Gläubigervergleich oder Verbraucherinsolvenz?

Manchmal ist es sinnvoller, sich mit den Gläubigern zu einigen, als ein Insolvenzverfahren einzuleiten.

Wir beschreiben die Vorteile des Gläubiger-Vergleichs und die Vorteile der Verbraucherinsolvenz für Überschuldete und sagen, welche Bedingungen die Chancen des Überschuldeten auf einen "günstigen" Vergleich erhöhen.

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Wir beschreiben die Vorteile des Gläubiger-Vergleichs und die Vorteile der Verbraucherinsolvenz für Überschuldete und sagen, welche Bedingungen die Chancen des Überschuldeten auf einen "günstigen" Vergleich erhöhen.

Überschuldeten bietet die Verbraucherinsolvenz eine erfolgreiche Lösung für das Schuldenproblem: Hat das Gericht das Verbraucherinsolvenz-Verfahren eröffnet, wird dem Betroffenen nach sechs Jahren eine "Restschuldbefreiung" gewährt.

Weniger bekannt und häufig noch vorteilhafter ist es, sich vorher über einen guten Vergleich mit den Gläubigern zu einigen. Dann entfällt der Antrag auf Verbraucherinsolvenz. Im bundesweit angebotenen anwaltlichen Rechtshilfeangebot "Erfolgreich aus der Schuldenkrise" wird auf einen günstigen Vergleich besonderen Wert gelegt. Nur wenn dieser Vergleichsversuch keinen Erfolg hat, wird im nächsten Schritt das Verbraucherinsolvenz-Verfahren beantragt.

außergerichtlicher Einigungsversuch in Verbraucherinsolvenzverfahren

Bevor Sie den Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und auf die Restschuldbefreiung stellen können, müssen Sie zunächst versuchen, sich außergerichtlich mit Ihren Gläubigern zu einigen. Erst wenn die außergerichtliche Schuldenbereinigung gescheitert ist, können Sie die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen. Das Scheitern muss von einer geeigneten Stelle (z. B. Schuldnerberatungsstelle) oder Person (z. B. Anwalt) bescheinigt werden (s. § 305 InsO).

Nachstehend geben wir einen Überblick zu den Vorteilen und Chancen des Gläubigervergleichs und der Verbraucherinsolvenz.

Vorteile eines Vergleichs mit den Gläubigern

Beim Gläubigervergleich lassen sich die Gesamtschulden häufig auf einen kleinen Bruchteil der vorherigen Schulden senken. Drei konkrete Fallbeispiele für typische Vergleiche finden Sie im Beitrag "Fallbeispiele: Schuldenfrei durch Gläubigervergleich oder Verbraucherinsolvenz". Die Vergleichsvorschläge sind oft erfolgreich, weil der Anwalt die Gläubiger vor die Alternative stellt, entweder den Vergleich anzunehmen oder womöglich gar kein Geld mehr zu sehen, weil der Schuldner sonst das Verbraucherinsolvenzverfahren einleitet.

Der Vergleichsbetrag wird dabei meist in Miniraten über sechs Jahre abgezahlt. Die meisten Betroffenen können dabei ihre Anwaltsgebühren über einen kostenlosen Beratungshilfeschein vom Amtsgericht abrechnen. Auch die anerkannten Schuldnerberatungsstellen sind - abgesehen von teilweise berechneten geringen Sachkosten wie Portoauslagen - kostenlos tätig.

Bei einer Überschuldung ist es zumeist ungünstig, wenn der Schuldner den Gläubigern selbst einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Der Laie zieht gegenüber Banken, Inkassounternehmen und anderen Profis leicht den Kürzeren, weil dem Schuldner die Erfahrung für Vergleiche mit diesen Institutionen fehlt. Gute Erfolgschancen haben dagegen professionell formulierte Vergleichsvorschläge, die den Gläubigern vom Rechtsanwalt oder einer Schuldnerberatungsstelle zugestellt werden - schon der Briefkopf zeigt Wirkung. Die Vergleichsvorschläge sollten als außergerichtlicher Einigungsversuch nach der Insolvenzordnung bezeichnet werden. Für den Fall, dass der Vergleich scheitern sollte, wird damit den Gläubigern die Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens angekündigt.

Wer einen ernsthaften Vergleich anstrebt und das Verbraucherinsolvenzverfahren vermeiden will, sollte eher einen Anwalt wählen, der sich im Thema gut auskennt. Die ebenfalls kompetenten Schuldnerberatungsstellen konzentrieren sich nämlich überwiegend auf den so genannten "Nullplan", sofern - wie meist der Fall - nur geringes Einkommen vorliegt. Beim Nullplan wird den Gläubigern im Vergleichsvorschlag nicht mehr angeboten, als die Gläubiger beim Insolvenzverfahren eventuell an pfändbaren Beträgen erhalten würden. Nur die Treuhändergebühr von etwa 10 Euro pro Monat würde dann von den pfändbaren Beträgen vorher abgezogen. In der Praxis lehnen Gläubiger diese Nullplan-Vergleiche fast immer ab. Wer den Gläubigern einen Nullplan vorschlägt, sollte wissen, dass damit fast nie ein erfolgreicher Vergleich zustande kommen wird.

