Trendforschung in KMU: Gut vorbereitet in 4 Schritten

Wie auch Klein- und Einzelunternehmer Trends erkennen und nutzen können

Viele Kleinunternehmer halten Trendforschung für eine Art Luxus-Tool. Schön zu haben, aber nicht wirklich brauchbar. Dabei ist Trendforschung
auch für "Kleine" wichtig, weil sie zeigt, wo künftig die Umsätze generiert werden.

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Trendforschung ist in kleinen Unternehmen verschrien als eine Art Luxus-Tool für Großkonzerne. Nice to have, aber Nix für uns. Also verlassen sich die meisten Kleinunternehmer auf ihr Gespür für den Markt – sind dann aber auch oft genug von ihrem Gespür verlassen. Dabei ist Trendforschung kein Hexenwerk, sondern ein Handwerk, das jede(r) lernen und anwenden kann.

Trendforschung – was ist das?

Trendforschung ist die kleine Schwester der umfänglicheren Zukunftsforschung: Mit Blick auf die nächsten maximal drei Jahre sammelt und deutet sie heute bereits absehbare Entwicklungen in unterschiedlichen Umfeldern wie Wettbewerb, Kunden, politische und/oder regionale Rahmenbedingungen etc. Immer mit Bezug auf wahrscheinliche, mögliche „Zukünfte“, die dadurch entstehen könnten. Es ist ja nicht so, dass Unternehmer dem, was da kommt, hilflos ausgeliefert sind: Auf die Zukunft kann man sich professionell vorbereiten. Das Motto kann also nur lauten: Be prepared!

Für eine solche Vorbereitung leistet Trendforschung nützliche Dienste.

Wozu Trendforschung?

  • Anwendungsbezug: Trendforschung zeichnet sich aus durch einen strikten Praxisbezug, durch die Bezogenheit aufs Entscheiden und Handeln (und nicht aufs Orientieren, Informieren oder „Kreativ-Werden“). Und sie vermeidet Infotainment, also das, was Trends für Kleinunternehmer oft unbrauchbar macht: Erkenntnisse wie „Globalisierung“, „neue Geschäftsmodelle“ oder „Frauen werden immer wichtiger“ sind für diese Unternehmen uninteressant.

  • Blick auf das eigene Umfeld: Interessant sind hingegen Anzeichen für neue Entwicklungen in einem regionalen Markt, für Eigentümerwechsel (und damit womöglich Strategiewechsel) im Wettbewerbsumfeld, dafür, dass ein Unternehmen Kostenvorteile durch öffentliche Förderung realisiert oder ein neues Geschäftsmodell für Ihr Geschäft. Für all das hilft kein „Trend-Report“, vielmehr müssen kleine Unternehmen ihre Trends selbst identifizieren.

  • Wettbewerbsvorteile sichern: Trendpioniere entziehen sich der Vergleichbarkeit. Wer hingegen keine Trendforschung betreibt, ist irgendwann nur noch einer unter vielen, kaum noch unterscheidbar und steht, im schlimmsten Fall, vor dem Aus.

Trendforschung ist keine Variante von „strategischer Planung“, sondern eine Methode, die geschäftliche Zukunft in möglichen und wahrscheinlichen Alternativen vorzudenken. Wer Trends ermittelt, hält sich Wahlmöglichkeiten offen: In jeder Situation immer noch unternehmerisch entscheiden und handeln zu können. Und: Auf Ereignisse, die auch der präzisesten strategischen Planung den Garaus machen, vorbereitet zu sein. Das ist mehr, als die überwiegende Mehrheit der Wettbewerber von sich sagen kann. Und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Vor- und
Nachteile

Gerade kleinere Unternehmen sind auf frühe Signale, die neue Entwicklungen anzeigen, dringend angewiesen - machen doch Schnelligkeit, Wendigkeit, Entscheidungsfähigkeit und ein frühzeitiges Erkennen neuer Kundenwünsche ihre Alleinstellung aus. Um nicht im Grau unterschiedsloser Kleinkrämer unterzugehen, aber sich eben auch nicht durch Lautes, Buntes und bloß Modisches zu unterscheiden, bedarf es markt(nischen)spezifischer Blickwinkel. Ihre Trends stehen nicht in der Zeitung. Und Aufmerksamkeit, die auch zu Umsatz führt, bekommt man nicht durch Lautstärke, sondern durch Pfiff und smarte Ideen.

