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Selbstständige als soziale Kostgänger, die sich erst vor der Vorsorge drücken und dann im Alter der Gesellschaft auf der Tasche liegen - Ministerin von der Leyen arbeitet mit groben Unterstellungen, wenn sie die geplante Zwangs-Altersvorsorge begründet. Auch wenn ihr Haus angeblich keine Zahlen besitzt, die diese Behauptungen untermauern.
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Doch solche Zahlen gibt es sehr wohl aus dem Arbeitsministerium - sie passen nur nicht zur Kampagne gegen Selbstständige. Die realen Zahlen verweisen darauf, dass eine ganz andere soziale Gruppe im Alter den Steuerbürger belastet. Die Selbstständigen selbst sind in Wirklichkeit Nettozahler für die Altersvorsorge anderer.
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Wilde Behauptungen - und dann keine Zahlen?
Ende Mai 2012 begründete Arbeitsministerin von der Leyen in einem PR-Video den geplanten Rentenvorsorge-Zwang für Selbstständige damit, „dass im Vergleich zu allen anderen sich hier eine Gerechtigkeitslücke auftut. ... Schwierig wird es, wenn eine Gruppe nicht vorsorgt und sich darauf verlässt, dass der Rest sie dann im Alter auffängt. Und deshalb müssen wir, glaube ich, miteinander auch diese Gerechtigkeitsfrage diskutieren.“
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Seltsam ist nur, dass sich ihr Ministerium für außerstande erklärt, diese Behauptung durch konkrete Zahlen zu belegen. Gemäß FAZ vom 24.03.12 wurde die Redaktion schon damals vom Bundesarbeitsministerium wie folgt informiert: "Wesentliches Kennzeichen der Situation ist, dass über die Vorsorgesituation Selbständiger und damit über die zukünftige Versorgung Selbständiger im Alter nur wenig wirklich Belastbares vorliegt." Und die Zeitschrift Impulse erhielt auf Nachfrage zur Antwort: „Genaue Zahlen, so heißt es aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, könne man nicht nennen, das 'Phänomen Selbstständigkeit' sei nicht erfassbar.“
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Das ist schon starker Tobak: Da stellt Ministerin von der Leyen die Selbstständigen an den bundesrepublikanischen Dorfpranger. Diese würden als Rentner der Allgemeinheit auf der Tasche liegen und machten so eine Gerechtigkeitslücke auf. Gegenüber der Presse hat das eigene Ministerium dann angeblich keine Zahlen, weil es sich bei Selbstständigen um ein „Phänomen“ handele.
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Was steckt dahinter? Hier wird in Wirklichkeit eine Kampagne gefahren, die durch konkrete Zahlen über Alterseinkommen offenbart würde. Derartige Zahlen existieren nämlich sehr wohl. Und zwar im umfangreichen „Alterssicherungsbericht“ der Bundesregierung, den das Arbeitsministerium alle vier Jahre selbst herausgibt. Die darin enthaltenen Statistiken legen unter anderem genau dar, welche Erwerbsgruppe im Rentenalter über welche Einkommensquellen wie viel Einkommen erzielt und welche Gruppe in welcher Höhe die Staatskasse mit Transferleistungen belastet.
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Im derzeit aktuellsten „Alterssicherungsbericht 2008“ - der nächste erscheint Ende 2012 – werden in den Tabellen BC.25, BC.26 und BC.27 für Personen über 65 die staatlichen Transferleistungen (Grundsicherung, Sozialhilfe, Wohngeld) sowie die Beamtenversorgung – (als Sondertransferleistung) nach den Gruppen Beamte, Selbstständige und Arbeitnehmer aufgeführt. Aus den Tabellen sind folgende Zahlen zu entnehmen bzw. zu errechnen.
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Untenstehende Zahlen wurden von der Bundesregierung im Alterssicherungsbericht 2008 veröffentlicht oder wurden daraus berechnet. Mit den Berechnungen soll keine Neiddebatte losgetreten werden. Beamte leisten wichtige Arbeit für Deutschland - wie auch Angestellte und Selbständige. Arbeitsministerin Frau von der Leyen verkündet aber, dass es bei Selbständigen eine Gerechtigkeitslücke wegen mangelnder eigener Altersvorsorge gibt. Sie fordert alle auf, "miteinander auch diese Gerechtigkeitsfrage (zu) diskutieren". Dann kommt man leider nicht herum, auch die Zahlen aus ihrem eigenen Haus offenzulegen. Sonst kann man die Gerechtigkeitsfrage bei staatlichen Transferleistungen für die Altersvorsorge nicht diskutieren.
