Unternehmer auf Zeit statt arbeitslos!

Arbeitslos, aber zwischendurch selbstständig - das geht auch ohne Gründungszuschuss

Der Gründungszuschuss ist nicht die einzige Möglichkeit für gründungswillige Arbeitslose, sich beim Start in die Selbstständigkeit von der Arbeitsagentur unterstützen zu lassen: Wir stellen die vergleichsweise selten genutzte Variante "Selbstständig auf Zeit" vor.

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Der Gründungszuschuss ist nicht die einzige Möglichkeit, mit der sich gründungswillige Arbeitslose beim Start in die Selbstständigkeit von der Arbeitsagentur unterstützen lassen können: Wir stellen die Variante "Selbstständig auf Zeit" kurz vor.

Wenn von der Gründungsförderung der Agentur für Arbeit die Rede ist, dann fällt unweigerlich das Stichwort Gründungszuschuss. Dessen Konditionen haben sich seit der jüngsten Gesetzesnovelle leider drastisch verschlechtert. Was viel zu wenig bekannt ist: Es gibt mindestens drei verschiedene Möglichkeiten, sich bei der selbstständigen Verwertung der eigenen Arbeitskraft von der Arbeitsagentur unterstützen zu lassen:

  • Variante 1 "Nebeneinkünfte": Sie dürfen während des Bezugs von Arbeitslosengeld (ALG) durchaus "nebenberuflich" selbstständig tätig sein. Voraussetzung ist lediglich ein Gewerbeschein oder eine Mitteilung an das Finanzamt, dass Sie freiberuflich arbeiten wollen. Beim ALG I darf Ihre Selbstständigkeit inklusive Vor- und Nachbereitung allerdings nicht mehr als 15 Wochenstunden in Anspruch nehmen. Beim ALG II entfällt diese zeitliche Obergrenze. Ihre Einkünfte aus der Selbstständigkeit werden - nach Abzug der notwendigen Ausgaben - auf Ihre Arbeitslosengeldansprüche angerechnet. Beim ALG I gilt dabei ein Freibetrag von 165 Euro.

  • Variante 2 "Arbeitslosigkeits-Unterbrechung": Sofern Sie sich für die Dauer einzelner Projekte aus der Arbeitslosigkeit verabschieden, dürfen Sie ganz offiziell "Unternehmer auf Zeit" sein. Sobald der Auftrag abgearbeitet ist, melden Sie sich wieder arbeitslos und beziehen weiter die Lohnersatzleistungen. Die erzielten Einkünfte dürfen Sie für sich behalten. Bei ALG-II-Empfängern werden die Gewinne aus der Selbstständigkeit allerdings bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit mit einbezogen. Einzelheiten entnehmen Sie dem Beitrag "ALG II und Selbstständigkeit".

  • Variante 3 "Richtige" Unternehmensgründung: Wenn Sie nach einigen Testballons Ihrer Sache als Selbstständiger ziemlich sicher sind, kommen der Gründungszuschuss (bei verbliebendem ALG-I-Anspruch von mindestens 150 Tagen) oder das Einstiegsgeld (bei vorherigem Bezug von ALG II) in Betracht.

In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit Variante 2, der "befristeten Selbstständigkeit", mit der die Arbeitslosigkeit vorübergehend unterbrochen wird.

Eine vollständige Übersicht über alle drei Möglichkeiten, garniert mit Tipps und Tricks für die praktische Umsetzung, liefert unser Kurs "Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit". Der Kurs ist für unsere Mitglieder reserviert. Informationen zur Mitgliedschaft bei akademie.de finden Sie hier.

Zeitvertrag als Selbstständiger

Für Erwerbslose, die als Kleinunternehmer oder als Freelancer einen größeren Auftrag ergattern, kann es durchaus sinnvoll sein, sich phasenweise aus der Arbeitslosigkeit abzumelden. Am besten stellen Sie sich das vor wie einen befristeten Angestelltenvertrag: Mit der Aufnahme der neuen Tätigkeit endet die Arbeitslosigkeit und setzt - rechtzeitige Arbeitslosmeldung vorausgesetzt - nahtlos wieder ein, sobald das Projekt erledigt ist.

Für Sie als Selbstständigen heißt das:

  • Sie teilen der Arbeitsagentur zunächst mit, dass Sie eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen.

  • Dann wickeln Sie Ihren Auftrag ab und schreiben die Rechnung.

  • Anschließend melden Sie sich wieder arbeitslos.

An- und Abmeldungen sind dabei im Prinzip von Tag zu Tag möglich. Erfahrungsgemäß klappt die Umstellung vom Arbeitslosen- auf Unternehmerstatus (und umgekehrt) jedoch wochenweise am besten.

