Webgerecht Texten

So schreiben Sie Texte für's Web

Webgerechte Texte sollten so geschrieben und verfasst sein, dass sie dem Nutzer auf Anhieb Orientierung und Informationen bieten.

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Texte im Netz müssen so verfasst sein, dass die Nutzer/innen sich auf den ersten Blick orientieren können und sofort sehen, wo sie welche Informationen finden.

Texte im Netz müssen so verfasst sein, dass die Nutzer/innen sich auf den ersten Blick orientieren können und sofort sehen, wo sie welche Informationen finden. Das erreichen Sie, indem Sie mit Absätzen, Aufzählungen und Hervorhebungen arbeiten.

Um Textteile hervorzuheben, eigenen sich am besten Fettungen. Kursive Schrift und Unterstreichungen - die für Links vorbehalten sind - sind tabu.

Im Gegensatz zu Printmedien ist es im Internet erlaubt, zusammengesetzte Hauptwörter zu zerteilen. Ein Bindestrich zwischen den Substantiven erleichtert die Lesbarkeit von Online-Texten.

Da Texte am Bildschirm gescannt werden, muss das Wichtigste am Anfang stehen. Verwenden Sie zudem eine einfache, klare Sprache. Fassen Sie sich kurz. Aber schreiben Sie immer vollständige Sätze. Telegrammstil und Halbsätze sind unhöflich und verpönt. Dass Ihre Sätze grammatikalisch richtig sind und keine Tippfehler aufweisen, ist selbstverständlich.

Vermeiden Sie eingeschobene Nebensätze und Bandwurmsätze, die über mehrere Zeilen gehen. Derlei können Sie getrost Wissenschaftler/innen und Behörden überlassen. Aber variieren Sie die Satzlängen. Ab und an ein angehängter Nebensatz ist okay und bringt Abwechslung in den Lesefluss. Denn ein Hauptsatz mit Subjekt-Prädikat-Objekt nach dem anderen ist auf Dauer auch langweilig.

Sie erkennen einen zu langen Satz immer daran, dass Ihnen der Atem ausgeht, wenn Sie ihn laut vorlesen. Dort wo Sie Luft holen müssen, gehört in der Regel ein Punkt hin.

(Zu) verschachtelte Sätze erkennen Sie daran, dass Sie selbst beim Lautlesen den Überblick verlieren. Da hilft nur: die Gedanken entwirren und mehrere Sätze machen.

Benutzen Sie Verben und eine aktive Sprache. Schreiben Sie nicht "Von unserem Forschungsteam wurde ein neues Produkt entwickelt, mit dem man XY machen kann". Besser ist: "Unser Forschungsteam entwickelte ein neues Produkt, das ..." Klingt das nicht auch in Ihren Ohren sofort viel dynamischer und ansprechender?

Vermeiden Sie im Internet Fremdwörter und Anglizismen, denn Sie wissen nie genau, mit wem Sie es als Leser/in zu tun haben. Bei Webtexten, die sich gezielt an ein Fachpublikum wenden, ist die jeweilige Fachsprache natürlich angebracht.

Vorsicht ist auch mit Sprachspielen und Ironie geboten - es sei denn, es ist sofort klar, dass es bei dem Angebot darum geht. Wer im Internet surft, möchte in der Regel jedoch informiert werden und nicht erst darüber nachdenken müssen, wie dieser oder jener Satz wohl gemeint sein könnte.

Webexpertin Kathy Henning hat zehn Tipps zusammengestellt, die beim Schreiben fürs Web als Leitlinie dienen können.

  • Verzichten sie auf jedes überflüssige Wort. Überflüssig ist ein Wort immer dann, wenn es keinen zusätzlichen Informationswert bringt oder wenn es nicht dazu beiträgt, den Satz verständlicher zu machen.

  • Benutzen Sie, wenn Sie die Auswahl haben, immer das kürzere Wort ("PC" statt "Computer", "Arznei" statt "Arzneimittel", "lohnend" statt "lohnenswert")

  • Schaffen Sie Verbindungen zwischen den Sätzen mit Worten "und", "aber" und "weil".

  • Stellen Sie wichtige Worte an den Satzanfang und wichtige Sätze an den Anfang eines Absatzes.

  • Befolgen Sie das Motto: Ein Gedanke bzw. eine Information - ein Absatz. Absätze sollten nicht mehr als drei Sätze haben.

  • Arbeiten Sie mit Zwischenüberschriften, die einen Text optisch und inhaltlich strukturieren.

  • Arbeiten Sie mit Aufzählungen. Das spart Worte und strukturiert einen Text ebenfalls.

  • Halten Sie die Sätze kurz und simpel.

