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Fast jeder (frischgebackene) Selbstständige kennt dieses Gefühl: Lampenfieber. Das erste Kunden-, Honorar- und Verkaufsgespräch steht kurz bevor und die Aufregung und Anspannung wächst. Was können Sie im Vorfeld für sich tun, um Ihr Lampenfieber in den Griff zu bekommen? Kommunikationsexpertin Mareike gr. Darrelmann fasst ihre persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse in zehn Tipps zusammen.
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1. Lampenfieber ist
wichtig!
wichtig!
Ein gesundes Maß an Lampenfieber ist wichtig und durchaus von Vorteil. Denn Lampenfieber setzt Adrenalin frei. Damit sind Sie hellwach, hoch konzentriert und können schnell und flexibel auf Veränderungen (in früherer Zeiten noch Angriffe) reagieren. Genau der Zustand, den Sie benötigen, um im Kundengespräch Höchstleistung zu bringen.
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Wenn Sie erst einmal so routiniert sind, dass Sie sich im Vorfeld keinerlei Gedanken mehr machen, sind Sie schneller unaufmerksam und es passieren viel eher Flüchtigkeitsfehler.
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Genießen Sie es deswegen, solange Sie noch ein bisschen Aufregung und eine leichte Anspannung verspüren. Sollte dies schon lange nicht mehr der Fall sein, können Sie über neue Herausforderungen nachdenken.
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2. Die innere Einstellung
stimmt
stimmt
Gehen Sie - methaphorisch - mit einem "weißen Blatt Papier" zum Kunden. Damit sind Sie möglichst frei von Vorannahmen. Nicht Sie, sondern der Kunde soll Ihnen das Blatt Papier beschreiben.
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Es ist oft von Vorteil, bereits erste Informationen über den Kunden zu haben. Vermeiden Sie es aber, sich von Dritten sagen zu lassen, ob der Kunde kompliziert, knauserig oder nicht interessiert ist. Wenn Sie mit dieser Vorannahme ins Gespräch gehen, werden Sie sich unbewusst auch dementsprechend verhalten. Der Fokus Ihrer Wahrnehmung wird sich genau auf diese Punkte richten. Mit Ihrem Verhalten beeinflussen Sie damit wieder das Verhalten des Kunden und bekommen im schlimmsten Fall das zurückgespiegelt, was Sie auch erwartet haben. Ihr Lampenfieber kann dann beim bloßen Gedanken an den angeblich komplizierten Kunden künstlich in die Höhe schnellen.
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Ich habe oft erlebt, dass ich mit Kunden ganz andere Erfahrungen gemacht habe, als mir Kollegen es vorher beschrieben haben. Deswegen versuche ich, mir selbst vor Ort ein Bild zu machen und auf subjektiver Wahrnehmung aus dritter Hand zu verzichten.
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3. Ihr Kunde – Ihr Freund
Sehen Sie in Ihrem Kunden einen Freund. Es lohnt sich, denn Sie haben jede Menge Gemeinsamkeiten. Er ist an Ihnen interessiert. Sie sind an ihm interessiert. Sonst würden Sie nicht ins Gespräch kommen. Das ist eine gute Voraussetzung für eine geschäftliche Freundschaft. Das Beruhigende ist, dass sich Freunde untereinander nichts anhaben und dass sie wertschätzend miteinander umgehen.
Wenn Sie Ihren Kunden als Feind betrachten, dann ist Ihre Sorge und damit auch Ihr Lampenfieber berechtigt. Denn bei Feinden ist vorsichtig geboten, da sie einem Schaden zufügen und womöglich noch verbal angreifen wollen. Machen Sie sich deswegen Ihren Kunden – in Ihrer inneren Vorstellung – zum Freund.
Meine Grundeinstellung ist: Mein Kunde ist mein Partner. Denn jeder Kunde ist an mir (meinen Produkten/meiner Dienstleistung) interessiert, sonst würde er sich nicht die Zeit für mich nehmen. Mit diesem Gefühl gehe ich gerne und offen ins Gespräch.