Erster Vorteil gegenüber der Nebenerwerbs-Variante: Ihre Einkünfte werden nicht auf das Arbeitslosengeld I angerechnet - schließlich beziehen Sie ja in der Zeit Ihrer selbstständigen Tätigkeit auch keine Lohnersatzleistungen. Dafür müssen Sie in dieser Zeit aber auch selbst für Ihre Sozialversicherung sorgen.

Bei Selbstständigen geht es jedoch "nur" um die Kranken- und Pflegeversicherung. Wichtig bei sehr kurzen Projektlaufzeiten von weniger als einem Monat: Damit es nicht zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes kommt, sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, einen einmonatigen beitragsfreien "Nachversicherungsschutz" zu gewährleisten. Da die (wiederholten) Umstellungen für die Kassen einen beträchtlichen bürokratischen Aufwand bedeuten, kommen Sie in diesem Fall mit ein wenig Glück sogar ganz um zusätzliche Krankenkassenbeiträge herum.

Im Übrigen bieten die meisten Krankenkassen in vielen Fällen nicht nur die normalen "einkommensabhängigen Beitragsbemessungen", sondern spezielle, vergleichsweise günstige Tarife für Selbstständige in der Anlaufphase.

Zweiter Vorteil: Die Zeiträume Ihrer Zwischenbeschäftigungen werden nicht auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I angerechnet. Falls Sie anschließend den Gründungszuschuss beantragen wollen, müssen Sie aber unbedingt darauf achten, dass Sie zum Zeitpunkt der Aufnahme Ihrer dauerhaften selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld behalten.

Terminsache

Nehmen Sie es mit Ihren Meldungen an die Arbeitsagentur sehr genau: Sie müssen die Mitteilung nicht nur unbedingt vor Beginn Ihrer selbstständigen Tätigkeit vornehmen, sondern - zumindest beim ersten Mal - auch persönlich bei der Arbeitsagentur erscheinen und "in Arbeit" verabschieden.

Sofern Sie die Dauer Ihres Projektes von vornherein absehen können, teilen Sie das Ende Ihrer vorübergehenden Beschäftigung bei dieser Gelegenheit gleich mit. Der Leistungsbezug setzt dann automatisch nach Abschluss Ihres Ausflugs in die Selbstständigkeit wieder ein.

Anderenfalls müssen Sie sich anschließend wiederum persönlich arbeitslos melden. Sofern sich der Wechsel ins Unternehmerlager wiederholt und Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrem Arbeitsberater pflegen, können Sie sich aber auch auf telefonische oder schriftliche Mitteilungen verständigen und so den bürokratischen Aufwand für beide Seiten minimieren.

Geschäft auf Gegenseitigkeit

Vor allem dann, wenn die Zeiträume Ihrer Selbstständigkeit länger und häufiger werden, wächst dabei die Wahrscheinlichkeit, auf ein offenes Ohr zu stoßen: Schließlich dokumentieren Sie mit Ihren unternehmerischen Aktivitäten, dass Sie sich aktiv um ein Ende Ihrer Beschäftigungslosigkeit bemühen, auf eigenen Füßen stehen wollen und nicht ausschließlich auf Segnungen der Arbeitsvermittlung vertrauen.

Ein solches Vertrauensverhältnis vorausgesetzt, wird es Ihnen auch gelingen, unerwünschte aber "zumutbare Beschäftigungen", überflüssigen Trainings- oder (für Sie) sinnlose "Maßnahmen der beruflichen Eingliederung" zu umgehen.

Trotzdem sind auch wiederholte selbstständige Zwischenbeschäftigungen keine Lösung für die Ewigkeit: Denn ...

  • Erstens dürfen Sie Ihren Kunden öffentlich keine durchgängige Verfügbarkeit garantieren (etwa Support-Dienstleistungen für das nächste Jahr o. ä.), denn das widerspräche Ihren Pflichten als Arbeitsloser.

  • Zweitens kollidiert eine solche halbherzige Vorgehensweise auf Dauer mit dem Selbstverständnis eines erfolgreichen Unternehmers. Ganz gleich ob als selbstständiger Einzelkämpfer oder Unternehmer mit Angestellten: Erfolg setzt langfristig auch das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit voraus. Gerade diese Selbstwahrnehmung wird letztlich jedoch durch die Einplanung staatlicher Hilfsleistungen untergraben.

Andererseits: Von vornherein auf Unterstützung der Arbeitsagentur zu verzichten, brauchen Sie bei einer "richtigen" Existenzgründung nicht. Welche Leistungen möglich sind, erfahren Sie in unserem Kurs zum Thema "Arbeitslos selbstständig".