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Tabelle: Ermittlung der staatlichen Transferleistungen für ehemalige Erwerbstätige ab 65 Jahren im Gruppenvergleich (Datenquelle: Alterssicherungsbericht der Bundesregierung 2008, Tabellen BC.25, BC.26 und BC.27)
Beamte |
Selbstständige |
Arbeitnehmer |
|
hochgerechnete Grundgesamtheit Männer & Frauen ab 65 Jahre |
1.028.803 |
1.875.000 |
15.931.000 |
mittleres mtl. Brutto-Alterseinkommen ab 65 Jahre pro Bezieher vor Steuern |
2.851,00 € |
1.566,00 € |
1.325,00 € |
Mindereinkommen ab 65 Jahre gegenüber Beamten in % |
100 % |
55 % |
46 % |
Anteil Bezieher Transferleistung Grundsicherung, Wohngeld, Sozialhilfe in % |
3 % |
4 % |
4 % |
Anteil Bezieher Sondertransferleistung Beamtenversorgung in % |
93 % |
0 % |
0 % |
Transferleistungen je Transferleistungs-Bezieher in € pro Monat |
Beamte |
Selbstständige |
Arbeitnehmer |
Transferleistung Grundsicherung, Wohngeld, Sozialhilfe |
103,00 € |
267,00 € |
175,00 € |
Sonder-Transferleistung Beamtenversorgung |
2.549,00 € |
0,00 € |
0,00 € |
Umrechnung Transferleistungen pro Kopf je Grundgesamtheit |
Beamte |
Selbstständige |
Arbeitnehmer |
mtl. Transferleistung Grundsicherung, Wohngeld, Sozialhilfe |
3,09 € |
10,68 € |
7,00 € |
mtl. Transferleistung Beamtenversorgung |
2.370,57 € |
0,00 € |
0,00 € |
Gesamttransferleistung pro Kopf je Gruppe monatlich |
2.373,66 € |
10,68 € |
7,00 € |
Gesamttransferleistung pro Kopf je Gruppe jährlich |
28.483,92 € |
128,16 € |
84,00 € |
Vielfaches Transferleistung pro Kopf im Vergleich zu Selbstständigen |
222,25 |
1,00 |
0,66 |
Anteil Transferleistungen in % am gesamten Alterseinkommen |
83,26 % |
0,68 % |
0,53 % |
Jährliche Gesamtbelastung Steuerzahler in Milliarden € |
29,304 |
0,240 |
1,338 |
Die Daten im Alterssicherungsbericht 2008 der Bundesregierung ergeben:
Der Anteil bei der Gruppe der (ehemaligen) Selbstständigen, die ab 65 Jahren Transferzahlungen benötigen, liegt mit 4 % gleich hoch wie der bei den früheren Arbeitnehmern. Selbst bei den ehemaligen Beamten ab 65 erhalten ca. 3 % Transferzahlungen wie Wohngeld etc.
Jeder Selbstständige im Ruhestand ab 65 Jahren benötigt im Durchschnitt monatlich ca. 10,68 € staatliche Transferleistungen zur Altersversorgung. Jeder Ex-Arbeitnehmer ab 65 benötigt im Durchschnitt ca. 7,00 € monatlich, damit alle die Grundsicherung erreichen. Und jeder Beamte ab 65 erhält vom Steuerzahler monatlich ca. 2.373,66 € an Transferleistungen.
Die 1,029 Millionen Beamte im Ruhestand ab 65 Jahren belasten den Bürger durch Beamtenversorgung, Wohngeld usw. zusammen jährlich mit 29,3 Milliarden €. Fast doppelt so viele ehmalige Selbstständige ab 65 Jahren - nämlich rund 1,9 Millionen - belasten den Steuerzahler mit nur 240 Millionen € jährlich. Das ist weniger als ein Hundertstel der für Beamte gezahlten Pensions- und Sozialtransfergelder.
