Nebenberuflich selbstständig: Tipps und Informationen für Ihre Gründung im Nebenerwerb

Genehmigungen und Anträge: Meldepflichten I: Muss der Arbeitgeber zustimmen?

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Meldepflichten I: Muss der Arbeitgeber zustimmen?

Solange Sie Ihrem Arbeitgeber keine Konkurrenz machen und die Leistungsfähigkeit in Ihrem Hauptberuf nicht unter der Nebentätigkeit leidet, darf Ihr Chef Ihre Unternehmungslust grundsätzlich nicht bremsen. Das gilt meistens sogar dann, wenn nebenberufliche Aktivitäten im Arbeitsvertrag ausdrücklich untersagt sind.

Angestellte haben's gut: Wer einen Arbeitsvertrag abschließt, muss lediglich seine Arbeitspflicht erfüllen. Eine bestimmte Qualität der einzelnen Arbeitsergebnisse kann der Arbeitgeber nicht verlangen. Gerade weil abhängig Beschäftigte ihrem Chef jedoch "nur" ihre Arbeitskraft schulden, müssen sie auch dafür sorgen, dass sie während der vereinbarten Arbeitszeiten nicht nur körperlich anwesend, sondern auch leistungsfähig sind.

Wo kein Kläger, da kein Richter!

Die folgenden Überlegungen setzen voraus, dass überhaupt ein Interessenkonflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht und/oder Nebenbeschäftigungen vom Chef verboten werden. Solange Sie sich mit Ihrem Chef gut verstehen und Ihre Nebentätigkeit überhaupt keine Auswirkungen auf Ihren Hauptberuf hat, brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen: Legen Sie einfach los!

Wenn Sie nicht gerade Beamter sind oder in anderer Funktion hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, können Sie sich grundsätzlich auf das in Artikel 12 Grundgesetz garantierte Recht auf freie Berufswahl berufen.

Maximale Wochenarbeitszeit

Da Ihr Arbeitgeber während Ihrer Arbeitszeit Anspruch auf Ihre volle Arbeitskraft hat, müssen Sie eine Minderung Ihrer Leistungsfähigkeit im Hauptberuf vermeiden. Ob eventuelle Beeinträchtigungen der Arbeitskraft auf durchgefeierte Nächte oder unternehmerische Freizeit-Aktivitäten zurückzuführen sind, ist dabei grundsätzlich unerheblich.

Während sich die Schlafdauer jedoch nur schwer überwachen lässt, bietet das Arbeitszeitgesetz im Streitfall einen recht genauen Anhaltspunkt für die maximal zulässige Wochenarbeitszeit. Demnach sind normalerweise acht Stunden Arbeit an sechs Wochentagen erlaubt. Unter bestimmten Umständen und bei entsprechendem Freizeitausgleich gelten vorübergehend auch bis zu zehn Stunden täglich als tolerierbar.

Bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von auf Dauer mehr als 48 Stunden laufen Sie im Streitfall also Gefahr, gegen das Arbeitszeitgesetz und damit gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu verstoßen – ganz unabhängig davon, ob die Frage der Nebenbeschäftigung in Ihrem Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt ist oder nicht.

Da Ihr Arbeitgeber in seinem Betrieb das Arbeitnehmerschutzgesetz beachten muss, hat er ein Anrecht darauf, dass sich die zeitliche Inanspruchnahme seiner Mitarbeiter durch eine eventuelle Nebentätigkeit in den genannten Grenzen hält. Ob Sie dabei selbstständig arbeiten oder abhängig beschäftigt sind, spielt keine Rolle. Gegenüber Nebenjobbern haben nebenberuflich Selbstständige allerdings den Vorteil, dass in vielen Fällen nur sie selbst über die tatsächliche zeitliche Belastung Auskunft geben können.

Angenommen jedoch, Sie überschreiten nachweislich die im Arbeitszeitgesetz festgelegten Obergrenzen, verletzen Sie objektiv Ihren Arbeitsvertrag. Das gilt selbst dann, wenn Sie sich während der Arbeitszeit nichts "zuschulden" kommen lassen. Im Zweifelsfall genügt Ihrem Chef der Nachweis, dass Sie insgesamt länger als erlaubt gearbeitet haben. Der Beweis ist bei Selbstständigen zwar nicht ganz einfach zu führen, aber auch nicht ganz unmöglich. Denken Sie zum Beispiel nur an Hinweise auf Anwesenheits- oder Öffnungszeiten auf Werbeträgern oder auch an Stundenabrechnungen gegenüber Kunden.

