Verkehrsunfall mit dem (Firmen-)Auto: Was ist zu tun?

Verhaltensregeln nach dem Unfall

∅ 3 / 2 Bewertungen

Verhaltensregeln nach dem Unfall

Verhaltensregeln nach dem Unfallereignis

Sachverständigenkosten

Sofern Ihr Fahrzeug bei einem Unfallereignis beschädigt wurde, lassen Sie das Fahrzeug durch einen Sachverständigen besichtigen und holen Sie zumindest einen Kostenvoranschlag ein. Einen Sachverständigen sollten Sie auch dann konsultieren, wenn das Fahrzeug zunächst keine konkret ersichtlichen Beschädigungen aufweist. Die gegnerische Versicherung hat nicht nur die Reparaturkosten für den Wagen zu ersetzen, sondern auch die Kosten für ein Sachverständigengutachten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn es sich um einen Bagatellschaden handelt, d. h. um einen Schaden zwischen ca. 500-750 Euro, und dies auch für jeden erkennbar ist. In solchen Fällen lehnen die Versicherungen grundsätzlich die Kostenübernahme eines Gutachtens - unter Verweis auf die Schadensminderungspflicht - ab.

Beispiel nach AG Mainz, Urteil vom 05.10.01, Az. 88 C 195/01: Nach einem Auffahrunfall im Heckbereich war streitig, ob die beklagte Versicherung auch die Kosten für das Sachverständigengutachten zu erstatten hat. Die Reparaturkosten beliefen sich auf ca. 700 Euro. Das Gericht gelangte zu der Ansicht, dass bei einem Grenzbetrag i. H. v. 750 Euro von einem Bagatellschaden ausgegangen und demnach von der Einholung eines Gutachtens abzusehen ist.

Die Geringfügigkeitsgrenze dient jedoch nur als Anhaltspunkt, wenn lediglich offensichtlich oberflächliche Schäden, wie z. B. am Blech oder am Außenspiegel, entstanden sind. Bei einem Auffahrunfall im Heckbereich bspw. kommt es vor, dass äußerlich ein nur geringer Schaden entstanden ist, tatsächlich aber auch verborgene Schäden, z. B. Verformungen, Stauchungen bestehen. Derartige Beurteilungen, ob es sich um einem Bagatellschaden oder einen nur äußerlich geringfügigen Schaden handelt, können vom Laien in der Regel nicht erwartet werden. Aber auch hier kommt es bei der Beurteilung immer auf den Einzelfall an.

Mietwagenkosten bzw. Nutzungsausfallentschädigung

Ist das Unfallfahrzeug nicht mehr fahrfähig bzw. nicht mehr verkehrssicher, besteht für die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges Anspruch auf einen Mietwagen bzw. auf eine Nutzungsausfallentschädigung.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Streitigkeiten hinsichtlich der Erforderlichkeit solcher Kosten und der Höhe der ausgleichsfähigen Mietwagenkosten.

Grundsätzlich gilt, dass auch der Geschädigte die Pflicht hat, den entstandenen Schaden gering zu halten. Das bedeutet: Als Geschädigter sind Sie dazu verpflichtet, die Anmietungszeit so kurz wie möglich zu halten.

Auch versteht es sich von selbst, dass lediglich Ersatz für ein angemessenes Ersatzfahrzeug gewährt wird. Man kann also nicht für die Dauer der Reparatur einen Porsche anmieten und die Kosten bei der gegnerischen Versicherung geltend machen, wenn es sich bei dem Unfallfahrzeug lediglich um einen alten Fiat Uno handelt.

Dient das Unfallfahrzeug unmittelbar der Einnahmeerzielung (z. B. Taxi, Bus oder Transportfahrzeuge) und entstehen durch den unfallbedingten Ausfall des Fahrzeugs Einnahmeeinbußen, ist der Geschädigte verpflichtet, den entstandenen Schaden konkret zu beziffern.

Beispiel: A ist selbstständiger Taxiunternehmer. Unfallbedingt fällt sein Taxi für die Reparaturdauer von einer Woche aus. Aus Kostengründen verzichtet er auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges. Ihm entgehen hierdurch nachweislich zehn Auftragsfahrten. Diese kann er im Wege des Nutzungsausfallschadens geltend machen.