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4. Fragen schon vorher
durchspielen
durchspielen
Je mehr mögliche Fragen und Themen Sie im Vorfeld einmal durchgespielt haben, desto weniger Überraschungen können im Gespräch auf Sie zukommen. Denn lange Gedanken- und Sprechpausen können im Kundentermin zu einer unangenehmen Stille führen und das Lampenfieber unnötig schüren.
Machen Sie sich deswegen ausgiebig Stichpunkte zu jeder Frage, die der Kunde Ihnen stellen könnte. Denn für gut überlegte Antworten brauchen Sie Zeit. Und genau diese haben Sie im Kundengespräch oft nicht mehr. Wenn in Ihrem Kopf bereits erste Antworten abgespeichert sind, können Sie diese dann im Gespräch ganz leicht abrufen.
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Tipps für den Notfall
Was tun, bevor Sie sprachlos sind?
Sie dürfen auch einmal etwas nicht wissen/können: "Diese Frage kann ich Ihnen gerade nicht beantworten. Ich werde mich informieren und Ihnen morgen die Antwort zukommen lassen."
Sich Zeit zum Nachdenken verschaffen: "Ich habe Ihre Frage nicht ganz verstanden. Könnten Sie mir noch einmal erklären, was genau Ihr Ziel/Anliegen etc. ist?"
Gegenfrage stellen: "Für mich ist es viel wichtiger zu erfahren, was Ihre Vorstellungen zum Thema XY sind."
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5. Setzen Sie sich (kleine) Ziele
Kennen Sie bei jedem Kundengespräch Ihre eigenen Ziele? Überlegen Sie sich im Vorfeld, was Sie genau erreichen möchten. Wenn Ihr Ziel Sie erschlagen und einschüchtern sollte, zerlegen Sie es in kleine Scheibchen und gehen Sie Stück für Stück vor. Denn einen Elefanten essen Sie auch nicht im Ganzen, sondern scheibchenweise. Bereiten Sie Ihr Kundengespräch genauso vor. Zerlegen Sie das "Schreckgespenst: Kunde gewinnen" in kleine verdauliche Happen. Besser ein Fuß in der Tür als ein Platzverweis nach dem ersten Gespräch. Realistische Etappenziele führen auch zum Ziel und verursachen weniger Druck und Lampenfieber im Vorfeld.
Beispiele:
Benötigen Sie das Vertrauen Ihres Kunden, um zum Abschluss zu kommen? Dann bauen Sie erst einmal einen guten Kontakt zum Kunden auf.
Brauchen Sie noch mehr Informationen über den Kunden? Dann konzentrieren Sie sich erst einmal darauf, ihn und seine Bedürfnisse besser kennenzulernen.
Wollen Sie den neuen Kunden gleich als Stammkunden gewinnen? Dann bieten Sie ihm erst einmal eine kleine Dienstleistung/Schnupperangebot an, auf das Sie später aufbauen können.
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6. Trockenübung macht den Meister
Der Mensch fühlt sich meist dann sicher, wenn er etwas schon öfter (erfolgreich) gemacht hat. Unserem Gehirn ist es dabei egal, ob wir es live erlebt oder theoretisch (mental) durchgespielt haben. Dieses Phänomen macht sich auch das Mentaltraining zunutze, das insbesondere im Sport angewendet wird. Ein Stabhochspringer wird erst einmal mental die Höchstmarke erfolgreich springen, um sich in einen ressourcenvollen Zustand zu bringen. Beim ersten echten Sprung "denkt" der Körper dann: "Kein Stress, da bist du doch schon zehn Mal erfolgreich drübergesprungen."
