Der souveräne Umgang mit Reklamationen und Absagen

Kundenorientierte Kommunikation

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Kundenorientierte Kommunikation

Die vier Seiten einer Nachricht

Jede Nachricht hat vier Seiten, die unterschiedlich auf den Empfänger wirken:

Die erste Seite, die Selbstkundgabe, ist immer eine Aussage über sich selbst. Durch Dialekt und Wortwahl geben Sie bekannt, woher Sie kommen. Sie verraten dabei auch einiges über Ihren Bildungshintergrund; je nachdem, wie Ihre momentane Laune ist, wählen Sie Stimme und Text. Hier zeigen Sie Ihre Selbstsicherheit genauso wie Ihre Unsicherheiten. Nur sehr professionelle Redner und Schreiber können diese Seite bewusst steuern.

Die zweite und dritte Seite ist ein sehr wichtiger Aspekt in der menschlichen Kommunikation: Die Sach- und die Beziehungsebene. Die Sachebene gibt sachliche Erklärungen und Erläuterungen über das Thema: Zahlen, Daten, Fakten, also z. B. Produktnummer, Lieferdatum, Rechnungsnummer, Konditionen ... Die Sachebene ist jedoch nur erfolgreich, wenn die Beziehungsebene stimmt.

Die Beziehungsebene beschreibt die Art und Weise, wie etwas gesagt bzw. geschrieben wird. Die Beziehung zwischen Sender und Empfänger hat entscheidenden Einfluss auf die Sachebene: Nur wenn die Beziehungsebene positiv ist, können sachliche Inhalt transportiert werden. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Je besser die Beziehungsebene, desto einfacher die Kommunikation. Ist die Beziehungsebene gestört, überdeckt die Beziehung den Inhalt, d. h. die Informationen werden nur zum Teil oder gar nicht aufgenommen. Dieser Punkt ist äußerst wichtig beim Umgang mit negativen Botschaften wie Absagen und Reklamationen.

Ein verärgerter Kunde ist den sachlichen Argumenten nicht zugänglich, er muss erst in seiner emotionalen Verfassung ernst genommen werden, um ein lösungsorientiertes Gespräch zu führen.

Die Sachebene macht übrigens nur ca. 20 Prozent der Kommunikation aus, die Beziehungsseite hingegen 80 Prozent. Wir müssen also viel tun, um die Beziehungsseite möglichst positiv zu beeinflussen. Diese Möglichkeiten sind uns vielfach gegeben, auch und gerade bei negativen Botschaften.

Zuletzt hat jede Botschaft, mündlich oder schriftlich, zumeist auch eine Appellseite. Sie möchten mit einer Nachricht etwas erreichen. Sagen Sie z.B. "Oh, das ist aber kalt hier!", möchten Sie nicht die sachliche Information weitergeben, dass die Temperaturen gefallen sind, sondern wünschen von Ihrem Gegenüber, dass er entweder das Fenster schließt, die Heizung aufdreht ... Sie möchten also eine bestimmt Wirkung erzielen, die Sie jedoch nicht direkt ansprechen möchten.

Die drei Tasten im Schriftverkehr

Wie können Sie beim Adressaten "richtig" ankommen? Welche Wirkung erzielen Sie beim anderen? Können Sie durch eine bestimmte Wortwahl bestimmte Wirkungen erzeugen, Einfluss nehmen auf Stimmungen und Reaktionen?

Ja, das können Sie, und zwar "auf Tastendruck", indem Sie verschiedene Schwerpunkte setzen:

Wollen Sie hauptsächlich von sich selbst sprechen, drücken Sie die WIR-Taste und erreichen damit folgende Eindrücke:

Sender

Empfänger

ICH bin besonders wichtig

Der ANDERE spielt eine unwichtige Rolle

ICH bin mächtig

Der ANDERE ist ziemlich klein

ICH habe Recht

Der ANDERE ist im Unrecht

MEINE Taten und Interessen stehen im Vordergrund

SEINE Interessen sind untergeordnet

Dieser Stil ist sehr egozentrisch! Wo bleibt die Empfängerorientierung, wo bleibt die Wertschätzung?

Wollen Sie über eine bestimmte Sache sprechen, drücken Sie die ES-Taste und erreichen damit folgende Eindrücke:

Sender

Empfänger

ES (der Sachverhalt) ist besonders wichtig

"WER ist der 'Täter'"?

ES schafft Distanz zwischen Sender und Empfänger

WER ist verantwortlich?

ES ist am Empfänger nicht persönlich interessiert

An WEN kann ich mich wenden?

ES kann nicht verantwortlich gemacht werden

"WER ist der 'Täter'"?

Dieser Stil ist vor allem sehr anonym! Wo bleibt die Empfängerorientierung, wo bleibt die Wertschätzung?

Wenn Sie aber dem Empfänger die Hauptrolle geben wollen, drücken Sie die SIE-Taste und erreichen damit folgende Eindrücke:

Sender

Empfänger

SIE sind besonders wichtig

ICH bin der Hauptdarsteller

SIE werde ich ernst nehmen und respektieren

ICH fühle mich verstanden, respektiert und ernst genommen

Für SIE will ich etwas erreichen

ICH erhalte eine zufrieden stellende Regelung meines Anliegens

Hier fühlt sich der Empfänger wirklich wohl, hier findet er Wertschätzung. Die Nachricht ist wirklich empfängerorientiert!

