Stammkunden als Erpresser

Sonderwünsche und Extrabehandlung als Standard? Auch Stammkunden können zur Belastung werden.

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Grundsätzlich sind Stammkunden prima. Man kennt sich und kann die Umsätze konkret planen. Und weil sie hohe Wertschätzung genießen, werden Stammkunden auch besonders gepflegt. Aber genau hier beginnt manchmal der Ärger. Hans-Jürgen Borchardt kennt ihn zur Genüge.

Gespräch vorbereiten

Grundsätzlich sind Stammkunden eine feine Sache. Man kennt sich und man kann konkret die Umsätze planen. Und weil sie hohe Wertschätzung genießen, werden Stammkunden auch besonders gepflegt. Aber genau hier beginnt manchmal der Ärger. Hans-Jürgen Borchardt kennt ihn zur Genüge.

Weil Stammkunden, insbesondere wenn sie größere Umsätze verantworten, sich ihrer Position bewusst sind, entwickeln sie oft Sonderwünsche, erwarten Sonderkonditionen und Sonderbehandlungen, die die eigene Bereitschaft zur Kundenpflege überschreiten.

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Sonderrechte einschränken

"Sonderrechte" sind vielfältiger Natur, lassen sich aber ebenso vielfältig wieder einschränken.

  • Die Forderung nach uneingeschränkter Aufmerksamkeit, egal mit welchem Kunden oder Problem Sie sich gerade beschäftigen

    Versuchen Sie es mal so: Stiehlt Ihnen ein Kunde wieder Zeit, sagen Sie ihm, dass Sie gerade jetzt gar keine Zeit haben, weil Sie ganz eilig weg müssen. Er möge sich aber bitte an Mitarbeiter XYZ wenden, den er ja bestens kenne. (Mitarbeiter XYZ haben Sie natürlich vorab eingeweiht.) Wenn nötig, verlassen Sie Ihre Firma, damit Sie tatsächlich nicht greifbar sind.

    Noch am gleichen Tag fragen Sie dann Ihren Kunden, ob er mit der Beratung des Mitarbeiters zufrieden war. Wird dies bejaht, fragen Sie ihn, ob er damit einverstanden ist, dass das in Zukunft öfter geschehen darf, weil Sie aufgrund von neuen Aufgaben künftig anderweitig eingebunden sind. Versichern Sie ihm gleichzeitig, dass Sie aber bei besonderen Fragen selbstverständlich sein Ansprechpartner bleiben.

    Verneint der Kunde und besteht auf Ihrer unmittelbaren Zuständigkeit, dann besteht eine Möglichkeit darin, dass Sie Ihre Verfügbarkeit auf bestimmte Zeiten eingrenzen.

    Sind Sie Einzelkämpfer und haben Sie keine Mitarbeiter, auf die Sie verweisen können, dann versuchen Sie – ausgenommen in Notfällen –, den Kunden auf längerfristige Termine einzustimmen. In der Praxis klappt das gut, weil der Kunde oft sehr genau einschätzen kann, wann er was benötigt.

  • Die Erwartung ständiger Leistungsbereitschaft, wenn Aufträge erteilt und/oder Wünsche geäußert werden

    Eine Möglichkeit, die Dauerbereitschaft einzugrenzen, besteht darin, zeitliche Überforderung zu signalisieren. Dokumentieren Sie dazu Ihren Tagesablauf mit all seinen Unterbrechungen. Auf Basis dieser Unterlage können Sie dann glaubhaft machen, dass – wenn es so weitergeht – die Qualität der Arbeit darunter leiden wird. Weil Sie das aber auf gar keinen Fall wollen, müssen Sie gegenüber allen Kunden Ihre Zeit rationalisieren und einfache Leistungen delegieren.

    Eine weitere Möglichkeit, die permanente Verfügbarkeit einzugrenzen, ist der Preis. Dazu ist es notwendig, dass Sie eine Aufstellung über den Schwierigkeitsgrad der Arbeiten machen, beispielsweise Stufe 1, Stufe 2, Stufe 3. Unter Stufe 1 werden Arbeiten erfasst, die jeder Mitarbeiter, einschließlich Azubis, machen könnte. Die mit 2 bewerteten Arbeiten können von qualifizierten Mitarbeitern gemacht werden und sind entsprechend teurer. Arbeiten, die unter 3 erfasst sind, sind die mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad und werden im Normalfall von Ihnen selbst erledigt. Es ist einleuchtend, dass Sie Ihre Zeit nicht für Arbeiten der Kategorie 1 und 2 verwenden wollen, sondern sich auf 3 spezialisieren müssen. Logisch, dass diese Arbeit dann auch die teuerste ist.

