Akquise per XING, Facebook & Co: Neue Kunden oder verlorene Zeit?

Vielen scheint Kundenakquise per Social Media nur Zeitverschwendung. Können Sie mehr daraus machen und dort erfolgreich Akquise betreiben?

Erscheint Ihnen das ganze Social-Media-Gedöns nur als großangelegte Verschwörung zur Vernichtung von Arbeitszeit? Das Risiko besteht jedenfalls. Von der vielbeschworenen Kunden-Gewinnung bei Facebook, Xing und Twitter bleibt dann oft nur verlorene Zeit und Mühe. Das muss aber nicht sein: Sie können die Akquise in den Sozialen Netzwerken auch erfolgreich angehen!

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Wie schnell aus Minuten Stunden werden, weiß jeder, der regelmäßig im Internet unterwegs ist. Gerade bei den sozialen Netzwerken ist das Risiko der Zeitverschwendung besonders groß. Trotzdem: Die Neuen Medien eignen sich hervorragend, um mit neuen Kunden in Kontakt zu kommen - wenn Sie mit der richtigen Einstellung herangehen.

Kennen Sie das auch?

Als wenn ich in meinem 12-Stunden-Tag noch nicht genügend zu tun hätte – jetzt soll ich also auch noch bei XING, Facebook und wer weiß was aktiv werden? Haben die Leute keine anderen Probleme, als sich den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu hocken? Das ist doch reine Zeitverschwendung!

Das Internet bietet jede Gelegenheit zur Zeitverschwendung. Hier noch schnell eine E-Mail beantwortet, dort kurz per Skype gechattet, in Facebook „mal eben“ geschaut, was es neues gibt – und schon ist wieder eine Viertelstunde Lebens- und Arbeitszeit vorbei. Kein Wunder, dass gerade Selbständige und Unternehmer stöhnen – Zeit ist ihr kostbarstes Gut; vor allem, wenn sie so schnell zwischen den Fingern zerrinnt wie im WWW.

Besonders die sozialen Netzwerke, wie XING, Facebook, LinkedIn, Pinterest und wie sie alle heißen, sind echte Zeitfresser. Schließlich gibt es ständig etwas Neues zu entdecken, Kontakte zu knüpfen, Nachrichten auszutauschen, lustige Bildchen weiterzuleiten, Videos zu schauen und so weiter und so fort. Doch die Social Media Kanäle lassen sich auch gewinnbringend einsetzen - beispielsweise zur Akquise von Neukunden. Wie es gelingt, effektiv und zugleich zeitsparend im sozialen Web mitzumischen, soll dieser Beitrag zeigen.

Was wir von den Heinzelmännchen lernen können

Im Märchen der Gebrüder Grimm kommen die Heinzelmännchen in der tiefen Nacht, um die Schuhe des armen Schusters in Windeseile fertig zu stellen. Davon lässt sich durchaus etwas lernen: Konsequent eingehaltene, günstig gewählte Zeitfenster tragen viel zum effektiven Arbeiten bei.

Auch beim Zeiteinsatz in der Akquise besteht eine sinnvolle Strategie darin, die Aktivitäten auf feste (Uhr-) Zeiten zu begrenzen. Zum genauen Umfang kann und möchte ich Ihnen keine Vorgabe machen; Ihre Ziele und Akquise-Bedingungen werden sich je nach Branche und Kundenfokus sehr deutlich unterscheiden. Doch gleichmäßige, kleine Zeitfenster, über die Woche verteilt, sind in der Regel wesentlich effektiver als die permanente Berieselung der unterschiedlichen Kanäle.

Verabschieden Sie sich vom „aktionsgebundenen“ Denken, wenden Sie sich dem beziehungsorientierten Denken zu. Versorgen Sie das Netz mit neuem Input und reagieren Sie bei der zunächst eingeplanten Gelegenheit auf das vorhandene Feedback. Meiner Erfahrung nach macht es gerade für kleine und mittelständische Unternehmen wenig Sinn, sich „den ganzen Tag“ mit den sozialen Netzwerken zu beschäftigen.

Beim Vergleich mit den Heinzelmännchen geht es mir nicht darum, dass Sie die Nacht durcharbeiten, sondern um die regelmäßige Beteiligung und das „Wegschaffen“ des vom Schuster bereitgelegten Leders. Ob für Sie die frühen Morgenstunden oder der ruhige Feierabend die ideale Zeit des Tages sind, müssen Sie selbst entscheiden – möglicherweise sogar beides. Doch in jedem Fall sollten Sie sich einen festen Zeitplan zurechtlegen.