Diese Taktik können Sie auch vor Gesprächen mit Lampenfieber-Potential anwenden. Gehen Sie das Gespräch zu Hause einmal bildlich vor Ihrem inneren Auge durch. Lassen Sie es wie in einem Film abspielen, optimieren Sie die ein oder andere Stelle im Film und feiern Sie den erfolgreichen Abschluss des Gesprächs. Wiederholen Sie diesen "Film" so oft, bis Sie das Gefühl von Sicherheit bekommen. Am Besten spulen Sie den "Film" ein letztes Mal vor dem realen Gespräch ab. Dann ist das erste echte Kundengespräch gefühlt nur eines von Vielen.
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7. Anker nutzen
Sie wissen, dass Sie gut und überzeugend sind. Doch im entscheidenden Moment haben Sie das Gefühl, keinen Zugriff auf Ihre Ressourcen zu haben. Das Lampenfieber wächst, das Gefühl, nichts mehr zu können, ebenso. Wo sind all Ihre Stärken und Fähigkeiten geblieben? Sie sind noch da, allerdings haben Sie in so einem Zustand gerade keinen Zugriff mehr darauf. In diesen Momenten hilft es, sich wieder seine Kompetenzen bewusst zu machen.
Ein einfacher Trick hilft Ihnen dabei – die Ankertechnik. Wenn Sie das nächste Mal ein gutes und erfolgreiches Erlebnis haben und noch mitten im Gefühl drin stecken, dann ankern (ähnlich wie konservieren) Sie es mit einem Wort oder einem Gegenstand. Ziel ist es, dass Ihr gewähltes Wort/Gegenstand mit dem Erfolgsgefühl belegt ist. Damit können Sie zu jedem beliebigen Zeitpunkt mit Hilfe des Wortes/Gegenstands das Gefühl wieder auslösen und sich bewusst in einen ressourcenvollen Zustand bringen.
Ich selber belege sehr oft meine Ringe mit Erfolgserlebnissen. Diese trage ich dann auch gezielt nur in Situationen, wo ich sie "brauche". Das Gefühl des Ringes an meinem Finger versetzt mich sofort wieder in den geankerten Zustand, in dem ich mich überzeugend und souverän gefühlt habe.
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8. Es gibt keine Fehler, sondern nur Feedback
Wer niemals etwas wagt, wird auch nichts dazulernen. Trauen Sie sich, Ihre eigene Komfortzone (Bereich, in dem Sie sich wohl fühlen und auskennen) immer wieder zu verlassen. Denn innerhalb Ihrer Komfortzone werden Sie sich nur wenig weiterentwickeln. Der Fortschritt liegt außerhalb dieser Zone. Menschen, die diese immer wieder überschreiten und sich ausprobieren, sind wesentlich schneller erfolgreich als Menschen, die erst einmal versuchen, innerhalb ihrer Komfortzone Perfektionismus anzustreben, bevor sie einen Schritt nach vorne wagen. Nehmen Sie deswegen ganz bewusst in Kauf, dass das erste Gespräch mit einem Kunden nicht perfekt verlaufen muss. Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist eine neue Lernerfahrung.
Ergreifen Sie stattdessen jegliche Chancen, um mit Kunden ins Gespräch zu kommen und diese als Lernerfahrung zu betrachten. Niemand hat von Ihnen erwartet, dass Sie in der ersten Fahrstunde gleich perfekt das Auto beherrschen. Warum erwarten Sie jetzt von sich, dass Sie im ersten Kundengespräch das Gespräch perfekt meistern?
Ein guter Lernprozess fängt mit der Selbstreflexion an. Fragen Sie sich deswegen nach jedem Gespräch:
Was lief schon gut?
Was kann ich beim nächsten Mal anders oder besser machen?
Warum hat der Kunde sich nicht für mich entschieden (mein Entwicklungspotential)? Oder:
Warum hat sich der Kunde für mich entschieden (mein Potential)?
Was kann ich daraus für die Zukunft lernen?
