Bewerbung mit "Handicap"

(Sehr) Schwieriger Lebenslauf - Lebenslauf mit Brüchen

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(Sehr) Schwieriger Lebenslauf - Lebenslauf mit Brüchen

Abgebrochene Ausbildungen, häufige Stellenwechsel, Krankheiten und familienbedingte Karriereknicks sind bei genauer Betrachtung menschlich. Wir alle machen uns zu selten bewusst, dass in den Medien, die uns glückliche Kleinfamilien, erfolgreiche Manager, Super-Mütter, Bilderbuchgroßeltern und manche anderen vorbildlichen Zeitgenossen präsentieren, Schauspieler auftreten.

Es ist nicht so, dass alle erfolgreichen Menschen Ihre Karriere mit guten Schulzeugnissen begonnen hätten. Gerade Brüche in der eigenen Biografie, Ereignisse, die den erwarteten Lauf der Dinge plötzlich unterbrechen, sind manchmal schwer zu verkraften und führen am Ende doch auf wundersamen Wegen weiter, wenn man dran bleibt. Rainer Maria Rilke wird zitiert, dass die Dämonen in unserem Leben in Wirklichkeit vielleicht Prinzen und Prinzessinnen sind, die lediglich darauf warten, von uns geküsst zu werden. Was haben Sie durch Ihr "Handicap" eigentlich gelernt?

Beispiel:

1998 - 2003: Lehr- und Wanderjahre. Eine Vielzahl ganz unterschiedlicher kurzzeitiger Beschäftigungen beispielsweise als Türsteher, Zimmermädchen, Kellner, LKW-Fahrer, Fremdenführer, Telefonistin, Verkaufshilfe und Gerüstbauer in Köln, Bamberg, Gera, München und Brandenburg.

2002 - 2004: Nach einer kleinen Erbschaft Auflösung des Haushaltes in Deutschland. Versuch einer Existenzgründung im Immobiliengeschäft in Melbourne/Australien - ohne wirtschaftlichen Erfolg.

Vernachlässigen Sie bei Ihrer Suche nach Arbeit auf keinen Fall die eigene Standortbestimmung: Wer sind Sie aus Sicht des Unternehmens, bei dem Sie sich gerade bewerben?

Es geht hier nicht um Sprache und Grammatik für Ihr Bewerbungsschreiben und Ihr Vorstellungsgespräch. Wünschenswert ist, dass Sie selbst lernen, verschiedene Stationen Ihres Lebens unter neuen Aspekten zu sehen und darzustellen. Entsprechend können Sie später authentisch und überzeugend auftreten.

Die wirkliche Frage, die Sie heute gegenüber potentiellen Arbeitgebern beantworten müssen ist, wo Sie heute stehen. Sie finden im Kapitel Lebenslauf eine Vielzahl von Anregungen und Möglichkeiten, wie Sie auch schwierige Umstände plausibel darstellen können. Gerade ein Lebenslauf mit Widrigkeiten birgt häufig eine Lebenserfahrung und ein Standvermögen, das in bestimmten Arbeitsstellen ausdrücklich erforderlich ist. Weisen Sie auf Ihre Charaktereigenschaften ausdrücklich hin.

Beispiel:

Weil ich enge Verwandte im Westen hatte, wurde ich in der DDR trotz sehr guter Schulzeugnisse nicht zum Studium zugelassen. Ich habe mir später die ingenieurwissenschaftlichen Kenntnisse in berufsbegleitenden Abendkursen und im Selbststudium angeeignet. Ich denke, diese Art der Hartnäckigkeit und dieses Durchhaltevermögen sind typisch für mich.

Vermeiden Sie Wehleidigkeit darüber, wie schwer Sie es gehabt haben - in Ihrer Bewerbung und vielleicht auch sonst. Selbstanklagen wie "so dumm war ich" wirken merkwürdig. Jung, leichtsinnig und naiv sind Sie damals möglicherweise gewesen.

Beispiel:

Ich habe diese Stelle damals angenommen, weil ich mir vorstellte, in der Aufbauphase des Betriebes ein Geschäftsfeld für XY zu etablieren. Erst 200x wurde für mich deutlich, dass die Geschäftsleitung ganz andere Prioritäten hatte.

Blicken Sie in jeder Hinsicht in die Zukunft. Manchmal bringt ein schwieriger Lebenslauf eine Kämpfernatur zum Ausdruck. Das ist im Grunde interessanter als die Story selbst: Ob Sie sich unterkriegen ließen. Machen Sie das aber auch deutlich. Der vielbeschäftigte Leser will nicht unbedingt lange zwischen Ihren Zeilen interpretieren.

Sie hatten Eheprobleme, haben getrunken, waren arbeitslos und depressiv? Tragen Sie eine "private Auszeit" in Ihren Lebenslauf ein. Es kann allerdings sein, dass Sie das im Vorstellungsgespräch erläutern sollen. Legen Sie sich eine Story zurecht, die plausibel ist und irgendwie auch stimmt.

Sie haben schlechte Erfahrungen gemacht?

"Alles Ausbeute und Abzocke und Sie wollen sich für solche Verhältnisse nicht verbiegen?" Es gibt mehr Nischen, als Sie denken, wenn Sie nur die Augen dafür offen halten. Bedenken Sie, dass eine innere Einstellung voller Vorbehalte gegenüber potentiellen Arbeitgebern dazu führen wird, dass Sie sehr reserviert und ziemlich steif auftreten. Wenn Sie ein Arbeitsumfeld suchen, in dem Sie als Mensch wahrgenommen werden, dann sollten Sie selbst auch Persönlichkeit und Individualität zeigen und Ihrem Gegenüber (im Vorstellungsgespräch, aber auch in der Art, wie Sie schreiben) mit Offenheit begegnen. Egal, welches Bild Sie von der Geschäftswelt haben: Es sind immer Personen, die zusammenkommen - als Kollegen, als Vorgesetzte/Mitarbeiter, als Kunden/Dienstleister - und alle Beteiligten schätzen Geschäftsbeziehungen zu angenehmen Zeitgenossen.

Versuchen Sie, Abstand zu schlechten Erfahrungen zu gewinnen, schreiben/sagen Sie zum Beispiel ganz sachlich:

Beispiel:

Ich habe die Irgendwas GmbH 200x auf eigenen Wunsch verlassen, weil meine Aufgaben nach betrieblichen Neustrukturierungen überhaupt nicht mehr meinen fachlichen Kompetenzen und Neigungen entsprachen.

Schweigen Sie über schwierige Kollegen und cholerische Vorgesetzte: Ein Außenstehender kann in keiner Weise beurteilen, wer damals angefangen hat und welche Rolle Sie wohl selbst dabei gespielt haben. Wenn Sie Ihren Ex-Kollegen und Vorgesetzten noch etwas beweisen möchten, dann wäre das idealerweise Ihr neuer Erfolg in einem anderen (gut angesehenen) Unternehmen.

Überleben in der Wirtschaft

Das Grundgesetz der Gewinnmaximierung verleidet vielen Menschen das Geschäftsleben: Aus Angst davor, von Kunden und Konkurrenten über den Tisch gezogen zu werden, trauen sie sich die Selbstständigkeit gar nicht erst zu. Oder sie unterwerfen sich kritiklos dem vermeintlichen Zwang zu Rücksichtslosigkeit, Misstrauen und Konfrontation. Schade eigentlich - denn Gewinnstreben und moralische Integrität sind keineswegs unüberbrückbare Gegensätze: "Schaf unter Wölfen? Überleben in der Wirtschaftswelt".