Nicht nur das Zeitfenster, auch die Schnelligkeit in der Bearbeitung von Anfragen ist wichtig, damit es nicht zu Frust kommt. Wenn Sie erst mühsam den Rechner hochfahren, Ihr abgestürztes Windows und den Browser neu starten, sich dann das Passwort raussuchen müssen, um nach zehn Minuten das erste Zeichen Ihrer Nachricht eingeben zu können, führt dies unweigerlich zu unguten Gefühlen. Effektiv in die Akquise starten werden Sie erst, wenn Ihnen die Bedienung der Internet-Anwendungen so leicht von der Hand geht wie Autofahren (über das Sie, während Sie unterwegs sind, ja auch nicht aktiv nachdenken).

Die Kunst der Online-Akquise liegt nicht in der Bedienung der Technik!

Dazu hilft vielleicht ein Vergleich: Wie haben Sie Autofahren gelernt? Natürlich – in der Fahrschule! Ein sicherer Fahrer oder eine sichere Fahrerin wurden Sie dann durch die anschließende Fahrpraxis. Das lässt sich übertragen: Nur durch Anleitung von anderen Anwendern, etwa in einem XING-Seminar oder in einer Facebook-Schulung, sowie durch regelmäßige Übung werden Sie die Funktionen „im Schlaf“ beherrschen und können sich auf das Wesentliche konzentrieren – und das sind die Inhalte. Die Kunst in der Online-Akquise liegt nicht in der Bedienung der Technik, sondern in der gezielten Auswahl und Ansprache potenzieller Kunden. Leider stehen sich die Anwender häufig mit uneffektiver Nutzung der Werkzeuge im Weg, frei nach dem Motto: „Für einen Hammer ist jede Schraube ein Nagel!“

Tipp: Textbausteine nutzen

Kurzer Exkurs in diesem Zusammenhang: Es gibt zahlreiche Software-Programme, wie PhraseExpress oder TextExpander, mit denen Sie Textbausteine definieren und über kurze Buchstabenkombinationen aufrufen können. Wenn Sie dazu kein zusätzliches Programm installieren wollen, können Sie auch die Word-Signaturverwaltung zweckentfremden.

Aus „MfG" wird bei mir in Sekunden „Mit freundlichen Grüßen“, aus „SIG“ macht die Software meine vollständige Signatur, die ich mit nur drei Buchstaben in jeder Nachricht, in jedem Textfeld und in jeder Anwendung hinzufügen kann. Das gleiche funktioniert auch mit Textbausteinen, die zur Akquise angelegt sind, so dass Sie die Geschwindigkeit beim Schreiben und beim Antworten deutlich erhöhen können.

Doch Vorsicht: „Automatisierte Ansprachen“ ohne Bezug auf Ihren Gesprächspartner gehen schnell nach hinten los. Nutzen Sie die Textbausteine nur mit Bedacht und wo es sinnvoll erscheint. Mehr dazu nach der Zwischenüberschrift ...

Die zehn schlechtesten Gründe für eine Kontaktaufnahme bei XING

Mit dieser Überschrift habe ich einen Artikel in unserem Agenturblog betitelt, der bereits für viele positive Reaktionen gesorgt hat. Ich zeige darin, mit welchen „dämlichen“ Begründungen mich andere XING-Nutzer als Kontakt hinzufügen wollen.

Eine dieser hohlen Floskeln lautet: „Vielleicht ergeben sich einmal wertvolle Synergien.“ Wer kann zu einer solchen Kontaktanfrage schon nein sagen? Ich bestimmt, denn hier geht es nicht um mich, sondern ums Kontakte sammeln und plumpe Akquise. Das ist genau wie in der Call-Center-Branche oder der Klinkenputzer-Gemeinde – unnötig, überflüssig und reine Zeitverschwendung. Im Social Web geht es um die soziale Komponente, das Miteinander und den Austausch. Ums „Verkaufen, verkaufen, verkaufen“ geht es nicht!

Hier ein aktuelles Beispiel, eine Nachricht, die heute per XING reingetrudelt ist:

Sehr geehrter Herr Kilian,
ich konnte gerade feststellen, dass Sie auf der Suche nach neuen Kontakten und Ideen im Marketingbereich sind. Ich hoffe, Ihnen hier etwas Besonderes anbieten zu können. Die ECO USB Card ist ein USB-Flashspeicher in der Form und Grösse einer Kreditkarte. Das Speichermedium enthält keine Gefahrenstoffe und auch seine Herstellung verläuft völlig frei von Schwermetallen (RoHS-zertifiziert). In der Produktion entsteht 50% weniger CO2 als bei Polypropylen. Ich würde mich freuen, Ihnen bei Bedarf ein konkretes Angebot unterbreiten zu dürfen.

