in die Gegenposition zu gehen, suchen Sie in der Aussage des Kunden nach dem Teil, dem Sie zustimmen können. Daraus entwickeln Sie dann Ihre Antwort und würzen ihn mit einer Prise Humor.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Angreifer nach einer Lösung zu fragen. Das relativiert einerseits die Kritik - und löst andererseits einen Antwortreflex aus. Ihr Kunde sagt: "Ihr Bestellvorgang ist unglaublich kompliziert. Dabei kann man ja Kinder kriegen."

Stufe 1: Sie denken: "Oh man, das habe ich schon hundertmal gehört. Fällt Euch nix anderes ein?"

Stufe 2: Schutzschirm ein.

Stufe 3: Sie sagen: "Ja unser Bestellvorgang ist sehr umfangreich. Haben Sie einen Tipp für uns, wie wir ihn für Sie verkürzen/verbessern könnten?"

Oder Ihr Kunde sagt: "Sie sind ja nur auf Ihren Profit aus!"

Stufe 1: Sie denken: "Und Du bezahlst mir meinen nächsten Urlaub!"

Stufe 2: Schutzschirm ein.

Stufe 3: Sie sagen: "Herr XY, Sie haben eine seltsame Art, konstruktive Kritik zu äußern. Was genau brauchen Sie noch, damit Sie mit dem Produkt ein gutes Gefühl haben?"
Oder: "Ja richtig, ich möchte Profit machen. Wenn ich Dinge verschenken würde, dann hieße mein Beruf Verschenker, nicht Verkäufer."

Bei der zweiten Variante ist es allerdings sehr wichtig, dabei zu schmunzeln und Ihr Gegenüber freundlich anzusehen. Danach sollten Sie - am besten ganz schnell mit einer Frage - auf die Sachebene umleiten: "Möchten Sie sich lieber das kleinere/leistungsschwächere Modell ansehen?"