Womit wir bei der guten Nachricht sind: Für Trendforschung braucht man keine eigene Marktforschung. Trendforschung in Eigenregie ist hierzulande zwar weitgehend unbekannt (in anderen Ländern selbstverständlich), aber trotzdem höchst wirkungsvoll. Und für Unternehmen, die sich aktiv positionieren wollen, unumgänglich: Mit Kreativitätstechniken werden Sie nämlich gerade mal bunter, aber für Ihren Markt und Ihre Kunden kein bisschen nützlicher.

Wie hoch ist der Aufwand?

Eine Trend-Sammlung zu Unternehmerfrage XY sollte in maximal acht Wochen durch sein. Punkt. Über Wochen oder gar Monate hält das neben dem Tagesgeschäft kaum ein „normales“ Unternehmen durch. Wichtig ist in jedem Fall: Die Zeitspanne, die sich ein Unternehmen für eine spezielle Zukunftsvorschau einräumt, sollte präzise definiert sein. Solche Projekte teilen nämlich nur allzu oft das Schicksal der Zukunft selbst: Sie sind endlos. Trendforschung ist keine Dauerbeschäftigung!

  • Konkret: Eine zeitliche Kalkulation von etwa vier bis acht Wochen ist für ein Trendforschungsprojekt realistisch. In dieser Zeitspanne sollten Sie eineinhalb bis zwei Tage pro Woche der Trendforschung widmen.

  • Wichtig: Delegieren gilt nicht! „Gute“ Trends entstehen dadurch, dass Sie als Unternehmer Ihr Umfeld konsequent unter die Lupe nehmen. Es gibt keine Entwicklungen oder Wandlungsprozesse, die „von selbst“ Trends wären – erst Ihre Perspektive macht sie dazu!

  • Sinnvoll: Trendforschungszeiten sind im Alltagsgeschäft von vornherein festzulegen („Donnerstag-nachmittag und Freitag gehören die Trends mir“). Je nachdem, ob sich ein Besuch bei einem Marketing-Club oder Experten-Treff lohnt, wird auch mal ein Abendtermin anfallen.

Die Schritte

  • Wozu? Ziel und Funktion klären! An welcher unternehmerischen Front wird gerade gekämpft? Sind Trends dabei schmückendes Beiwerk oder sollen sie dieses Projekt konkret unterstützen? Dann sollten Trends mit genau dieser Brille gelesen werden – konsequent. Ohne ein Referenzsystem, in dem Trends stehen, kreieren sie keinen Mehrwert, sondern Rauschen. Das Projekt wird dann bunter, aber nicht klarer.

Möchten Sie wachsen – und wenn ja, womit? Geht es um eine Kooperation oder eine Netzwerkidee? Um eine Produktidee? Darum, eine neue Kundengruppe zu erschließen? Droht ein Wettbewerber Sie zu erdrücken? - Hier geht’s um das WAS. Das lässt sich vordergründig sehr schnell klären. Aber Vorsicht: Beschwichtigt das Nachdenken über eine Angebotserweiterung womöglich nur die Sorge vor einem wachsenden Konkurrenten? Was wollen Sie wirklich? Unterscheiden Sie dabei Motive von Zielen!

  • Bis wann? Zeithorizont klären! Trends „halten“ nicht ewig! Sie werfen zwar den Blick voraus, aber nur mit begrenztem Haltbarkeitsdatum. Möchten Sie einen Pfad ins Jahr 2020 schlagen? Oder wollen Sie Ihrem wichtigsten Konkurrenten innerhalb der nächsten zwei Jahre einen relevanten Teil der Kunden abjagen? Oder möchten Sie gegenüber etwaigen Markt-Turbulenzen gewappnet sein?

    Finger weg von Trendforschung bei Frage 1! Auf ins Gefecht bei Fragen 2 und 3.