  • Die Gewährung von Sonderkonditionen

    Einmal gewährte Sonderkonditionen zu verändern, ist nahezu aussichtslos.

    Eine geeignete Gelegenheit bietet sich, wenn mit dem Kunden die Konditionen grundsätzlich neu verhandelt werden. Hier bietet sich dann auch die Möglichkeit der Kurskorrektur.

    Es kann sinnvoll sein, in die Neuverhandlungen mit Maximalforderungen zu gehen, um bezüglich der Sonderkonditionen entsprechenden Verhandlungsspielraum zu schaffen.

  • Die Annahme, dass auch immer ausreichend Zeit für Probleme vorhanden ist, die außerhalb der geschäftlichen Zusammenarbeit liegen

    Vertrösten Sie Ihr Gegenüber auf einen späteren Zeitpunkt, zum Beispiel nach Feierabend. Die Praxis zeigt, dass dann viele Gespräche gar nicht mehr geführt werden müssen.

  • Erfüllung von kostenfreien Sonderwünschen

    Es kommt immer wieder vor, dass Kunden Extrawünsche äußern ("Sie können doch sicher mal eben schnell …"). Gehört das Gewünschte zu Ihrem Leistungsspektrum, kontern Sie freundlich, aber eiskalt mit der Honorarfrage ("Mache ich gern, kein Problem. Express kostet aber extra. Erklären Sie das beispielsweise so: "Dafür muss ich XYZ von seiner jetzigen Terminarbeit abziehen. Da diese aber bis zum … fertig sein muss, kann ich das nur durch Überstunden lösen."

    Können Sie den Kundenwunsch nicht erfüllen, weil er außerhalb Ihrer Kompetenz liegt, sollten Sie genau darauf hinweisen. ("Das gehört leider nicht zu meinem Spektrum. Und Arbeiten, für deren Qualität ich nicht bürgen kann, führe ich nicht aus. Ich kann Ihnen aber einen Spezialisten vermitteln.")

  • Die immer stärkere Ausrichtung auf spezielle Kundenbedürfnisse

    Wenn ein Kunde seine Bedeutung und damit die Abhängigkeit Ihrer Firma erkennt, erwartet er im Normalfall eine immer stärkere Ausrichtung Ihres Unternehmens auf seine Bedürfnisse.

    Wird ein Kunde zu dominant, heißt es, gegenzusteuern. Die absolute Abhängigkeit von nur einem Kunden mündet in vielen Fällen in einer Katastrophe. Im Zweifelsfall ist es also besser, den Kunden als die Firma zu verlieren.

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Beispiele

Zwei Beispiele aus meiner eigenen Praxis:

  • Ich hatte einen großen Kunden, der mir eines Tages mitteilte, dass meine Agentur nur noch für ihn arbeiten solle. Nach entsprechender Überlegungszeit verlangte ich im Gegenzug einen unkündbaren Vertrag für zehn Jahre, denn ohne langfristigen Vertrag wäre ich dem Kunden in jeder Hinsicht ausgeliefert. Auf der Basis dieser Vorstellungen wurde dann ein Agreement ausgehandelt: Es wurde ein Zeitkonto für mich eingerichtet und ich stand dem Unternehmen 100 Stunden im Monat auf Abruf zur Verfügung.

  • Ich beriet einige Jahre einen Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Irgendwann konnte und wollte ich die Beratung nicht mehr persönlich durchführen. Um den Kunden nicht zu verlieren, ersann ich folgende Taktik: Beim nächsten Besuch stellte ich dem Kunden einen qualifizierten Mitarbeiter vor mit der Erklärung, dass dieser künftig für Bereich ABC zuständig sei.

    Zuvor hatte ich den Mitarbeiter instruiert, dass er während des ersten Treffens nur sehr wenig beizusteuern habe. Mit jedem weiteren Besuch wuchs sein Gesprächsanteil, wobei die Themenfelder, zu denen er sich jeweils äußerte, vorher inhaltlich abgesprochen wurden. Zwischendurch besuchte ich den Kunden immer wieder mal allein, um herauszufinden, ob mein Mitarbeiter akzeptiert wurde. Nach vier Monaten lag die Betreuung des Kunden ganz und gar in der Hand des Mitarbeiters.

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