Senkt man die Beamtenversorgung nur um ein Prozent ab, könnten damit sämtliche Transferleistungen für fast doppelt soviele Selbstständige ab 65 Jahren bezahlt werden. Zusätzlich blieben noch viele Millionen Euro übrig.
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Im Durchschnitt kostet ein Beamter ab 65 Jahren den Steuerzahler das 222-fache der Alterstransferleistungen, die ein Selbstständiger ab 65 Jahren benötigt.
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Fakt 1: Selbstständige sind Nettozahler, Politiker und Beamte Empfänger von Alters-Transferleistungen
Die Selbstständigen in Deutschland sind die Nettozahler für die Altersversorgung nicht nur der Selbstständigen, sondern auch für Politiker, Beamte und Arbeitnehmer im Ruhestand. Durchschnittlich erhält jeder der 1,875 Millionen Selbständigen ab 65 ca. 10,68 € staatliche Transferzahlungen. Vergleichsweise ist das ein Klacks zu dem, was im Schnitt jeder der 4,3 Millionen aktiven Selbstständigen pro Kopf an höheren Einkommensteuerabgaben leisten, wenn man diese mit der Steuerleistung der Gehaltsempfänger vergleicht.
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Außerdem müsste man bei dieser Vergleichsrechnung eigentlich nicht nur die Einkommensteuer betrachten. Dazu kommen bei Selbständigen noch Steuern wie Gewerbesteuer oder Mehrwertsteuer. Gerade bei Solo-Selbstständigen ohne Beschäftigte werden diese Steuern nur durch eigene Arbeitsleistung für die öffentlichen Kassen erbracht.
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Hier betrachten wir nur den Einkommenssteuervergleich. In einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vom 25.01.2012 mit dem Titel „Selbstständigkeit in Deutschland: Der Trend zeigt seit langem nach oben“ wurden die Zahlen des Mikrozensus des Statistischen Bundesamts ausgewertet. Beim Einkommensvergleich liegt demnach der Anteil der Geringverdiener bis 1.100 € monatlich:
bei der Gruppe der abhängig Beschäftigten (Angestellte, Arbeiter und Beamte) „sehr viel höher ... nämlich bei 34 %“
als bei den Selbstständigen in dieser Gehaltsgruppe mit 26,8 %.
Zusätzlich ermittelte die Studie:
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Gleichzeitig wird auch deutlich, dass ein sehr viel höherer Anteil der Selbstständigen, nämlich knapp 37 % ein Einkommen von mehr als 2.300 € pro Monat hat, verglichen mit rund 17 % der abhängig Beschäftigten.
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Dabei müssten die 4,3 Millionen Selbstständigen gegenüber der Gruppe abhängig Beschäftigter nur ein monatliches Mehreinkommen von ca. 18,63 € pro Kopf erzielen, um (bei angenommenen durchschnittlichen Einkommenssteuersatz von 25%) über staatliche Steuermehreinnahmen die Gegenfinanzierung für die 10,68 € monatlichen Transferzuschuss je Selbstständigen ab 65 Jahren zu leisten. Und das funktioniert bereits alles problemlos ohne den geplanten Altersvorsorgezwang für Selbständige.
Die durchschnittliche Einkommensdifferenz zwischen Selbständigen und Arbeitnehmern liegt in Wirklichkeit jedoch um ein Vielfaches höher als 18,63 € monatlich. Wegen dieser höheren Steuerabgaben ist die Gruppe der Selbständigen de facto Nettozahler für an Beamte und Arbeitnehmer im Ruhestand zu leistende Transferzahlungen.