Zunächst einmal Chapeau, dass die Dame eine persönliche Anrede hinbekommen hat. Kein Witz! Viele solcher Nachrichten wenden sich an die „Sehr geehrten Damen und Herren“, was bei einem persönlichen XING- oder Facebook-Profil (bei dem mein Name sich nur schwer verheimlichen lässt) schon ziemlich merkwürdig erscheint. Nun gut, erste Hürde überstanden. Auch der Betreff „Kurz nachgefragt“ klingt zunächst interessant. Doch das erste Wort in der Nachricht zeigt schon, worum es geht: „Ich“. Also nicht um mich. Eigentlich bräuchte ich an dieser Stelle gar nicht weiterzulesen. Ich bin gar nicht auf der Suche nach „neuen Kontakten und Ideen im Marketingbereich“. Und schon gar nicht in Form einer ECO USB Card, die RoHS-zertifiziert mit weniger Polypropylen auskommt. Nicht zu vergessen, dass die Abschlussformel wieder sehr geschwollen klingt („würde mich freuen, unterbreiten zu dürfen“) und damit nicht XING-tauglich ist. Uff.

Besser machen, statt nur zu meckern, ist meine Devise. Die wichtigsten drei Aspekte, die Sie in der Kontaktaufnahme beachten sollten:

  • Im Gegenüber einen echten Menschen sehen, kein Akquise-Opfer.

  • Persönlich, konkret und sympathisch texten.

  • Auf PR-Blabla und Werbesprache komplett verzichten.

Unter dieser Prämisse wäre die oben zitierte Nachricht vielleicht in dieser Form in meinem Postfach gelandet:

Hallo Herr Kilian,
Ihre Aussage „Marketing jenseits der üblichen Werbelangeweile“ hat mich sehr angesprochen. Als Anbieter für besondere Werbemittel haben wir vor einiger Zeit ein Blog gestartet, in dem wir neben Tipps und Tricks zur Neukunden-Gewinnung auch Best-Practice-Beispiele von außergewöhnlichen Mailing-Aktionen vorstellen. Hier könnte der Beitrag ... für Sie besonders interessant sein. Lassen Sie uns doch einmal telefonieren, um über Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zu sprechen. Ich habe Ihnen dafür bereits meine Kontaktdaten freigeschaltet – gegen eine direkte Vernetzung hätte ich ebenfalls nichts einzuwenden! ;-)
Beste Grüße nach Löhne, ...

Natürlich lässt sich vortrefflich streiten, ob dieser oder jener Satz genau so formuliert sein sollte oder ob es auch anders ginge. Es geht mir nicht um Formulierungen, sondern um eine Grundhaltung: „Ihre“ ist das erste Wort – es geht um den Adressaten, nicht um den Verkäufer. Ein direkter Bezug zum XING-Profil ist schnell hergestellt (einfacher geht es doch heute gar nicht mehr!) und die persönliche Vorstellung (Anbieter für ...) ist mit einem Mehrwert verbunden. Best-Practice-Beispiele sind für jeden spannend, vor allem wenn ein passender Beitrag direkt verlinkt ist. Der Abschluss ist sympathisch, offen und trotzdem handlungsorientiert – Fachleute nennen dies „Call to Action“ und erzielen durch die Strategie des nächsten Schritts eine viel bessere Rücklaufquote. Auf welche der beiden Varianten wären Sie eher angesprungen?

Drücken oder ziehen? Kommt immer auf die Tür an!

Kennen Sie das auch? Sie wollen bei einem Kunden oder im Restaurant durch die Tür gehen und wissen nicht, ob Sie drücken oder ziehen sollen? Ohne Hinweisschild hilft nur ausprobieren. Das gilt auch für die Akquise.

Drücken:
Meiner Erfahrung nach funktioniert die aktive Ansprache über die sozialen Netzwerke sehr gut, sofern Sie „den richtigen Ton treffen“ und sich Zeit für die Auswahl der passenden Personen nehmen. Es gibt keinen Königsweg, aber mit den oben geschilderten Tipps ist der erste Schritt getan. Bitte reißen Sie das zarte Band nicht dadurch wieder ein, dass Sie im nächsten Schritt ungefragt Newsletter oder Einladungen zu Webinaren (online-basierte Präsentationen) an Ihre neuen Kontakte verschicken. Bauen Sie langsam eine echte Beziehung auf und pflegen Sie den Kontakt.