Ist innerhalb der nächsten Zeit mit einer technologischen Neuerung zu rechnen, die für Ihr Geschäft bedeutsam ist? Kündigt sich eine Verschiebung in der Wettbewerbslandschaft an? Kennen Sie die Altersstruktur Ihrer wichtigsten Konkurrenten – kommt es zu Schließungen, Nachfolgen oder neuartigen Ketten bzw. Franchise-Systemen? All dies sind noch keine Trends, aber wichtige Rahmen für Ihre Trends. Hier geht es um den Kontext; das Umfeld, in dem Ihr Unternehmen steht – und seine voraussichtliche Entwicklung. Darüber denkt man schon mal zwei Tage lang intensiv nach.

  • Wo? Quellen und Suchfelder identifizieren! Ganz oben auf der Hit-Liste einer Trendforschung für den Papierkorb: Zeitung- und Fachzeitschriften-Lesen. Informiertheit ist immer gut und auch Pflicht. Bloß hat das nichts mit Trend-Forschung zu tun. Vielmehr sollte man wissen, an welcher Kante überhaupt gesucht wird. Der Hype um Social Media oder das Phänomen, dass in der Werbung plötzlich alle QR-Codes verwenden, ist das nackte Gegenteil von einer Berücksichtigung von Trends: Maßstabsloses der-Masse-Hinterherrennen. Und kleine Unternehmen können das am allerwenigsten gebrauchen.

    Hier hilft eine Binse der Börsianer weiter: Wenn der Trend zum Stammtischthema wird, ist das meiste gelaufen. Also: Vorsicht beim naheliegenden, weil mühelos zugänglichen Infotainment der Medien!

Eher den lokalen Jungunternehmer-Stammtisch besuchen. Oft einen Hingucker wert: Neu entstehende Entrepreneurship-Zentren, zum Beispiel rund um Hochschulen und Universitäten der Region. Vielleicht eine spezielle XING-Gruppe?

Netzwerke haben heute Nischen und Spezialisierungen auch für die kleinsten Fachbereiche. Eine systematische, einfallsreiche Recherche in der jeweiligen, ganz speziellen Akteursfamilie ist hier das A & O.

Beispiel: Für einen Einzelhändler kann die Tuchfühlung zur lokalen Werbegemeinschaft ergiebig sein – und zwar auch für den Bäcker.

Für einen Werbe-Dienstleister kann ein guter Draht zur kommunalen Stadtwerbung, verbunden mit einer Recherche zu anstehenden Jubiläen, Großveranstaltungen, Städtepartnerschaften, Ehrenamtsmessen usw. weiterführen.

Hilfreich ist immer, in Milieus zu suchen, die für die eigene Branche eher untypisch sind. Zupackende Handwerker haben eher selten Lust, sich in Gremien und Arbeitskreisen zu engagieren – daher sind sie dort auch kaum vertreten. Menschen aus Agentur oder Werbebranche verspüren eher selten den Hang zu kommunal-bürokratischen Zeremonien der Angebotseinholung – dahinter stehen aber lediglich andere Bedürfnisse als bei privatwirtschaftlichen Agentur-Kunden. Gezielte, durchdachte Milieu-Wechsel und die Bereitschaft, das eigene, meist branchen- und traditionsgesteuerte Suchfeld zu verlassen, sind wirksame Informationsstrategien für Innovatoren.

Außerdem hilfreich: Die Trends aus der Öffentlichkeit nicht zu ignorieren, aber konsequent mit der eigenen Unternehmensbrille anzuschauen und den Blick genau zu justieren: Auf das neue Produkt, den lästigen Konkurrenten oder die neue, spannende Zielgruppe - auf ganz konkret Ihre Frage.

Hierfür brauchen Sie die meiste Zeit, dies ist die Recherche-Phase – ein paar Tage, vielleicht auch Abende. Unbedingt zu empfehlen ist der Austausch mit Gleichgesinnten. Tipp: Wenn Sie schon die Mitgliedschaft in der IHK bezahlen – dort gibt’s viele Arbeitskreise, auch spezielle. Eine gute Info-Quelle aus der Region.

