Vertraulichkeitsvereinbarung (Non Disclosure Agreement): Freie Mitarbeiter und NDA

Vertraulichkeitsvereinbarung (Non Disclosure Agreement): Freie Mitarbeiter und NDA

Streng geheim? Aber sicher!

"Klar, warum sollte ich die Vertraulichkeitsvereinbarung nicht unterschreiben?" So reagieren viele Freelancer. Es ist aber wichtig, dem Thema NDA etwas Aufmerksamkeit zu widmen. Auch wenn man nicht vorhat, Kundeninformationen preiszugeben.

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Vertraulichkeitsvereinbarung, Geheimhaltungsvertrag, Non-Disclosure-Agreement (NDA) – viele Bezeichnungen, ein Ziel: schriftlich zu regeln, dass vertrauliche Informationen ausschließlich für den Zweck eingesetzt werden, für den sie bestimmt sind.

Die wichtigsten Fragen, mit denen Auftraggeber und Freelancer konfrontiert werden, beantwortet dieser kurze Ratgeber. Was fällt eigentlich unter eine solche Vereinbarung? Wie weit darf sie gehen? Und worauf sollte man vor der Unterschrift achten?

Nicht unbesehen unterschreiben!

Es lohnt sich, genau hinzuschauen: Unbedacht unterschrieben, können solche Vereinbarungen Selbstständige im schlimmsten Fall die berufliche Existenz kosten.

Geheimhaltungsvertrag – ist das nötig?

Wenn es um die Entwicklung einer neuen Geschäftsidee, um die Arbeit mit sensiblen Produkt- und Marktdaten oder um geplante Lizenzvergaben geht, ist eine Vertraulichkeitsvereinbarung nicht ungewöhnlich. Für die Zusammenarbeit werden den Beteiligten schließlich interne Daten und Materialien anvertraut, die für Unternehmen ein wertvolles Gut sind. Eine schriftliche Vereinbarung regelt, wie externe Mitarbeiter mit diesen Informationen umzugehen haben. (Für angestellte Mitarbeiter verbietet das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in §17 UWG den „Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen“.)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sind natürlich rechtlich bindend. Dabei besteht Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass beide Seiten den Inhalt entsprechend ihren Vorstellungen frei gestalten können. Dennoch ist der Vertrag einer Kontrolle unterworfen: Er darf nicht gegen die „guten Sitten“ (§ 138 BGB) oder gegen den Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) verstoßen.

Außerdem dürfen die Verpflichtungen den Auftragnehmer, wenn sie ihm in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einseitig vorgegeben werden, nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Absatz 1 Satz 1 BGB). Bei ABG-Klauseln sind diese Anforderungen besonders strikt.

Schwammig formulierte oder sehr weitreichende NDAs sind häufig unwirksam

Praktisch bedeutet das: Der Vertragstext sollte genau aufführen, was unter die Geheimhaltung fällt. Schwammig formulierte, allumfassende Bestimmungen, nach denen über sämtliche Informationen Stillschweigen zu wahren ist, werden vor Gericht regelmäßig als unwirksam verworfen.

Vertragsinhalte: Was regelt eine Vertraulichkeitsvereinbarung?

Die Vereinbarung schützt die Interessen eines Unternehmers. Als Freelancer verpflichten Sie sich mit Ihrer Unterschrift, erhaltene Informationen geheim zu halten und nicht anderweitig zu verwenden – zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit einem anderen Kunden, um eigene Patente anzumelden oder das Know-how selbst wirtschaftlich zu verwerten.

Die Regelung sollte den Gegenstand der geplanten Zusammenarbeit klar benennen: zum Beispiel die Geschäftsidee, das Konzept, die Erfindung oder das Produkt, an dessen Entwicklung der Auftragnehmer beteiligt ist. Außerdem sollte in der Vereinbarung stehen, welche Informationen und Materialien vertraulich sind. Das können Besprechungsprotokolle, Präsentationen, Designvorschläge, Werbekonzepte, Produktdetails oder Geschäftsmodelle sein, von denen freie Mitarbeiter während des Projekts erfahren. Auch Informationen wie betriebswirtschaftliche Auswertungen, Preislisten, Kundendaten oder Produktionsverfahren fallen meist unter die Geheimhaltung, weil sie Konkurrenten einen Vorteil verschaffen würden. Informationen müssen nicht unbedingt als geheim gekennzeichnet sein, um als vertraulich zu gelten.

Die Formulierung im Vertragstext könnte zum Beispiel lauten:

„Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Informationen und Materialien, die er im Zusammenhang mit der Arbeit an Projekt XY erhält, vertraulich zu behandeln und ausschließlich zur Abwicklung des Auftrags einzusetzen. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit gilt unabhängig davon, ob die betreffende Information ausdrücklich als vertraulich bezeichnet ist oder nicht.