  • Vermeiden Sie Umschreibungen. Schreiben Sie "Hamburg", wenn es um Hamburg geht, und nicht "die Hansestadt an der Elbe". Und wenn Sie über eine Wahl berichten, ist dies kein Bericht über "einen Urnengang".

  • Aktive statt passive Satzkonstruktionen.

Weitere Tricks

Es gibt es ein paar Tricks, die Sie kennen sollten, um Ihren Besucher/innen das Lesen am Monitor zu erleichtern.

  • VERWENDEN SIE KEINE GROSSBUCHSTABEN. Die sind am Computer ebenso schwer zu lesen wie kursive Schrift.

  • Bildschirm ungeeignet sind auch so genannte Serifenschriften, also ein Schrifttyp, der kleine Häkchen hat.

  • Bei aller Lust auf Farbspielereien, am leichtesten liest sich immer noch eine schwarze Schrift auf weißem Grund.

News you can use-Style: Wenn Sie diese Formregeln einhalten, müssen Sie "nur noch" dafür sorgen, dass Ihre Internet-Texte scannbar sind. Ein großer Onlinedienst hat als Schreibregel einmal den "News you can use-Style" ausgegeben. Er soll sicherstellen, dass die Leser/innen die Information, die sie suchen, auch schnell finden.

Wie im Web gelesen wird

Scannen statt lesen

Auch im Internet ist Text dominant. Er dient als Eyecatcher und Einstieg. Bilder stützen lediglich den Text.

Studien zeigen: Webseiten werden in den ersten Sekunden des Kontaktes ähnlich wie Printanzeigen verarbeitet: Bilder werden zuerst und am stärksten beachtet, gefolgt von Headlines/Logos und Text. Nach fünf bis sieben Sekunden richtet sich die Aufmerksamkeit jedoch verstärkt auf den Text zulasten des Bildmaterials.

Beobachtet wurden darüber hinaus geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen schauen stärker auf Textelemente, während Männer besonders auf Bildmaterial achten.

Ein weiteres Ergebnis: Generell achten Internet-Nutzer/innen besonders auf die linken und oberen Teile einer Website. Informationen, die rechts oder unten stehen, werden in aller Regel übersehen. Bei traditionellen Printmedien ist dies umgekehrt. Dort richtet die Leserschaft ihre Aufmerksamkeit insbesondere nach oben rechts.

Auch bei der Leserichtung gibt es Unterschiede zum Offline-Verhalten. Webseiten werden von der Mitte aus betrachtet, wobei die Nutzer/innen ihre Augen von der Mitte auf die oberen und linken Regionen bewegen.

Nach wie vor gilt jedoch, dass am Bildschirm nicht im klassischen Sinne gelesen wird, geschweige denn Wort für Wort. Statt dessen überfliegen User/innen die Inhalte einer Webseite nach für sie relevanten Schlüsselwörtern und Kernaussagen. Sie "scannen" den Bildschirm - ein Phänomen, das Sie sicherlich vom eigenen Leseverhalten am Monitor her kennen.

Klare Hierarchie beim Scannen

Beim scannenden Lesen von Bildschirmseiten gibt es zudem eine deutliche Lesehierarchie. Zuerst werden Überschriften gelesen, dann der Vorspann (mehr zu Überschriften und Vorspännen und ihren Aufgaben finden Sie in "Überschrift und Teaser") und Zwischenüberschriften sowie andere hervorgehobene Textstellen.

Überschriften, Zwischenüberschriften und hervorgehobene Passagen sind Textelemente, mit denen Sie als Webautor/in die Aufmerksamkeit Ihrer Leserschaft fesseln können.

Bildschirmseiten werden jedoch nicht nur gescannt. Hinzu kommt, dass ein Webtext selten vollständig gelesen wird. Häufig wird mitten im Lesevorgang abgebrochen. Onlineartikel, die länger als 2.000 Zeichen sind, werden, so wissenschaftliche Untersuchungen, selten bis zum Schluss gelesen.

Das Wichtigste muss am Anfang stehen: Zudem gilt bei Usern, dass sie nur ungerne scrollen. Netzneulinge kennen die Scrollfunktion häufig noch nicht und finden sich daher in Texten und auf Webseiten, die über mehrere Bildschirmlängen reichen, nicht zurecht. Aus diesen Gründen sollten die wichtigsten Informationen stets am Anfang stehen.

Internetnutzer/innen sind außerdem ungeduldig, ohne Blick für Details und gnadenlos. Denn die nächste - vielleicht interessantere - Information ist immer nur einen Klick entfernt. Häufig werden auch mehrere Browserfenster parallel geöffnet, was bedeutet, dass News direkt miteinander verglichen und parallel gelesen werden.

Wer gepackt wird, liest weiter: Aber keine Panik: Diejenigen, die von einem Text oder vom Thema gepackt werden, folgen den Links und gehen in die Tiefe.