  • Was tun? Umsetzung klären! Empfehlenswert ist ein Workshop mit den eigenen Leuten über die Ergebnisse. Hier muss geklärt werden, was mit den neuen Einsichten geschieht und welche Manöver sich daraus ergeben. Die Qualität der To Dos hängt nicht nur an der sorgsam vorjustierten Perspektive, mit der Trends gesichtet werden, sondern auch an dem, was man aus den gewonnenen Perspektivwechseln herausholt. Sprich: Was man damit macht. Das geht nur kommunikativ und ist in Nicht-Weltkonzernen oft auch relativ schnell zu klären (was nicht heißt: immer einfach!). Jedenfalls liegt das in der Verantwortung der Unternehmer/In: Dass bei so mancher Trendforschung nichts herauskommt, ist nicht immer die Schuld „schlechter“ Trends.

Hierfür sollte mindestens ein Tag einkalkuliert werden – ein Wochenende ist besser. Die Qualität der Umsetzung von Trendforschung besteht in dem Austarieren zwischen (a) Ihrem anfänglich definierten Ziel, b) dem, was Sie an Ressourcen investieren können (Mitarbeiter, Ideen, Kooperationspartner, Empfehlungen Dritter, Beziehungen in Wirtschaft, Politik, Hobby oder Ehrenamt, frühere Berufskollegen und Kontakte, Geld etc.). Und (c): Den identifizierten Trends! „Was können wir mit Blick auf die erwünschte Herausforderung mit welchen Mitteln tun - und dafür die aktuellen Trends einspannen und nutzen? Auf welcher Welle können wir reiten, was ist ein Katalysator für unsere Zwecke oder was wird in Kürze einer werden? In welcher Beziehung stehen jeweils unsere Mittel und unsere Trends – was verstärkt sich, was blockiert sich?“

Beispiel: Ein Sport-Studio für Frauen

Uta, 39 Jahre alt, ist seit 6 Jahren Inhaberin eines Modeladens für Frauen. Sie bietet sportliche Freizeitkleidung in einem studentisch geprägten Stadtteil einer deutschen Großstadt an und erwägt, ein kleines Fitnessstudio für Frauen zu eröffnen.

Durch ihre Kundinnen weiß sie eine Menge über die Wünsche und Erwartungen an ein Sport-Studio für Frauen. Eine bestimmte Trend-Sportart im Angebot würde kaum eine Frau in ein bestimmtes Studio locken. Aber es gibt eine Fülle unterschiedlicher oder gar gegensätzlicher Wünsche: Von „zu weit weg“ / „keine Parkmöglichkeit“ (wo wäre es optimal?) über „ich hasse diese Maschinenräume“, „Anmache beim Sport“ / „beim Geräte-Training kann man kommen wann man will“ bis hin zu „Kursangebote nur zu Stoßzeiten, etwa nur vormittags oder ab 17 Uhr, sind viel zu einseitig“ (bedeutet das: Rund-um-die-Uhr-Service?).

In ihrem Umfeld gibt es drei Wettbewerber: Einen Luxus-Tempel inklusive Wellness-Angeboten, ein individualistisches Studio mit Schwerpunkt auf asiatischen Kurs-Angeboten sowie einen Sport-Discounter.

Uta durchläuft die vier Schritte zur eigenen Trendforschung – mit folgenden Resultaten:

Ergebnisse
von Utas Trendforschung

  • Ziel und Funktion: Trends sollen Uta helfen, eine Nische zu finden. Sie möchte ein Studio ganz ohne Maschinen mit reinem Kurs-Angebot aufbauen. Die preisliche Achse teuer – billig scheint ihr mit Blick auf ihre Kundinnen, die sie auch als vielversprechende Zielgruppe für ein Studio betrachtet, kein sinnvolles Kriterium zu sein. Individualismus aber sehr wohl! Nur in welche Richtung? Soll sie Teestunden zelebrieren, Ernährungsberatung machen, Schwangerschaftsgymnastik anbieten? Uta hat einige Ideen, findet das alles aber recht beliebig – und daher wenig überzeugend.

  • Zeit: Dieser Punkt ist schnell abgehakt: Uta interessiert sich für all das, was sich innerhalb der nächsten 12 Monate in ihren Umfeldern entwickelt. Und für sie interessant ist.

  • Quellen und Suchfelder (Auszüge): Trends im Bereich ...