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Fakt 2: Die „Zwangskollektivierung“ in die Altersvorsorge wird die Existenz Hunderttausender Selbstständiger vernichten
Die geplante Zwangskollektivierung der Selbstständigen in das Altersvorsorge-System – um nichts anderes handelt es sich bei der geplanten Pflicht-Altersvorsorge - wird zwangsläufig zur Vernichtung der Existenz Hunderttausender Selbstständiger führen. Umso erstaunlicher ist, dass diese Pläne vom Grundsatz her von allen Parteien im Bundestag unterstützt werden - nicht nur von der Regierungskoalition CDU/CSU/FDP, sondern auch – von der LINKEN, über Grüne und SPD. Seit Einführung des Rentensystems im 19. Jahrhundert hat es bisher in Deutschland eine Zwangsvorsorge für alle Selbständigen nur in der DDR gegeben. Von Walter Ulbricht 1955 eingeführt wurde das 1990 unter Helmut Kohl nach der Wiedervereinigung wieder abgeschafft.
Einem nackten Mann kann man leider nicht in die Tasche greifen - dieser Grundsatz gilt auch für die von der Bundesregierung geplanten Zwangsvorsorgebeiträge. Eine Zwangsaltersvorsorge für Selbstständige verfehlt daher auf jeden Fall das proklamierte Ziel, Altersarmut für Selbstständige zu vermeiden. Denn der relative kleine Armutsanteil unter den Selbstständigen wird über Zwangsbeiträge nicht vor Altersarmut bewahrt, sondern aus der Selbstständigkeit getrieben und fällt dann als Hartz IV Zuschussempfänger dem Steuerzahler dann voll zur Last.
Und mit Hartz IV baut sich seit dem 01.01.2012 keiner mehr nur einen Cent Altersvorsorge auf. Die bis 31.12.2010 noch geleisteten Rentenbeitragszahlungen für ALG II-Empfänger wurden nämlich zum 01.01.2011 gestrichen: Ministerin von der Leyen und Mitstreiter erwiesen sich hier als engagierte Kämpfer für mehr Altersarmut in Deutschland. Man schaffte einfach die bisher in § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI geregelten Renteneinzahlungen für Hartz IV-Empfänger in Höhe von 40,80 € monatlich ab (mehr zum Hintergrund findet sich bei Rechtsanwalt Peter Deutschmann). Das bringt den Betroffenen nicht nur Einbußen bei der Altersrente. Bei vielen sorgt es auch dafür, dass Erwerbsminderungsrenten und medizinische sowie berufliche Reha-Maßnahmen entfallen oder eingeschränkt wurden.
Von dieser Armutsgruppe unter den Selbstständigen kann weder die Deutsche Rentenversicherung noch die Finanzbranche mit ihren Vorsorgeprodukten einen einzigen Cent erwarten. Im Gegenteil: Selbstständige mit geringem Einkommen, denen die zusätzliche Belastung mit Rentenzwangsbeiträgen von Frau von der Leyen und Kollegen die Existenzsicherung kaputt machen wird, fallen dem Steuerzahler dann nicht erst im Alter durch Grundsicherung sondern schon gleich jetzt in Form von Hartz IV-Leistungen vemehrt auf die Tasche.
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Und warum das Ganze?
Die Vernichtung selbstständiger Existenzen im Bereich der Niedrigeinkommen ist offenbar kein Versehen der Bundesregierung, sondern Programm. Das von der Bundesregierung finanzierte Bonner Institut für Mittelstandsforschung veröffentlichte im November 2011 die Studie „Selbstständige in der Grundsicherung“. Dort stellt man zu den 125.000 selbstständigen Aufstockern auf S. 36 f. fest: „Durch das Außerkraftsetzen eines betriebswirtschaftlich gebotenen Marktaustritts wird der Strukturwandel gebremst“. Wegen „des Substitutionseffekts und der möglichen Schaffung von Marktaustrittbarrieren“ sei „eine dauerhafte bzw. langfristige Unterstützung von Selbstständigen in der Grundsicherung volkswirtschaftlich nicht wünschenswert.“
Für diese Sichtweise ist offenbar ohne Belang, dass das Zehnfache an Hartz IV-Aufstockern - sehr häufig zu Niedrigstlöhnen - bei den besser verdienenden mittelständischen Betrieben unselbständig beschäftigt werden - ebenfalls indirekt subventioniert durch Hartz iV. Sollten die zweifelhaften, weil rein theoretisch abgeleiteten Aussagen der Studie tatsächlich stimmen, müsste genauso für diese zehnfach größere Gruppe von Arbeitnehmern als Aufstocker gelten, dass sie für die Volkswirtschaft "schädlich" sind. Diese Gruppe bleibt aber gänzlich außen vor - nur die Selbständigen mit Grundsicherungszuschuss gelten als Volks(wirtschafts)schädlinge. Das passt zu anderen Maßnahmen rund um die „Förderung“ von Selbstständigen:
Bereits zum 01.01.2006 wurden nach Eintritt der CDU in die große Koalition ab Herbst 2005 gemäß Koalitionsvertrag die erfolgreiche Ich-AG-Förderung der rot-grün Regierung gestrichen, die besonders für Gründer aus Arbeitslosigkeit mit niedrigem Arbeitslosengeld I angedacht war. Auch den Förderetat mit Einstiegsgeld für Gründungen aus Hartz IV hat man von 2007 bis heute massiv reduziert.