Die Vereinbarung schließt schriftliche, mündliche und in elektronischer Form übermittelte Informationen ein. Im Einzelnen handelt es sich um Folgendes:

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_____________________________

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[z. B. Konzepte, Geschäftspläne, Quellcodes, Designstudien, technisches Know-how usw.].“

Und wenn nichts daraus wird?

Wichtig ist darüber hinaus die Frage, was mit Konzepten oder Entwürfen passieren soll, wenn die Zusammenarbeit doch nicht zustande kommt. Fallen sie trotzdem unter die Geheimhaltung, oder darf die entwickelnde Partei sie nutzen?

In der Vereinbarung sollte außerdem die Weitergabe von Daten oder Know-how an Dritte geregelt werden, die – ob firmenintern oder extern – nicht am Projekt beteiligt sind. Darf eine solche Weitergabe überhaupt nicht erfolgen? Oder grundsätzlich ja, aber nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Vertragspartners?

Eine gängige Formulierung:

„Vertrauliche Informationen darf der Auftragnehmer nur solchen Personen zugänglich machen, die sie im Sinne der Auftragsabwicklung unbedingt benötigen, und zwar nur, sofern er sie ebenfalls zur Geheimhaltung verpflichtet hat.“

Ein Beispiel aus dem Freiberufler-Alltag:

Sie müssen als Übersetzerin eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, um überhaupt die Ausschreibungsunterlagen für ein großes Projekt zu bekommen. Bei Durchsicht bemerken Sie schnell, dass Sie die Arbeit alleine nicht bewältigen könnten, und möchten einen Kollegen mit ins Boot holen.

Dieser muss Ihnen unbedingt Geheimhaltung zusichern, bevor Sie ihm die relevanten Informationen übergeben. Sonst haben Sie schon vor Projektbeginn gegen den eigenen Vertraulichkeitsvertrag verstoßen.

Wer wird verpflichtet?

Ein NDA kann einen oder beide Vertragspartner zum Schweigen verpflichten – je nachdem, worum es geht.

  • Prüfen beispielsweise zwei Firmen eine mögliche Beteiligung oder Zusammenarbeit, werden beide Seiten eine Vereinbarung unterschreiben.

  • Wenn dagegen ein Softwareunternehmen eine neue Betaversion von Externen testen lässt, werden sich nur die Tester zum Schweigen verpflichten müssen.

Freelancern wird von Agenturen zudem oft vertraglich untersagt, dass sie nach außen kommunizieren, für die Agentur oder deren Kunden zu arbeiten (und so für sich werben). In diesem Fall müssen sie über die beauftragten Leistungen und Arbeitsergebnisse Stillschweigen wahren.

Was ist nicht Teil der Geheimhaltung?

Informationen und Erkenntnisse, die in Fachkreisen oder allgemein bekannt sind, sind nicht mehr schutzfähig. Auch Material, das man nachweislich von (unbeteiligten) Dritten erhalten hat, fällt nicht unter den Vertrag. Dasselbe gilt für Informationen, die Vertragspartner erst nach dem Ende der Zusammenarbeit bekommen haben.

Wie sieht es mit Vertragsstrafen aus?

Ohne Strafandrohung ist eine Vertraulichkeitsvereinbarung wertlos.

Die Vertragsstrafe sollte in einem angemessenen Verhältnis zum Honorar oder zum Schaden stehen, der durch den Geheimnisbruch entstehen kann. In Projektverträgen findet man häufig Vertragstrafen zwischen 10.000 und 25.000 Euro. Oft ist keine Begrenzung nach oben vorgesehen, sodass bei jedem einzelnen Verstoß gezahlt werden muss.

Typische Formulierung:

„Für den Fall eines Verstoßes gegen die gegenständliche Geheimhaltungserklärung verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Zahlung einer Pönale in Höhe von EUR 25.000,– pro Verstoß.“

Die Vertragsstrafe dient zur Abschreckung, aber nicht zur Wiedergutmachung eines möglichen Schadens. Sie ist immer dann zu zahlen, wenn zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass gegen eine Geheimhaltungspflicht verstoßen wurde – unabhängig davon, ob daraus tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Ansprüche auf Schadensersatz oder Unterlassung kann der Auftraggeber zusätzlich geltend machen.

Vorsicht

Geheimhaltungsvereinbarungen mit hohen Vertragstrafen sind in vielen großen Unternehmen Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern. Freelancer gehen damit aber ein hohes Risiko ein, zumal Vertragsstrafen in den allermeisten Fällen nicht von der Berufshaftpflichtversicherung übernommen werden (außer, solche Verstöße wurden ausdrücklich mitversichert).