Sonstige Schäden

Sind während des Unfalls auch andere Sachen beschädigt worden, Kindersitz, Navigationsgerät, Kleidung etc., kann auch für diese Ersatz verlangt werden. Allerdings müssen Sie gegenüber der zuständigen Versicherung die entsprechenden Quittungen einreichen.

Schmerzensgeld

Sind Sie oder andere Fahrzeuginsassen beim Unfall verletzt worden, kommt zusätzlich die Geltendmachung von Schmerzensgeld in Betracht. Nach einem Unfall sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Detaillierte ärztliche Atteste sind zur Ermittlung des Schmerzensgeldes und für den Nachweis eines Personenschadens äußerst wichtig.

Hilfreich ist natürlich auch, wenn Sie Zeugen benennen können, die Aussagen zu Ihrem Gesundheitszustand vor und nach dem Unfallereignis abgeben.

Die Höhe des Schmerzensgeldes ist vom Einzelfall abhängig. Kriterien, die zur Bemessung herangezogen werden, sind etwa

  • die Art der Verletzung,

  • die Intensität der Schmerzen,

  • die Dauer und der Grad der Minderung der Erwerbstätigkeit,

  • psychische Schäden etc.

In der Praxis wird mit sog. Schmerzensgeldtabellen gearbeitet, in denen Vergleichsentscheidungen aufgelistet sind. Eine Bindung an diese Entscheidungen besteht aber nicht.

Beispiele aus Schmerzensgeldtabelle:

  • HWS-Schleudertrauma nach Auffahrunfall = 500 Euro

  • Hörsturz nach Heavy-Metal-Konzert = 800 Euro

  • HWS-Trauma leichten bis mittleren Grades mit Taubheitsgefühl und Kribbeln in Hand und Arm, Geschädigte konnte seinem Beruf ein Jahr lang nicht bzw. nur zum Teil nachgehen = 3.000 Euro

Der am häufigsten und regelmäßig vorkommende Personenschaden ist das sog. Halswirbelsäulen(HWS)-Syndrom. Unterschieden wird in drei verschiedene Grade:

  • Grad: Leichte mit Nacken-Hinterkopfschmerz und geringer Bewegungseinschränkung der HWS, kein röntgenologischer und neurologischer abnormaler Befund;

  • Grad: Mittelschwere Fälle mit röntgenologisch feststellbaren Veränderungen der HWS, z. B. Gelenkkapseleinrissen;

  • Grad: Schwere Fälle mit nachweisbaren Rissen, Frakturen, Verrenkungen und schweren Folgen.

Bei einem erlittenen HWS-Syndrom haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld. Problematisch ist jedoch der Nachweis der eingetretenen Verletzung, insbesondere wenn es sich um ein HWS-Syndrom 1. Grades handelt. Sie sollten also nicht nur den Arzt konsultieren, sondern auch einen detaillierten ärztlichen Bericht einholen.

Der Aufwand ist nötig, weil Kfz-Haftpflichtversicherungen häufig Halswirbelsäulenverletzungen bestreiten. Tenor der Begründung: Es handle sich lediglich um einen Auffahrunfall im Bereich der Harmlosigkeitsgrenze mit einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung im angestoßenen Fahrzeug, die unterhalb von 10 bzw. 15 km/h läge. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in einem Grundsatzurteil vom 28.01.2003 entschieden, dass eine HWS-Distorsion im sog. Harmlosigkeitsbereich, d. h. zwischen 4 und 10 km/h, nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Eine Verletzung im Bereich der HWS hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, z. B. Sitzposition und Blickrichtung. Es hängt also immer vom Einzelfall ab. Dies wurde vom Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 08.07.2008, Az. VI ZR 274/07, nochmals bestätigt.

Heilbehandlungskosten und "vermehrte Bedürfnisse"

Bei einem Personenschaden kann unabhängig von Schmerzensgeldansprüchen auch Ersatz von Heilbehandlungskosten und sog. vermehrten Bedürfnissen verlangt werden.

