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Schreiben fürs Hören ist Schreiben fürs Sprechen
Texte, die nicht gelesen, sondern vorgelesen werden, müssen anders geschrieben werden, weil ein Leser den Inhalt anders aufnehmen muss als ein Hörer.
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Lesen wir einen Text, bestimmen wir selbst das Lesetempo, wir können Sätze noch mal lesen, im Text zurückblättern, Zusammenhänge zurückverfolgen. Das kann der Hörer eines Textes alles nicht. Radio zum Beispiel ist ein lineares Medium, welches unaufhaltsam abläuft. - Stoppen wir es, verlieren wir den Anschluss.
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Dem Hörer fehlt außerdem die visuelle Orientierung, die dem Leser durch das Layout, durch Satzzeichen, Absätze, Fotos und vieles mehr angeboten wird.
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Wenn der Hörer dem Inhalt eines Hörbeitrages nicht mehr folgen kann, steigt er aus. Lauschen Sie einem Hörbuch oder einem Podcast, können Sie im Prinzip "zurückspulen", den Beitrag noch mal hören - aber ganz ehrlich: Wie oft macht man das? Und ist es nicht schöner, alles auf einmal in sich aufzunehmen und dabei auch auf Anhieb zu verstehen?
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Regeln und Grundsätze fürs Schreiben
Die Grundsätze oder Regeln, die man beim Schreiben fürs Hören beachten sollte, orientieren sich stark an der gesprochenen Sprache.
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Verben
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Benutzen Sie Verben. Ersetzen Sie Substantive durch Verben, wo immer es geht.
Gegen den entfesselten Finanzmarktkapitalismus forderten die Delegierten eine Neugestaltung der Regulierung.
Besser:
Gegen den entfesselten Finanzmarktkapitalismus fordern die Delegierten, die Regeln neu zu gestalten.
Worte wie: Klärung, Unterzeichnung, Herstellung sind reinster Nominalstil. Sie machen einen Text - auch einen Text, der zum Lesen geschrieben wurde - schwerfällig und erinnern an Amtssprache.
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Verben nach vorne! Besonders bei den so genannten "zerrissenen" Verben mit "haben" sollte man den Hörer nicht zu lange im Ungewissen lassen, was denn nun eigentlich geschieht.
Gestern Abend, es wurde schon langsam dunkel, habe ich, in Begleitung meines Hundes auf dem Weg zum Supermarkt, einen merkwürdigen Mann getroffen.
Besser:
Gestern abend traf ich einen merkwürdigen Mann, als ich....
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Benutzen Sie das Aktiv, die "Tätigkeitsform", bei Verben.
Der Bauer hat die Herde auf die Straße getrieben.
Diese Formulierung ist korrekter als:
Die Herde wurde auf die Straße getrieben.
Das Passiv, die "Leidensform", sollten Sie nur nutzen, wenn tatsächlich etwas "erlitten" wird. Ansonsten ist es sprachlich ungenau. Im oben genannten Beispiel ist es vielleicht nicht wichtig, wer die Schafe auf die Straße treibt, doch wie sieht es aus, wenn Demonstranten in die Enge getrieben werden?
Ähnlich verschleiernd wirkt übrigens auch der Nominalstil: Wenn man das Verb substantiviert, dann muss man nicht mehr sagen, wer etwas tut.
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Satzbau
Ein weiterer wichtiger Grundsatz beim Schreiben fürs Hören betrifft den Satzbau.
Bilden Sie kurze Sätze. Für jeden neuen Gedanken, für jede neue Information reservieren Sie einen eigenen Satz.
Entwickeln Sie Ihre Gedanken schrittweise, ohne etwas vorwegzunehmen oder einzuschieben.
Der Hörer braucht zuerst die Hauptinformation, um dann das Folgende Schritt für Schritt verstehen zu können. Je komplexer eine Sache ist, umso wichtiger ist diese Regel.
Variieren Sie den Satzbau.
Subjekt, Verb, Zeit, Ort und Objekt, das ist das häufigste Satzmuster und wirkt in der Wiederholung einschläfernd. Aber jede Abweichung von dieser Formel widerspricht zunächst der Erwartung des Hörers und weckt damit seine Aufmerksamkeit.