Zum 1. Januar 2012 folgte dann durch schwarz-gelb die Streichung eines wesentlichen Teils des Gründungszuschusses um eine Milliarde durch Kürzungen am Programm und durch Streichung des Budgets der Arbeitsämter für diese Maßnahme - trotz guter Kassenlage. Damit unterbleiben nach Schätzungen des DIW rund 50.000 Gründungen jährlich - eine halbe Großstadt.
Und jetzt drohen den Selbständigen die Vorsorgepflichtbeiträge an die Finanzbranche oder die Rentenkasse.
So versperrt man hungrigen Selbstständigen den Zugang zu den Futterstellen am Markt und schützt den etablierteren Mittelstand vor der Konkurrenz, der eher zum Wählerkreis von schwarz-gelb gehört als Kleinselbständige. Dass dann gleichzeitig die Zahl – wohlgemerkt nicht selbstständiger - Hartz IV Empfänger wächst, ist für ein Umfeld durchaus attraktiv, das mit Niedriglöhnen kalkuliert.
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Was hinter den Pläne zur Zwangsvorsorge für Selbstständige steckt
Selbstständige benötigen im Rentenalter ab 65 Jahren pro Kopf nur einen Minibetrag von etwa 10,68 € monatlich an Staatstransferzahlungen. Berücksichtigt man, dass die Selbstständigen im Erwerbsalters höhere Einkommensteuern zahlen, ergibt sich nicht nur eine Vollfinanzierung des gesamten Transferzahlungsbedarfs Selbständiger im Alter. Nebenbei sind sie auch noch Nettozahler für die Altersbezüge der Beamten (einschließlich der Polit-Prominenz a. D.) oder für die Renten der Arbeitnehmer.
Der geplante Vorsorge-Zwang für Selbstständige kann dort vorhandene Vorsorgedefizite nicht beseitigen. Erwerbstätige an der Armutsgrenze können schlicht nicht vorsorgen. Das ist auch den Rentenexperten im Bundesarbeitsministerium bekannt.
Wozu dient also der angebliche Kampf gegen die Altersarmut von Ministerin von der Leyen, die ohne Zahlen vorzulegen Selbstständigen unterstellt, mangels eigener Vorsorge im Alter die Allgemeinheit auszubeuten, weshalb sie jetzt diese Gerechtigkeitslücke schließen muss?
Die Antwort ist einfach: Alle Selbstständigen der Rentenzwangsvorsorge zu unterwerfen, bringt als Beute jede Menge neues Beitrags-Melkvieh bei den Selbstständigen mit höherem Einkommen. Mit einem angeblichen "Kampf gegen die Altersarmut" hat das nichts zu tun. Altersarmut bei Selbstständigen wird definitiv nicht dadurch abgeschafft, dass durch Zwangsvorsorgebeiträge jetzt noch mehr Hartz IV-Empfänger produziert werden, denen Frau von der Leyen ab 2011 sämtliche Rentenbeiträge gestrichen hat.
Die besser verdienenden Selbstständigen – und das ist die Mehrheit - sorgen zwar selbst ausreichend fürs Alter vor. Aber eben meist nicht, indem sie in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen oder sich die Finanzprodukte der politisch protegierten Finanzbranche aufschwatzen lassen, wie die meist vermiedene Rürup-Rente. Aber wenn sie nicht wollen, müssen sie halt: Durch einen Koalitionskompromiss dürfen sich nun beide gesetzlich sanktionierten Rentenbeitragszahlungsempfänger die Beute teilen, die gesetzliche Rentenversicherung eher dank der CDU, die Finanzbranche vor allem durch das Engagement vor FDP und CSU.