Mein Kollege und ich führen auch heute noch nach jedem Kundengespräch ein ausführliches Feedbackgespräch, indem wir genau diese Fragen durchgehen. Der Vorteil ist, dass ich nicht nur einen Blick auf mich selber werfen kann, sondern auch noch ein Fremdbild in Form des Feedbacks meines Kollegens bekomme. Die ersten Kundengespräche führten zu Beginn nicht immer zum Auftrag. Sie waren aber eine gute Lernerfahrung für spätere erfolgreiche Kundengespräche.
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9. Wohlfühlatmosphäre schaffen
Bringen Sie sich vor dem Gesprächstermin in Wohlfühlstimmung auf allen Ebenen.
Ziehen Sie die Kleidung an, in der Sie sich wohlfühlen. Berücksichtigen Sie dabei natürlich den Dresscode, der von Ihnen erwartet wird.
Wenn Sie einen Einfluss auf die Termingestaltung haben, vereinbaren Sie Termine zu den Zeiten, wo Sie am Leistungsstärksten sind. Das ist bei jedem Menschen etwas unterschiedlich.
Wenn Sie einen Einfluss auf die Umgebung haben, dann wählen Sie die Räumlichkeiten und die Gestaltung (Sitzordnung ...) nach Ihren Vorstellungen. Vergessen Sie dabei aber bitte nicht die Bedürfnisse Ihres Kunden.
Vermeiden Sie energiezehrende und komplizierte Termine im Vorfeld Ihres Gesprächs. So können Sie sich ganz auf DAS Gespräch konzentrieren. Nutzen Sie die Zeit, wenn möglich, für Aktivitäten, die Sie entspannen, wie z. B. Sport, Meditation, Kochen ...
Ich persönlich vermeide Termine am Montagvormittag (den brauche ich, um wieder Fahrt für die Woche aufzunehmen), bevorzuge sonst jedoch sehr wohl Vormittagstermine für wichtige Gespräche. Ich fühle mich (noch) fit um diese Uhrzeit und komme gar nicht dazu, mich eventuell verrückt zu machen.
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10. Lampenfieber führt zum totalen Blackout
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Lampenfieber ein gesundes Maß bereits überschritten hat, dann sollten Sie mit Hilfe eines Coachs an diesem Thema arbeiten. Der Grund für einen Blackout (Sprachlosigkeit, kein Zugriff auf Ihr Wissen/Ihre Ressourcen ...) ist mannigfaltig und ganz individuell. Ursachen können schlechte Erfahrungen sein, die verankert wurden, ein zu hoher Anspruch an sich selber, das Gefühl, nicht mehr geliebt oder anerkannt zu werden im Falle des Versagens.
Mit Hilfe eines Coachs gehen Sie Ihrer persönlichen Ursache auf den Grund und entwickeln gemeinsam neue Lösungswege zu einem selbstbewussten und souveränen Auftreten.
Adressen von Coachs in Ihrer Stadt finden Sie im Internet über Google mit folgenden Schlagwörtern: Sprechangst, Lampenfieber, Coach Persönlichkeitsentwicklung, Coach Stimme und Sprechen.
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Checkliste: Gegenmaßnahmen bei Lampenfieber
Zum Runterladen, ausdrucken und an die Pinnwand heften: Checkliste Gegenmaßnahmen bei Lampenfieber (PDF, 1 Seite).
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Fazit
Lampenfieber ist gesund! - Wenn Sie diesen Satz annehmen können, dann sind Sie schon ein ganzes Stück weiter. Wichtig ist dabei, das richtige Maß an Lampenfieber für sich zu finden.
Dabei helfen Ihnen insbesondere zwei Dinge:
Trauen Sie sich, Ihre Komfortzone zu erweitern und neue Lernerfahrungen und damit auch Fehler zuzulassen.
Überprüfen Sie Ihre innere Einstellung und stimmen Sie sich positiv gegenüber Ihren Kunden und sich selber ein.
Viel Vergnügen beim Ausprobieren und Überschreiten Ihrer Komfortzone!