Beispiele

WIR-Taste

Sehr geehrte Seminar-Teilnehmer,

wir möchten an das Seminar zum Thema "Moderner Schriftverkehr, E-Mails + Co." erinnern, das wir nächste Woche veranstalten.

Wir stellen hier einige Grundlagen vor, die unserer Ansicht nach für eine moderne und empfängerorientierte Korrespondenz notwendig sind. Wir haben in der beiliegenden Inhaltsübersicht die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Mit freundlichen Grüßen
Personalabteilung und
Ihre Trainerin Astrid Rust

Ergebnis: Sie fühlen sich zwar ernst genommen und respektiert, evtl. sogar auch persönlich angesprochen, aber wahrscheinlich in gewisser Weise bevormundet. Sie gehen auf das Seminar, weil Sie das Thema interessiert, aber Sie freuen sich nicht darauf. Wenn Sie Zeit haben, schauen Sie sich den Inhalt an, wahrscheinlich aber ohne viel Interesse.

ES-Taste

Sehr geehrte Seminar-Teilnehmer,

nächste Woche findet die Schulung zum Thema "Moderner Schriftverkehr, E-Mails + Co." statt.

Hier werden Ihnen einige Konzepte vermittelt, die für eine moderne und empfängerorientierte Korrespondenz benötigt werden. In der beiliegenden Inhaltsübersicht werden die wichtigsten Punkte vorgestellt.

Mit freundlichen Grüßen
Personalabteilung und
Ihre Trainerin Astrid Rust

Ergebnis: Sie fühlen sich nicht sehr respektiert, sehen sich auch nicht persönlich angesprochen, hingegen sehr bevormundet. Sie gehen auf das Seminar, weil Sie das Thema interessiert, aber Sie freuen sich nicht darauf. Wahrscheinlich hoffen Sie insgeheim, dass das Seminar nicht so trocken ist wie die Einladung ... Wenn Sie Zeit haben, schauen Sie sich den Inhalt an, wahrscheinlich aber ohne viel Interesse.

SIE-Taste

Liebe Seminar-Teilnehmer,

hier noch eine kleine Erinnerung: Nächste Woche findet Ihr Seminar "Moderner Schriftverkehr, E-Mails + Co." statt. Bitte planen Sie für das Training ca. sechs Stunden ein.

Sie werden hier einige Tipps und Tricks kennen lernen, die Ihre tägliche Arbeit noch effektiver und erfolgreicher machen. Gerne können Sie in der beiliegenden Inhaltsübersicht schon mal in die Thematik "reinschnuppern"!

Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit!

Bis bald, herzliche Grüße
Personalabteilung und
Ihre Trainerin Astrid Rust

Ergebnis: Hier fühlen Sie frischen Wind! Sie fühlen sich sehr respektiert und ernst genommen, denken, diese Einladung ist alleine für Sie bestimmt, fühlen sich in keiner Weise bevormundet. Sie freuen sich sogar richtig auf dieses Seminar und lesen gespannt das Inhaltsverzeichnis.

Versuchen Sie, in Ihren Briefen und Mails bewusst diese Taste einzusetzen. Doch auch wenn die SIE-Taste das positivste Gefühl erzeugt, heißt das aber nicht, dass Sie nur noch SIE-Nachrichten schreiben sollten. Auch ES- oder WIR-/ICH-Briefe sind unter bestimmten Umständen durchaus erwünscht.

Die WIR-/ICH-Taste kann bei problematischen Fällen (negative Botschaften, Reklamationen) sehr persönlich wirken: ICH bin zwar Teil eines WIR, kümmere mich aber persönlich um Sie! Der Empfänger kann sich entspannt zurücklehnen, da er weiß, dass sich jemand um ihn kümmert.

Die ES-Taste kennen Sie hauptsächlich vom Finanzamt und anderen Behörden. Doch manchmal ist es auch in kundenorientierten Briefen sinnvoll, keine "Täter" zu haben, um das Gesicht des Gegenübers zu wahren, z.B. bei Mahnungen.

Es ist ein Unterschied zu sagen: "Sie haben bisher noch nicht bezahlt" (Sie haben Schuld!) oder "Wir konnten noch keinen Zahlungseingang feststellen" (Wir sind die Kontrolle!) als "Es ist noch keine Zahlung eingegangen."

Die letzte Form ist neutral, es gibt keinen "Täter", die Verantwortung kann wirklich beim "ES" liegen, z.B. Überweisung hat nicht geklappt, bei der Bank hat es länger gedauert ... Auch wenn es der Empfänger ist, der noch nicht bezahlt, wird er nicht als der Schuldige abgestempelt; er kann sich entschuldigen und die Rechnung sofort begleichen.

Falsch

Richtig

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Nachfolgend haben wir die Punkte der letzten Besprechung zusammengefasst:

Sie finden hier kurz zusammengefasst die Punkte der letzten Besprechung.

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