Besonders empfehlenswert ist es, den Austausch von der virtuellen Ebene auch in die reale Welt zu übertragen. Bei einer Tasse Kaffee auf der Durchreise habe ich schon viele Online-Beziehungen vertiefen können, was in manchen Fällen dann auch zum Auftrag führt.

Ziehen:

Kommen wir zur zweiten Alternative: Dem „Ziehen“ oder dem Sog-Effekt. Es ist die weitaus angenehmere Variante, von Interessenten direkt angesprochen zu werden. Dies gelingt allerdings nicht von heute auf morgen, sondern ist ein längerer Prozess. An seinem Beginn das Wort „Mehrwert“.

Das Soziale Web erlaubt es heute jedem, Mehrwerte zu entwickeln und online bereit zu stellen.

Schaffen Sie Informationen, Anleitungen, Hilfestellungen, nützliche Tipps oder einfach nur interessante Neuigkeiten, die Sie zum Experten oder Ansprechpartner für ein bestimmtes Thema machen. Vielleicht können Sie besonders gut PHP programmieren und stellen Ihr Wissen in einem Forum zur Verfügung. Vielleicht haben Sie die größte Zierfisch-Sammlung der Welt im heimischen Aquarium-Paradies und richten eine Informationsseite ein. Möglicherweise haben Sie bereits Erfahrung als Hobbyfilmer und erstellen einen regelmäßigen Videocast, in dem Sie auf Youtube bestimmte Themen kommentieren. Die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit erlauben jedem, Mehrwerte zu entwickeln und online bereitzustellen. Im Laufe der Zeit werden Sie eine Reputation für ein bestimmtes Fachgebiet aufgebaut haben und automatisch Empfehlungen und Anfragen erhalten.

Selbst wenn Sie keine eigenen Ideen für Mehrwerte haben, können Sie ein „Hub“ aufbauen. Das ist ein Knotenpunkt, der Informationen bündelt und weiterleitet. Das Internet bietet eine Fülle von nützlichen Informationen zu den unterschiedlichsten Themengebieten, und auch das Auswerten, Auswählen und Sammeln ist eine Leistung, die andere honorieren, wenn sie gut erbracht wird. Sie können also selbst mit fremden Beiträgen zum Experten werden - jemand, der alle Links über Zierfische gesammelt hat, Videocaster interviewt oder PHP-Foren empfehlen kann.

Nutzen Sie das vorhandene Material und probieren Sie die Mehrwert-Strategie einfach aus. Einem Handball-Fan hat der Tipp über einen gut geschriebenen Artikel im Sportmagazin so gut gefallen, dass er sich überschwänglich bedankt. Ein unerwarteter Gruß zum Geburtstag ist einem Kontakt „besonders im Gedächtnis geblieben“. Der Anruf vor einem geplanten Urlaub mit guten Wünschen für die Reise kann ebenfalls als Aufhänger dienen. Sie merken schon, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Dieses Vorgehen klingt in manchen Ohren vielleicht noch mehr nach verschwendeter Zeit. Es ist etwas anderes: Investierte Zeit. Die Investition macht sich freilich nur dann bezahlt, wenn Sie die nötige Beharrlichkeit aufbringen.

Zeitverschwendung vs. Effektivität

Fassen wir die Erkenntnisse des Beitrags noch einmal kurz zusammen:

  • Da im Internet die „Zeitdiebe“ lauern, sollten Sie die Akquise auf feste Uhrzeiten begrenzen; regelmäßige Aktivitäten sorgfältig einplanen.

  • Die Bedienung der Online-Werkzeuge müssen Sie im Schlaf beherrschen, um effektiv in die Akquise zu starten.

  • Textbausteine eignen sich – sofern mit Bedacht eingesetzt –, um die Geschwindigkeit in der Kommunikation zu erhöhen.

  • Im Social Web geht es um den Dialog auf Augenhöhe, nicht ums reine Verkaufen. Echte Beziehungen stehen an erster Stelle!

  • Pflegen Sie Ihre Kontakte – auch auf der persönlichen Ebene.

  • Der Aufbau einer digitalen Reputation kostet Zeit, doch selbst mit fremden Inhalten gelingt der Brückenschlag – es zählen vor allem die Mehrwerte für den Empfänger.

Noch ein Tipp zum Schluss: Viele lesen solche Tipps und sagen „Aha”, „Ja genau!” oder „Ach so!”. Dann schließen sie das Browserfenster und gehen über zum nächsten Thema.

Das echte Geheimnis in der Akquise liegt aber im langen Atem und vor allem im Machen. Wenn Sie in dieser Hinsicht nicht aktiv werden, sind XING, Facebook & Co. tatsächlich reine Zeitverschwendung.