Zusammengefasst bedeutet dies: Eine der größten Schwierigkeiten für Onlinetexte besteht darin, zunächst die Aufmerksamkeit der Angesprochenen zu wecken und sie dann zu halten.

Der Bildschirm als Lesemedium?

Das Ausgabemedium für Online-Texte ist zunächst der Bildschirm. Dieser ist kein ideales Lesemedium. Folgende Gründe treffen hier zusammen:

  • Lesen am Bildschirm ist anstrengend. Das können Sie vermutlich aus eigener Erfahrung bestätigen. Der Grund: Die Augen schauen im Prinzip ständig in eine Lichtquelle, was von ihnen Höchstleistungen abverlangt.

  • Lesen am Bildschirm dauert länger. Im Durchschnitt wird am Bildschirm ungefähr ein Viertel mehr Zeit für einen Artikel gebraucht als für die gedruckte Version.

  • Lesen am Bildschirm ist ungemütlich, die Haltung ist meist angespannt, Füße hochlegen wie im bequemen Sessel ist nicht möglich. Oder wie sitzen Sie gerade da?

  • Lesen am Bildschirm ist unsinnlich, es fehlt das haptische Erlebnis, das Papier bietet.

Print- und Online-Texte - Worin besteht der Unterschied?

Spielregeln für Autor/innen und Leserschaft: Als Webautor oder Webautorin müssen Sie ebenso wie die Leser/innen von Internettexten in eine andere Rolle schlüpfen. Denn im Unterschied zu anderen Medien ist das Web aufgrund der Hypertextstruktur nicht linear, sondern non-linear aufgebaut (was Hypertexte genau sind, erfahren Sie unter dem Punkt Hypertextstruktur).

Informationen: jederzeit verfüg- und individuell auswählbar - Bei Printmedien und noch stärker bei Hörfunk und Fernsehen gibt die Autor/in die "Lese"richtung vor bzw. bestimmt, wann welche Information genannt wird. Wer sich für eine bestimmte Nachricht (wie die Fußballergebnisse oder den Wetterbericht) interessiert, muss beispielsweise im Falle von Radionachrichten solange warten, bis sie verlesen wird.

Im Web ist das anders. Sämtliche Informationen sind nicht nur zu jeder Zeit abrufbar. Sie können auch individuell ausgewählt werden. Jeder, der für das Web schreibt oder Informationen online stellt, macht seiner potenziellen Leserschaft im Grunde deshalb "nur" ein Angebot. Wie, wann und welcher Reihenfolge diese Information rezipiert wird, entscheiden die User/innen selbst.

Hypertextstruktur

Hypertexte bestehen aus verschiedenen Textelementen - den so genannten Hypertextknoten - die durch Verknüpfungen - den so genannten Links - miteinander verbunden sind. Sie können sich Hypertexte auch als ein Netz von Texten vorstellen, die alle miteinander zusammenhängen.

Hypertexte sind non-linear organisiert: Hypertexte sind aufgrund ihrer besonderen Struktur eine nicht-lineare Textform. Im Gegensatz zu einem linearen aufgebauten Text, der in der Regel von oben nach unten und von Anfang bis Ende gelesen wird, enthält ein Hypertext verschiedene Ebenen, die per Mausklick über die Links erreicht werden können.

Anders ausgedrückt: Ein Hypertext ist die nicht-lineare Organisation und elektronische Wiedergabe von Informationen, die in zusammenhängenden Kontexten miteinander verlinkt sind. Dies ermöglicht die intuitive Navigation innerhalb der Information.

Modul-Prinzip ist typisch: Nicht-lineare Organisation bedeutet konkret, dass ein Webtext aus einzelnen Modulen besteht. Grundmodule nahezu jedes Webtextes sind zwei Einheiten, nämlich Überschrift/Teaser und Langversion.

Webautor/innen müssen also nicht nur Texte schreiben, sondern die einzelnen Module sinnvoll miteinander verknüpfen.

Völlig zusammenhanglos und doch gewinnbringend: Die Anforderungen jedenfalls sind klar: Ein sauber strukturierter Hypertext lässt bei den Lesenden gar nicht erst den Eindruck aufkommen, wir hätten es mit einem zusammenhängenden Text zu tun. Er besteht statt dessen aus einzelnen Texteinheiten, die man völlig zusammenhanglos und dennoch mit Gewinn lesen kann.

Auch wenn die Erläuterungen zur Hypertextstruktur des World Wide Web sich zunächst kompliziert anhören mögen: Im Grunde ist die Sache ganz einfach und Ihnen gut bekannt. Denn jedes Mal, wenn Sie im Internet surfen, wenden Sie Hypertext bereits praktisch an.