Urlaub und Krankheit

"Aber wenigstens im Urlaub darf ich doch nach Herzenslust Geschäfte machen, oder!?" Jein! Arbeitnehmer haben bei der Gestaltung ihres Jahresurlaubs keineswegs freie Hand: Der heißt genau genommen nämlich Erholungsurlaub und dient – unter anderem – dazu, die volle Arbeitskraft wiederherzustellen. In § 8 Bundesurlaubsgesetz heißt es denn auch: "Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten."

Nun kann Ihr Chef – oder im Streitfall das Arbeitsgericht – Ihnen natürlich nicht vorschreiben, wo Sie Ihren Urlaub verbringen und was sie während der "schönsten Wochen des Jahres" tun, damit sich die gewünschte Erholung einstellt. Wenn Sie in den Ferien aber ausgerechnet dieselben oder sehr ähnliche Tätigkeiten wie an Ihrem Arbeitsplatz erbringen (nur eben für eigene Kunden und auf eigene Rechnung), dann wird Ihr Chef das Arbeitsgericht schnell davon überzeugen können, dass sich der gewünschte Erholungszweck nicht einstellt.

Das Gleiche gilt für den Fall der Krankschreibung: Wenn ein Arzt einem Elektriker Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, dann gilt die selbstverständlich nicht nur für seinen Hauptberuf. Er muss dann auch in seinem kleinen Nebenerwerbs-Handwerksbetrieb Pause machen. Bei Krankheit hat sich ein Beschäftigter so zu verhalten, dass seine Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt ist. Auf keinen Fall darf er der Genesung durch sein Verhalten schaden.

Beispiel: Wie so oft: Es kommt darauf an …

Ein generelles Verbot von Nebentätigkeiten im Urlaub oder während einer Erkrankung gibt es nicht. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Erholungs- bzw. Gesundungsmöglichkeit:

  • Einem Handwerker beispielsweise kann niemand verbieten, Webseiten zu programmieren, während er Urlaub hat oder mit gebrochenem Bein ans Haus gefesselt ist (und der Arzt nicht gerade strenge Bettruhe verordnet hat).

  • Die Controllerin hingegen, die nebenbei als Buchführungshelferin arbeitet, ist grundsätzlich gut beraten, ihren Jahresurlaub und die Betriebsferien zusammenzulegen.

  • Arbeitet sie hingegen nebenberuflich als Gartengestalterin oder als Sport-Animateurin auf Mallorca, liegt der Fall schon wieder ganz anders: Für eine Büroangestellte kann körperliche Arbeit während des Urlaubs ein durchaus gesunder und erholsamer Ausgleich sein. Ein finanzielles Zubrot stellt dann keine Verletzung der Vertragspflichten im Hauptberuf dar.

Denken Sie über den Tag hinaus!

Auch wenn Sie sich von den genannten Auflagen zunächst einmal in Ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen: Vergessen Sie nicht, dass die Erholungs- und Arbeitsschutzbestimmungen letztlich in Ihrem eigenen Interesse sind. Kurzfristig lassen sich Doppel- und Dreifachbelastungen zwar ohne Schaden überstehen – auf lange Sicht betreiben Sie damit jedoch Raubbau an Körper, Geist und Energiesubstanz.

So sinnvoll und richtig es ist, geschäftliche Gelegenheiten beim Schopf zu fassen: Gehen Sie verantwortungsbewusst mit Ihren Leistungsreserven um – und respektieren Sie zugleich die legitimen Interessen Ihres Arbeitgebers!

Konkurrenzschutz

Apropos Arbeitgeberinteressen: Grenzen werden Ihren geschäftlichen Entfaltungsmöglichkeiten obendrein durch ein generelles Wettbewerbsverbot gesetzt: Selbst wenn das in Ihrem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgelegt ist, dürfen Sie Ihrem Chef keine Konkurrenz machen – und schon gar nicht die Kunden abwerben!