Bei Heilbehandlungskosten handelt es sich um vorübergehende Aufwendungen, die der Wiederherstellung der Gesundheit dienen, z. B. Arzt- und Behandlungskosten.

Vermehrte Bedürfnisse sind dagegen unfallbedingte Kosten, die aufgrund einer dauernden Beeinträchtigung der Gesundheit erforderlich werden, z. B. Pflegepersonal, orthopädisches Schuhwerk, Kurkosten etc.

Auch hier gilt immer die Pflicht zur Schadensminderung, d. h. dass der Geschädigte verpflichtet ist, die Kosten so gering wie möglich zu halten, regelmäßig den Arzt aufzusuchen und zumutbare Behandlungen oder Operationen durchführen zu lassen.

Erwerbsschaden

Darüber hinaus kann auch der sog. Erwerbsschaden gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend gemacht werden. Erleidet ein Arbeitnehmer durch einen Verkehrsunfall einen Personenschaden und ist für einige Zeit krankgeschrieben, hat ihm sein Arbeitgeber gem. § 1 Entgeltfortzahlungsgesetz für die Dauer von sechs Wochen den Lohn weiterzuzahlen.

Der Arbeitgeber hat daher die Möglichkeit, diese Zahlungen ebenfalls beim Schädiger geltend zu machen. Allerdings kann dieser ggf. entstehende Rechtsanwaltskosten nicht geltend machen. (Rechtsanwaltskosten können in diesem Zusammenhang erst geltend gemacht werden, wenn der Arbeitgeber den Schädiger bereits zur Zahlung aufgefordert hat und dieser sich im Verzug befindet.)

Beispiel: Die Angestellte A hat einen unverschuldeten Verkehrsunfall erlitten und ist zehn Wochen lang krankgeschrieben. Für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit erhält sie Lohnfortzahlungsgeld von ihrem Arbeitsgeber in Höhe von 100 %, sodass ihr kein Schaden entsteht. Für die restlichen vier Wochen der Krankschreibung bezieht sie Krankengeld in der gesetzlichen Höhe von 80 % ihres Nettogehalts. Ihr ist also ein Schaden in Höhe von 20 % ihres Nettogehalts entstanden, den sie beim Unfallverursacher geltend machen kann.

Die Berechnung des Verdienstausfalles bei einem Selbständigen ist dagegen wesentlich komplizierter und aufwendiger.

Bei der Ermittlung wird vom Gewinn, der vor dem Unfall erzielt wurde, ausgegangen. Grundlage bilden die Bilanzen der letzten drei Jahre sowie Umsatz und Rohgewinn. Auch Konjunkturverhältnisse und Dispositionen spielen eine Rolle, um festzustellen, wie sich der Gewinn ohne den Unfall entwickelt hätte.

Darüber hinaus kann die Ermittlung auch durch Nachweis einzelner verlorener Geschäfte geführt werden. Beweispflichtig für den Verdienstausfallschaden ist der Geschädigte. Der Nachweis ist sehr aufwendig und ohne die Hilfe von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern etc. nicht zu bewältigen.

Zusammenfassung

Verkehrsunfälle sind in der Regel mit viel Ärger verbunden. Zunächst mal gestaltet sich die Abwicklung mit den Versicherungen erfahrungsgemäß oftmals kompliziert und langwierig. Darüber hinaus zahlen Versicherungen häufig nur vergleichsweise geringe Schmerzensgeldbeträge aus. Auch bei der Abrechnung von Reparaturkosten gibt es oft Schwierigkeiten. Aus diesem Grunde ist es - soweit es sich nicht um einen offensichtlichen Bagatellunfall handelt - stets ratsam, vor (!)Kontaktaufnahme mit der gegnerischen Versicherung zunächst einen Rechtsanwalt zu konsultieren und sich eingehend beraten zu lassen. Das Beste daran: Die entstehenden Rechtsanwaltskosten können Sie - bei Fremdverschulden des Unfalls - ebenfalls bei der gegnerischen Versicherung geltend machen.