    Wettbewerber: Uta sieht sich ihre drei Wettbewerber selbst an. Alle sind für Männer und Frauen, es gibt sehr unterschiedliche Wertigkeiten, das Kursangebot bei zweien ist sehr gut. Alle Studios haben ihren Empfangs-Counter im vorderen Bereich direkt am Eingang, einmal an der Grenze zur großen Gerätezone, teilweise auch abgeteilt durch Pflanzen oder mobile Möbel. Im Eingangsbereich ist es ziemlich laut und hektisch, die Musik aus den hinteren Studio-Bereichen und die Gespräche der Eingangszone mischen sich zu einem andauernden Geräuschteppich. Die meisten BesucherInnen „fliehen“ in die Umkleidekabinen. Beim Sport-Discounter finden Gespräche am Eingang kaum statt.

    Eine ansprechende Entrée-Situation entwerfen – ohne Anschluss an eine Gerätezone. Anforderung: Leitsystem für die routinierten Dauerbesucherinnen, die sich auskennen, versus Neulinge oder Gesprächssuchende, die kommunizieren wollen. Aufenthaltsqualität im Eingangsbereich schaffen, evtl. kleine Ruhezone mit Catering. Ein Entrée mit Gesicht eben.

    Städtische Initiativen für Sport „50Plus“: Uta besucht den städtischen Fachbereich Soziales, um sich über die kommunalen Sportangebote für Senioren zu informieren. Die städtische Angestellte findet Utas „Frauen-Konzept“ interessant und bringt sie in Kontakt mit einem Altenheim-Leiter, der in seinem Haus kleine eigene Angebote etablieren will.

    Uta gewinnt aus diesem Gespräch keine hilfreichen Informationen über die Orientierungen und Wünsche von Seniorinnen in Bezug auf sportliche Aktivitäten oder gar über eventuelle Defizite in diesem Bereich im Stadtgebiet – was sie sich erhofft hatte. Dafür aber eine Kontaktperson, die offenbar einen Dienstleister für ihre Projekte sucht.

    Aktivitäten im Einzelhandel: Uta wird Mitglied der Werbegemeinschaft in ihrem Nachbar-Stadtteil, den sie sich für ihr Studio ausgeguckt hat. Dort erfährt sie, dass ab dem nächsten Jahr eine neue Gesundheitsmesse etabliert werden soll. Die Kommune hat bereits eine Agentur (die mit am Tisch sitzt) mit dem Messekonzept beauftragt. Auf die Frage nach dem interkulturellen Profil dieser Veranstaltung, das noch nicht definiert ist, kann sie sich als mögliche Akteurin im Bereich Tanz ins Spiel bringen.

    Uta erhält durch die Werbegemeinschaft Zugang zu stadtteilbezogenen Informationen und Projekten, die noch im frühen Planungsstadium sind. Da Einzelhandels-Events zumeist vom Engagement der Händler und Akteure selbst leben (und nicht durch eingekaufte Veranstaltungsmodule), findet Uta als Exotin in einer Runde von Kaufhaus-Leitern, Geschäftsführern der Magnet-Betriebe und Kleinladen-Eigentümern schnell eine Rolle.

    Interkulturelles: Utas bevorzugter Standort grenzt an einen Stadtteil mit hohem Migrantenanteil. Sie wendet sich an den Vorsitzenden des Migrationsrates mit der Frage, welche Angebote es dort speziell für Frauen im sportlichen Bereich gibt. Als Fan von türkischem Tanz sucht sie auf diesem Wege nicht nur eine kompetente Trainerin, sondern auch Anschluss an eine potenzielle Zielgruppe. Da solche Aktivitäten bislang nur innerhalb der Migrantenmilieus stattfinden, will der Vorsitzende Utas Projekt mit Blick auf das interkulturelle Zusammenkommen unterstützen, empfiehlt ihr allerdings auch einen langen Atem. Zur nächsten Sitzung des Migrationsrates ist sie eingeladen und soll ihr Vorhaben beziehungsweise die Angebote, die speziell für Migrantinnen interessant sind, dort vorstellen.