Das ergibt sich aus den Nebenpflichten des Arbeitsvertrags, zu denen nach gängiger Rechtsprechung auch die Beachtung des "Treu und Glauben"-Gebots aus § 242 BGB gehört: So wie der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern eine "Fürsorgepflicht" hat, müssen die Beschäftigten ihre "Treuepflicht" erfüllen. Das mag altbacken und patriarchalisch klingen – gehört aber nun einmal zu den Spielregeln des deutschen Arbeitsrechts.

Genehmigung von Nebentätigkeiten

Viele Arbeitsverträge schreiben vor, dass Arbeitnehmer ihren Chef über Nebenbeschäftigungen informieren müssen. Nicht selten sehen Arbeits- und Tarifverträge sogar vor, dass Beschäftigte für die Aufnahme einer Tätigkeit eine Genehmigung brauchen. Ungeachtet dessen sind Arbeitsgerichte in der Vergangenheit immer wieder zu dem Ergebnis gekommen, dass

  • eine solche Genehmigung im Allgemeinen als reine Formsache zu betrachten ist,

  • Verbote nur in besonderen Ausnahmefällen erlaubt sind und

  • ein Verstoß gegen eine Meldepflicht zudem keine gravierende Verletzung des Arbeitsvertrages ist, die womöglich eine Kündigung rechtfertigen würde.

Gilt das auch für Beamte?

Anders verhält es sich bei Beamten, die bekanntlich nicht unter die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsrechts fallen. Für diese Personengruppe gelten spezielle Beamtengesetze des Bundes oder der Länder. Aufgrund ihrer besonderen Stellung, insbesondere der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, gibt es für Nebentätigkeiten von Beamten eine generelle Anzeigepflicht. Viele Nebentätigkeiten sind sogar genehmigungspflichtig. Dabei gibt es wesentlich mehr "Versagensgründe" als in der übrigen Wirtschaft.

Die einschlägigen Bestimmungen für Bundesbeamte finden sich in den §§ 97 bis 105 Bundesbeamtengesetzes (BBG). Als Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung nennt § 99 BBG ("Genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten") insbesondere

  • eine starke Beanspruchung der Arbeitskraft, die eine "ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert",

  • den möglichen "Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten",

  • die Gefahr einer Beeinflussung der "Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Beamten",

  • die "Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit des Beamten" sowie

  • die Schädigung des "Ansehens der öffentlichen Verwaltung".

Dass mit den unbestreitbaren Vorteilen des Berufsbeamtentums zum Teil recht einschneidende Beschränkungen von Grundrechten einhergehen, macht das Streikverbot oder auch die Begrenzungen der freien Meinungsäußerung im Dienst deutlich. Wenn also einem Beamten eine Nebentätigkeit untersagt wird, kann er sich nicht ohne Weiteres auf das grundgesetzlich verbriefte Recht der freien Berufswahl berufen.

Mehr noch: Da die Beamtenbesoldung (ebenso wie die spätere Pension) kein leistungsbezogenes Gehalt (oder Rente) darstellt, sondern eine Versorgung oder Alimentierung durch den Dienstherren, werden Einkünfte aus genehmigten Nebentätigkeiten unter Umständen ganz oder teilweise auf die Bezüge angerechnet! Unternehmungslustige Beamte tun also gut daran, sich mit den für sie geltenden speziellen Vorschriften vertraut zu machen und sich vor Aufnahme einer (selbstständigen) Nebentätigkeit beraten zu lassen.

Zusammenfassung

Anders als Beamte müssen sich Angestellte normalerweise keine Sorgen machen, dass ihnen der Arbeitgeber Nebentätigkeiten untersagt. Vorausgesetzt natürlich, Sie bewegen sich innerhalb der genannten Grenzen oder haben einen toleranten Chef. Die genannten Freiheitsgrade existieren sogar dann, wenn Nebentätigkeiten im Arbeitsvertrag vollständig untersagt sind. Ungeachtet dessen sind Sie gut beraten, sich mit Ihrem Arbeitgeber über geplante Nebentätigkeiten zu verständigen. Im Zweifelsfall wenden Sie sich am besten an Ihren Berufsverband oder Ihre Gewerkschaft.

Ausblick

Auch Ämter und Behörden interessieren sich unter Umständen für Ihr Nebenerwerbs-Unternehmen. Worauf Sie dabei zu achten haben, erfahren Sie im nächsten Kapitel.