Ein "günstiger" Gläubigervergleich gegenüber dem Verbraucherinsolvenzverfahren hat jedoch durchaus Vorteile, nämlich:

  • die schnellere Löschung aus dem Schuldnerregister, ggf. die sofortige Löschung;

  • die schnellere Löschung der negativen Schufa-Einträge, ggf. sogar sofortige Löschung;

  • weniger Probleme mit einem eigenen Girokonto;

  • je nach Vergleich keine Probleme bei der Eröffnung eines Geschäftskontos;

  • keine aufwändige Antragstellung für das Verbraucherinsolvenzverfahren nötig;

  • die Gebühren für den Treuhänder beim Insolvenzverfahren entfallen;

  • die Gerichtskosten für das Verbraucherinsolvenzverfahren entfallen. Die können zwar gestundet werden, erlöschen aber nicht nach sechs Jahren wie die übrigen Schulden. Erst wenn der Schuldner auch danach die Kosten vier weitere Jahre nicht aufbringen kann, werden die Gerichtskosten erlassen (§ 4b Abs. 2 S. 4 InsO).

  • Schnellere Schuldenbefreiung: Auch beim Vergleich wird regelmäßig vereinbart, dass nach sechs Jahren die vereinbarten Raten abgezahlt sind und keine Schulden mehr bestehen. Da es aber bei der Verbraucherinsolvenz etwa drei bis neun Monate dauert, bis das Gericht das Verfahren eröffnet und die sog. Wohlverhaltensperiode startet, beginnen die sechs Jahre bis zur Restschuldbefreiung hier entsprechend später als beim Vergleich.

  • Schnellere Beendigung von Pfändungen oder eidesstattlicher Versicherung.

So erhöhen Sie die Chancen auf einen guten Gläubiger-Vergleich

Die Chancen auf einen für den Schuldner günstigen Gläubiger-Vergleich erhöhen sich, wenn eine oder gar mehrere der folgenden Bedingungen gegeben sind:

  • Es liegen schon ergebnislose Pfändungen und eine eidesstattliche Versicherung vor.

  • Beim Betroffenen war schon länger "nichts mehr zu holen".

  • Es gibt nur wenige Gläubiger. Je mehr Gläubiger beteiligt sind, desto schlechter sind die Chancen, dass auch alle Gläubiger dem Vergleich zustimmen.

  • Als Quote beim Vergleich werden mindestens 8 Prozent der bestehenden Schulden als Quote angeboten. Je höher die angebotene prozentuale Quote ist, desto höher sind die Vergleichschancen. 15 Prozent der Schulden anzubieten, führt bereits recht häufig zum Erfolg. Dabei ist zu beachten, dass mit dem Vergleichsschluss Zinsen und weitere Kosten entfallen. So kann beispielsweise ein Vergleich auf 50 Prozent der bisherigen Schulden die Zahllast um etwa 75 Prozent reduzieren.

  • Es liegen keine Schulden bei öffentlichen Gläubigern (Finanzamt etc.) vor. Diese stimmen einem Vergleich meist erst bei einer sehr hohen Quote (Beispiel: 70 Prozent der bestehenden Schulden) zu.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren

Vor einem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahren muss nach Insolvenzordnung immer ein so genannter "außergerichtlicher Einigungsversuch" erfolgen. Erst nachdem dieser Vergleichsversuch mit den Gläubigern gescheitert ist und dieses Scheitern durch eine "geeignete Stelle" (Schuldnerberatungsstelle, Anwalt) bescheinigt wurde, kann das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt werden. Gleichzeitig wird der Antrag auf "Restschuldbefreiung" gestellt. Sechs Jahre nach Eröffnung des Verfahrens ("Wohlverhaltensperiode") wird dann eine Restschuldbefreiung erteilt. Ausgenommen sind Schulden aus Strafsachen und Geldbußen.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt das Gericht einen Treuhänder - in der Regel einen Rechtsanwalt.

Wenn er kann, muss der Schuldner dem Treuhänder Gebühren für die Betreuung und Verwaltung bezahlen. Die Treuhändergebühren betragen jährlich mindestens 120 Euro. Außerdem entstehen Gerichtsgebühren von etwa 1.500 Euro, die das Gericht dem Schuldner auf Antrag jedoch stunden kann. Sie erlöschen jedoch nicht nach sechs Jahren.

Liegt das Einkommen des Schuldners über den Pfändungsfreibeträgen, muss der Schuldner den jeweils pfändbaren Teil seines Mehreinkommens an den Treuhänder abführen. Anhand der jeweiligen Quote bzw. des Insolvenzplans verteilt der Treuhänder die Beträge dann an die Gläubiger.

Um eine Restschuldbefreiung zu erhalten, muss sich der Schuldner in den sechs Jahren zwischen Eröffnung bis zum Ablauf der sechs Jahre gegenüber den Gläubigern wohl verhalten. Daher werden diese sechs Jahre auch "Wohlverhaltensperiode" genannt. Das bedeutet unter anderem, dass sich der Schuldner um ein angemessenes Einkommen, also um Arbeit bemühen muss. Auch darf er gegenüber dem Treuhänder kein Einkommen verschweigen und kein verstecktes Einkommen erzielen.

Nach sechs Jahren spricht das Gericht die Restschuldbefreiung aus, wenn er Schuldner sich "wohlverhalten" hat.

Ein weiterer Vorteil des Insolvenzverfahrens ist, dass sich die Gläubiger während des Insolvenzverfahrens nur noch an den Treuhänder wenden dürfen. Sie dürfen selbst keine Pfändungen oder eine eidesstattliche Versicherung beim Schuldner veranlassen. Das ist bei einem Vergleich allerdings genauso.

Bis zur endgültigen Restschuldbefreiung bleibt der Schuldner beim Insolvenzverfahren im Schuldnerregister und behält damit auch seinen Negativ-Eintrag bei der Schufa. Dieser bleibt noch drei ganze Jahre nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens bestehen. Beim Vergleich kann die Löschung dagegen schon nach der unterzeichneten Vergleichsvereinbarung beantragt werden.