Die Beute ist erheblich. Das zeigt folgendes Rechenbeispiel: Wenn die Zwangszahlungen - wie zu vermuten - bei durchschnittlich 300 € monatlich pro Kopf liegen, wirft jede Million zusätzlich „zwangskollektivierter“ Selbstständiger 3,6 Milliarden € pro Jahr ab. Ein zur Vorsorge nach Vorschrift gezwungener 26-jähriger Selbstständiger wird bis zum Pensionsalter von 67 Jahren über 40 Jahre eine Summe von 3.600 € pro Jahr ins System einzahlen müssen. Damit nimmt man ihm insgesamt 144.000 € an Investitions- und Vorsorgekapital, Finanzkraft, wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit, Kreditwürdigkeit, Erbmasse, usw.
Neue, zwangsverpflichtete Selbstständige sind zugleich ideales Frischfutter für die Vorsorge-Mühlen. Das gilt speziell für alle im Alter bis 30 Jahre, die nach den Vorstellungen von Ministerin von der Leyen besonders rigide behandelt werden sollen: Bei diesen Neuzugängen braucht man nämlich die nächsten Jahrzehnte nur die Milliarden abzukassieren - ohne einen einzigen Cent als Gegenleistung auszahlen zu müssen.
Die deutsche Rentenversicherung leitet die zusätzlichen Einzahlungen sofort an die Rentner von heute weiter - sie sind für die Frischlinge unter den Einzahlern längst verbrannt. Hier bildet man schon lange nicht mehr - wie noch in den 1950er Jahren - langfristige Vorsorgerücklagen. Längst sind die Renten reine Zukunftsversprechen für zukünftige Jahrzehnte - ohne Kapitalrücklage für die einzahlende Generation wie beispielsweise bei den Vorsorgesystemen der Schweiz oder Norwegens. Und das alles vor einem düsteren demografischen und weltwirtschaftlichen Hintergrund.
Bei den Finanzprodukten nach Alterszertifizierungsgesetz, also Rürup, Riester & Co., werden von der Branche dagegen zunächst die Einzahlungen der ersten Jahre als Vermittlungsprovisionen einbehalten. Danach wird das eingezahlte Portfolio mit weiteren Verwaltungsgebühren, versicherungsmathematischen Langlebigkeits-Risikoabzügen etc. mehr belastet. Für aktuelle Riesterverträge als alterszertifizierte Banksterprodukte wurden per Pressemitteilung des DIW jüngst die Ergebnisse einer dortigen Studie festgestellt:
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Eine 35-jährige Frau, die heute einen Riestervertrag abschließt, muss - wird die Rendite auf die garantierte Rentenleistung und Überschüsse bezogen - mindestens 77 Jahre alt werden, um allein das herauszubekommen, was sie selbst eingezahlt und was sie an Zulagen vom Staat erhalten hat. Möchte diese Frau auch einen Inflationsausgleich und höhere Zinsen erwirtschaften, müsste sie sogar ihren 109. Geburtstag erleben.
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Ähnliches dürfte auch für zertifizierte Rürup-Produkte gelten, die praktischerweise meist unkündbar sind. Auf Zukunftsrisiken angesichts des Euros als Gemeinschaftswährung ohne Gemeinschaftsfinanzpolitik, auf drohende Staats-, Bank- und Versicherungsinsolvenzen einschließlich des die jeweilige Rürup-Rente garantierenden Instituts kann der Selbstständige nicht mehr reagieren.
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Die wahren Kostgänger: Wer sich seine Altersversorgung wirklich von Transferleistungen bezahlen lässt
Erinnern wir uns noch einmal daran, was Arbeitsministerin von der Leyen in ihrem PR-Video erklärte, nämlich
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„dass im Vergleich zu allen anderen sich hier eine Gerechtigkeitslücke auftut. ... Schwierig wird es, wenn eine Gruppe nicht vorsorgt und sich darauf verlässt, dass der Rest sie dann im Alter auffängt. Und deshalb müssen wir, glaube ich, miteinander auch diese Gerechtigkeitsfrage diskutieren“.