    Uta kann noch nicht beurteilen, ob sich ihr Versuch, ihre Studio-Idee mit den vielfältigen Bestrebungen zu mehr interkulturellem Austausch zu verbinden, wirklich lohnt. Fürs Erste gewinnt sie mit dem Auftritt im Migrationsrat Zugang zu einer Reihe ausländischer Geschäftsleute, darunter auch einige (wenige) Frauen. Sie nimmt sich vor, unabhängig vom Ergebnis dieser Sitzung diese Frauen direkt anzusprechen und den Weg in die Frauengemeinschaften auch persönlich zu bahnen.

    Standortentwicklung: Eine Recherche bei der IHK ergibt, dass sich im näheren Stadtgebiet innerhalb des nächsten Jahres umzugsbedingt ein großes Medien-Unternehmen ansiedeln wird. Da der Frauenanteil in der Medienbranche erfahrungsgemäß hoch ist, wäre das für Uta ein unerwarteter, attraktiver Standortfaktor.

    Uta überprüft ihre Standortwahl nach mehreren Kriterien. Alle von ihr aufgegriffenen „Trends“ sind vielversprechend, allerdings quantitativ schwer einschätzbar. Da Standortpläne seitens größerer Unternehmen auch öfters wieder umgeworfen werden, nimmt sie diese Information erst einmal nur zur Kenntnis.

    Prinzipien von Utas Trendforschung:

    • Nicht in der Zielgruppe suchen

    • Nicht in der (Sport-)Branche suchen

    • Stattdessen die Situation in den unmittelbaren Umfeldern prüfen und dort nach Trends suchen (Integrationsbemühungen öffentlicher Akteure, Ehrenamt, städtische Schwerpunkt-Projekte, anschlussfähige Events, Schulen, Sport-Internate und Frauen-Sportvereine beobachten, bundesweite Recherche nach Studios mit ähnlichem oder gleichem Konzept und Netzwerken)

  • Umsetzung: Diese Phase ist in Utas Fall überschaubar: Uta muss am Ball bleiben und die Chancen, die sich hinter ihren Kontakten verbergen, auch heben. Sie hat eine Reihe interessanter und zugewandter Menschen kennengelernt – jetzt heißt es, etwas daraus zu machen und den etablierten Konkurrenten etwas anderes entgegenzusetzen, sich abzuheben. Und zwar nicht nur mit kreativen neuen Ideen, sondern vor allem mit Blick auf Umfeld-Trends, die Utas Projekt auch wirtschaftlich ein Stück mittragen.

    Uta wird ihre Studio-Idee nun offensiv angehen: Ihre Konkurrenten sind in den Bereichen, in denen sie sich orientiert, nicht sichtbar. Durch ihre Kontakte in unterschiedliche neue Zielgruppen hinein – plus ihre Mode-Kundinnen, von denen sie einige „mitzunehmen“ hofft – ist sie optimistisch, sich eine ausreichende Basis aufbauen zu können.

Fazit

Durch ein solches "Fein-Tuning" gliedert sich das eigene unternehmerische Umfeld differenziert auf – und zwar auf der Basis eigener Kriterien und Maßstäbe. Der Markt wird durch das und aus dem Unternehmen selbst entwickelt (und nicht durch SWOT-Analyse, Positionierungsspielchen, Wichtig-Dringlich-Listen oder einer „Strategie“). Dieser Unterschied ist ein Unterschied ums Ganze: Einen Markt aktiv zu gestalten funktioniert nur, wenn man dessen Mechanismen kennt. Und dazu müssen die eigenen unternehmerischen Stellhebel mit den Umfeldern systematisch in Verbindung gebracht werden.

Arbeit? Ja.
Anstrengend? Teilweise schon.
Nötig? Für jeden, der überleben will.

Aber genauso gilt:
Langwierig? Nein!
Teuer? Nein!
Schwierig? Nein!
Befriedigend? Sehr!

- Denn letztendlich verdankt sich die Existenz eines jeden Unternehmens dem unternehmerischen Verstand und Gestaltungswillen des Unternehmers bzw. der Unternehmerin. Nichts anderes professionalisiert Trendforschung: Sie verlängert Gestaltungsvermögen in die Zukunft hinein. Baut Pfade, die halten. Umfeldsensibilität kann man nämlich professionell selbst entwickeln. Durch systematisches Vordenken: Zwar unter Berücksichtigung von Neuem, aber nicht durch Neues.

Zum Weiterlesen: Trends ermitteln, Geschäftsideen finden