Unvollständige Sätze sind durchaus legitim. Auch in unserer Alltagssprache nutzen wir die häufig, wenn wir zum Beispiel einem Satz nur eine kurze Information anhängen. Und Schreiben fürs Hören ist Schreiben fürs Sprechen!
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Adverbien und Konjunktionen
Benutzen Sie Adverbien und Konjunktionen.
Wörter wie "dagegen", "trotzdem", "auch", "denn", "während", "weil", "obwohl", "ohne dass" etc. verknüpfen den Text und stellen Zusammenhänge dar oder unterstreichen sie.
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Textaufbau
Schon bei der Gestaltung Ihres Textkonzeptes können Sie die Besonderheiten des Hörens berücksichtigen.
Was für den Satzbau gilt, nämlich Gedanken schrittweise zu entwickeln, gilt natürlich auch für den ganzen Textaufbau. Lassen Sie Ihren Hörer wissen, was ihn erwartet und geben Sie ihm die Orientierung, die er auch bei einem Lesetext hat.
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Formulieren Sie eingangs einen kurzen Überblick über die Themen: "Heute möchte ich Ihnen die drei wichtigsten Regeln fürs Schreiben fürs Hören vorstellen."
Diese kleine Einleitung kann natürlich auch spannender geschrieben werden, sodass sie als "earcatcher" dient und den Hörer auf das Kommende neugierig macht. Im Hörfunk übernimmt oft der Moderator diese Aufgabe.
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Sagen Sie im Verlauf des Textes, wo Sie sind. Zum Beispiel: "Die zweite Regel lautet... oder "Und als Letztes nun..."
So weiß der Hörer immer, was noch kommt und wo er ist: Sie gliedern den Text akustisch. Haben Sie keine Hemmungen vor Wiederholungen und vor kleinen Zusammenfassungen zwischendurch!
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Gute Hörtexte haben eine geringere Informationsdichte!
Wer sich um verständliche Hörbeiträge bemüht, wird bei gleicher Textlänge weniger Informationen los. 15 Zeilen Text in einer Zeitung enthalten bis zu einem Drittel mehr Informationen als ein Text in gleicher Länge, der für verständliches Hören geschrieben wurde.
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Redundanz
Viele der bisher genannten Grundsätze gelten für alle Arten von Texten. Das ist bei dem folgenden Punkt nicht unbedingt so. In der Schule haben wir gelernt, dass in einem guten Aufsatz ein Begriff nicht zweimal nacheinander auftauchen soll, und haben verzweifelt nach einem Synonym gesucht. Das gilt heute nicht mehr unbedingt für gute Texte und beim Schreiben fürs Hören gilt es gar nicht.
Wiederholungen erleichtern es dem Hörer, dem Beitrag zu folgen. Synonyme verwirren den Hörer dagegen eher. Wenn Sie in einem Satz von "Abgeordneten" sprechen, dann sagen Sie nicht im nächsten Satz "Delegierte" oder "Parlamentarier".
Das Gleiche gilt für Zusammenfassungen. Eine Zusammenfassung, ein Fazit am Ende einer Sinneinheit strukturiert Ihren Text, besonders wenn es um komplexe Inhalte geht.
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Verständlichkeit
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vorsichtiger Umgang mit Zahlen:
besser ein gutes Drittel statt 34,7 Prozent
besser knapp 10 Prozent statt 9,8 Prozent
Vermeiden Sie Fremdwörter.
Vermeiden Sie Euphemismen.
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Fazit
Bedenken Sie, wenn Sie fürs Hören schreiben, die Unterschiede zwischen Lesen und Hören: Der Hörer kann nicht im Text zurückspringen. Er hat keinen ständigen Überblick über den Text und seine Gliederung vor sich. Und versuchen Sie, treffende Worte zu finden, aktive Worte, die beim Hörer Bilder im Kopf entstehen lassen.
Lesen Sie Ihren Text laut mit, wenn Sie ihn verfassen. Dann merken Sie am besten, wo es hakt und wo es sich schlecht sprechen lässt.