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Um wen geht es da nun wirklich? Ist das eine selbstkritische Aussage der Frau von der Leyen, weil sie selbst ja Teil der Gruppe ist, die grundsätzlich „nicht vorsorgt“ und dafür im Alter satte Ruhestandsbezüge erhält? Schließlich wird ihr bereits nach vier Jahren Ministeramt ein lebenslanges Altersruhegehalt von 3.567 € garantiert - ohne dass sie aus ihren einträglichen Ministerbezügen dafür nur einen einzigen Cent in ein Altersvorsorgesystem einzahlen müsste. Schon nach 4 Jahren liegt sie rund 300 % über dem Pro-Kopf-Alterseinkommen für ein ganzes Arbeitsleben eines früheren Arbeitnehmers. Mit einem Ruhegehalt, das voll vom Steuerzahler erbracht wird.
Nicht nur sie, auch ihre Ministerkollegen und die Bundestagsabgeordneten, die den Selbständigen die Zwangsvorsorge bei Allianz und Deutsche Bank aufs Auge drücken wollen, gehören zur Gruppe, die „nicht vorsorgt und sich darauf verlässt, dass der Rest sie dann im Alter auffängt“, weil ihre Ruhegehälter grundsätzlich zu 100% über staatliche Transferleistungen finanziert werden. Das Parlament genehmigte sich 2011 bis 2012 zwei weitere Diätenerhöhungen um insgesamt 584 € monatlich, die auch die Ruhegehälter entsprechend steigen lässt. Und im Mai 2012 beschloss die Bundesregierung, sich rückwirkend ab März 2012 die Bezüge um 5,7% zu erhöhen, was bis bis 2013 reichen soll. Auch hier kämpft das Kabinett gegen die drohende Altersarmut - die aktuellen Bezüge sind schließlich Berechnungsgrundlage für das spätere Ruhegehalt der Minister. Bereits 200.000 € „Ehrensold“ jährlich erhält Christian Wulff (CDU) für seine besonderen Verdienste in seiner kurzen Amtszeit als Bundespräsident. Und Finanzminister a. D. Hans Eichel (SPD) war seine Ministerpension von 7.144 € monatlich zu dürftig und klagte bis zum Bundesverwaltungsgericht.
Parallel rollt die Beamtenpensions-Lawine heran. Von 2008 bis 2018 dürften sich die Pensionsausgaben für Beamte um 40% erhöhen. Das sind über 11 Milliarden € mehr pro Jahr als bisher. Somit steigt allein von 2008 bis 2018 die jährliche Kostenlast durch Beamtenpensionen zusätzlich (!) um das 40fache dessen, was in 2008 alle Selbständigen ab 65 insgesamt an Alterstransferzahlungen benötigten. Gemäß Studie wird 2018 dann jeder der 35 Millionen Einkommensteuerzahler durchschnittlich 1.172 € Steuern jährlich nur für Beamtenpensionen zahlen müssen. Im Jahr 2008 waren es erst 837 €. Die Alterstransfers für Selbständige ab 65 kosten die Einkommensteuerzahler pro Kopf und Jahr dagegen nur 6,86 €. Wobei die Selbständigen diese Transferkosten wegen überdurchschnittlicher Einkommensteuerzahlungen als Erwerbstätige selbst weit mehr als tragen.
Eine Studie von Prof. Dr. Winfried Fuest vom August 2008 ergab, dass seit Mitte der 1990er Jahre die Standard- oder Eckrente zwar nur um 11,15 % gestiegen war, die durchschnittliche Versorgungsbezüge pensionierter Beamter dagegen um fast 33% zunahmen. Man kann daher Ministerin von der Leyen nur zustimmen, dass wir „miteinander auch diese Gerechtigkeitsfrage diskutieren (müssen)“.
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Zum Weiterlesen:
Zwangs-Altersvorsorge für Selbstständige? Das hatten wir doch schon mal! - ein Kommentar von Dietrich von Hase
Riester-Rente: Die Wahrheit über die Rendite - Anmerkungen von Stefan Kuntz