Wenn der Betrag unverhältnismäßig hoch ist, hätte die Klausel zwar unter Umständen vor Gericht keinen Bestand. Darauf wird man sich als Auftragnehmer aber kaum verlassen wollen – schließlich gefährdet eine solche Strafe die berufliche Existenz.

Ab wann und wie lange gilt die Regelung?

Eine Geheimhaltungsvereinbarung wird sinnvollerweise vor der Übergabe von wichtigen Informationen geschlossen. Danach hat die empfangende Partei ja kein Interesse mehr, sich zur Geheimhaltung zu verpflichten.

Sie gilt normalerweise mindestens für die Dauer der Zusammenarbeit und häufig darüber hinaus, mitunter sogar für mehrere Jahre oder unbefristet.

Die Vereinbarung erlischt auch dann nicht automatisch, wenn keine Zusammenarbeit zustande kommt oder sie von einer Seite vorzeitig beendet wird.

Für Projektmitarbeiter mitunterschreiben?

Wer als Projektleiter eine Vertraulichkeitsvereinbarung zulasten seines Teams aus Freelancern unterzeichnet, muss sicherstellen, dass sie auch eingehalten wird, indem er die Beteiligten umgehend über ihre Pflichten informiert. Es ist sinnvoll, dies schriftlich zu dokumentieren.

Für freie Mitarbeiter bedeutet das: Sie können zum Stillschweigen verpflichtet sein, ohne selbst unterschrieben zu haben!

Es wird schon nichts passieren …?

Grundsätzlich sollte man ein NDA niemals unbedacht unterschreiben. Die Geheimhaltung verletzt nämlich nicht nur, wer vorsätzlich Informationen preisgibt oder entwendet, also etwa überlassenen Quellcode auf einen USB-Stick zieht und der Konkurrenz anbietet.

Auch fahrlässige Verstöße sind eine Vertragsverletzung: Es genügt schon, dass ein Designer unbedacht seinen Entwurf im Bekanntenkreis skizziert oder Dokumente versehentlich auf dem Schreibtisch in der Bürogemeinschaft liegen lässt.

Auch ein verlorenes Smartphone ohne Passwortschutz, eine E-Mail an den falschen Verteiler oder eine zu ausführliche Darstellung des Projekts als Referenz auf der eigenen Website reichen aus. Letzteres ist problematisch, weil Arbeitsbeispiele für viele Freelancer ein wichtiges Akquisetool sind.

Vertrauensvolle Zusammenarbeit sichern

Freie Arbeitsverhältnisse brauchen eine gute Vertrauensbasis. Es ist kein Zeichen des Misstrauens, wenn Auftraggeber sich durch eine individuelle Vereinbarung absichern wollen. Sie geben schließlich direkten Einblick in ihre Idee, ihr Produkt oder ihre Technologie, hinter der großer Entwicklungsaufwand steckt. Das Risiko für den, der sich zum Stillschweigen verpflichten muss, ist allerdings oft schwer kalkulierbar. Das gilt besonders bei hohen Vertragsstrafen, die sogar ohne absichtliche oder bewusste Verletzung der Geheimhaltung und ohne einen tatsächlichen Schaden fällig werden.

Eine Geheimhaltungsvereinbarung ist zunächst einmal ein Vertrag, dessen Inhalte verhandelbar sind. Dabei sollten Freiberufler ihre Interessen schlüssig darstellen, um eine Einigung zu erleichtern. Das gilt für die Nutzung von Referenzen ebenso wie für die unbefristete Geheimhaltung. Wer nachverhandelt, sollte eine Beschränkung auf zwei Jahre nach Auftragsende anstreben. Vor allem gehört aber dazu, dem Kunden zu erklären, dass man eine Vertragsstrafe in existenzgefährdender Höhe nicht unterschreiben kann. Falls ein höherer Schaden entstehen sollte, bleibt es dem Unternehmen ja unbenommen, diesen als Schadensersatzforderung geltend zu machen.

Wer dennoch regelmäßig hohe Vertragsstrafen akzeptieren muss, sollte über eine entsprechende Erweiterung seiner Berufshaftpflichtversicherung nachdenken.

Oft stellt sich heraus, dass es sich bei der Vertragsvorlage um einen Standardvertrag handelt, über den noch nie jemand weiter nachgedacht hat, und selbst eine Streichung schwieriger Klauseln ist möglich – vor allem dann, wenn man dem Kunden signalisiert, dass einem die Tragweite der Geheimhaltung bewusst ist. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung, die auf das notwendige Maß beschränkt ist, verhindert Interessenskonflikte und fördert eine unkomplizierte Zusammenarbeit.

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