Fotorecht im Alltag

Motiv Mensch

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Motiv Mensch

Persönlichkeitsrecht

Menschen sind das meistfotografierte Motiv. Ob private Urlaubsfotos oder professioneller Werbe-Hochglanz: Fast überall sind auf den Bildern Menschen zu sehen.

Auch hier gilt: So lange die Fotos zu rein privaten Zwecken gemacht und nicht veröffentlicht werden, besteht für den Fotografen kaum Gefahr, juristisch belangt zu werden. Die Rechtsprechung entwickelt sich jedoch weiter, und der Schutz der Privatsphäre - zu der auch das Recht am eigenen Bild gehört - wird strenger. Derzeit ist das Fotografieren von Personen in der Öffentlichkeit erlaubt, eine Nutzung der Bilder jedoch nicht (siehe unten). Ein Fotografierverbot von Personen in der Öffentlichkeit wäre in der Praxis zwar kaum durchzusetzen, aber alle Fotografen - Amateure wie Profis - sollten entsprechend sensibel mit diesem Thema umgehen. Heimlich fotografierte Bilder mögen interessant oder witzig sein, aber dem Fotografen sind die Hände gebunden. Höchstens wenn die Person bemerkt, dass sie fotografiert wird, und der Kamera nicht ausweicht, kann das als Einverständnis zur Aufnahme gewertet werden.

Wie ist es aber mit der öffentlichen bzw. kommerziellen Nutzung? Dürfen Sie die Bilder nutzen, wenn Sie eine Webseite betreiben, einen Diavortrag halten oder Bildmaterial für eine Reportage brauchen?

Wenn alle Fotografierenden die rechtlichen Vorschriften absolut konsequent einhalten würden, gäbe es wohl nur noch menschenfreie Bilder im Web. Für eine Veröffentlichung ist eine Einwilligung der abgebildeten Personen erforderlich, sobald der oder die Abgebildete individuell erkennbar ist. Die Erkennbarkeit kann sich auch aus begleitenden Umständen ergeben. Auch die aus Presseveröffentlichungen bekannte Anonymisierung durch Augenbalken beseitigt diese individuelle Erkennbarkeit nicht unbedingt.

Im Klartext gesprochen heißt das: alle Fotos, die Sie heimlich bzw. unbemerkt, jedenfalls aber ohne Zustimmung, von anderen Menschen gemacht haben, dürfen - formal juristisch betrachtet - weder auf Ihrer Homepage noch bei einem Diavortrag, noch in einer Ausstellung oder dergleichen erscheinen. Auch dann nicht, wenn Sie für die Veröffentlichung kein Honorar bekommen. Nur wenn die abgebildeten Personen einverstanden sind, haben Sie freie Bahn. Deshalb: Suchen Sie den Augenkontakt zu ihrem Fotomotiv.

Beispiel: Fotokalender mit Folgen

Ein Fotoclub veröffentlicht alle zwei Jahre einen Fotokalender, in dem 13 Aufnahmen von Amateurfotografen zu sehen sind. Unter dem Thema "Am Fluss" fotografierte einer der Amateure ein Liebespaar am Flussufer. Beide Personen waren nur von hinten zu sehen. Unglücklicherweise handelte es sich dabei um einen verheirateten Mann, der mit seiner Freundin flirtete. Durch seine Frisur war er auch über den Hinterkopf individuell zu erkennen. Der Mann wurde auf das Bild angesprochen, klagte gegen die Veröffentlichung und bekam Recht: Die gesamte Kalenderproduktion musste eingestampft werden.

Einverständniserklärung

Vor einer Veröffentlichung die Zustimmung der abgebildeten Person einzuholen ist eine Anforderung, die selbst gutwilligen Fotografen nicht leicht fällt, wenn die Aufnahmen irgendwo in der Öffentlichkeit gemacht wurden.

Szenario Fußball-WM 2006: auf den Straßen Deutschlands wird gefeiert und fotografiert, was das Zeug hält. Viele der fotografierten Personen sprechen weder Deutsch noch Englisch und sind schon wieder verschwunden, noch bevor man nach ihrer Mailadresse für eine Kontaktaufnahme fragen kann. Taugen die Fotos deshalb nur für die private Festplatte? Nein. Wenn die fotografierten Personen sehen und merken, dass der Fotograf die Aufnahme für gewerbliche Zwecke nutzt (z.B. Pressefotograf), gilt die Zustimmung zur Aufnahme auch als Zustimmung zur Nutzung. Im Juristendeutsch nennt man das "konkludentes Verhalten" (z.B. Posieren vor der Kamera). Die fotografierten Personen müssen dafür jedoch erkennen können, dass ihre Bilder veröffentlicht werden könnten.

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Posieren vor der Kamera

Ebenfalls keine Einverständniserklärung benötigt man, wenn auf dem Bild größere Menschenmengen zu sehen sind, wenn die Aufnahmen bei einer öffentlichen Veranstaltung (Demonstration, Sportstadion, Straßenfest...) gemacht werden, oder wenn die Personen nur als Beiwerk, nicht als Hauptmotiv zu verstehen sind. Auch wenn ein Passant auf einem Foto als Person individuell zu erkennen ist, kann er gegen die Aufnahme nichts ausrichten, wenn der Kölner Dom das Hauptmotiv ist.

Nicht zulässig ist jedoch das "Herauspicken" einzelner Personen aus einer Gruppe: Beispiel: Sie fotografieren unbemerkt ein vollformatiges Porträt einer Frau, die als Passantin am Rande einer Karnevalsveranstaltung steht - hier benötigen Sie streng genommen das OK für eine Veröffentlichung - es sei denn, die Frau ist so maskiert, dass sie nicht mehr individuell erkennbar ist.

Wenn Sie häufiger in der Öffentlichkeit fotografieren, nehmen Sie ein Notizbuch mit. Sprechen Sie nach einer heimlichen Aufnahme die Person/en an und machen Sie weitere Aufnahmen mit dem Einverständnis der Person/en. Lassen Sie sich die Mailadresse geben und schicken Sie den Fotografierten ihre digitalen Bilder. Schreiben Sie dazu, dass Sie die Fotos gerne für diesen oder jenen Zweck verwenden möchten, und lassen Sie sich dazu das OK geben. Das macht Arbeit, aber Sie sind auf der sicheren Seite.

Für die Veröffentlichung von Kinderfotos benötigen Sie die Einverständniserklärung der Eltern bzw. der gesetzlichen Vertreter. Wenn Sie das Foto einer verstorbenen Person veröffentlichen möchten, benötigen Sie dazu das OK der Hinterbliebenen. Erst zehn Jahre nach dem Ableben der Person können Sie frei über das Bild verfügen.

Wird für Fotoaufnahmen eine Gegenleistung erbracht, geht das Gesetz auch davon aus, dass ein Einverständnis für eine Nutzung der Bilder vorliegt. Beispiel: Foto-Session mit einem Modell, das vom Hobbyfotografen als Gegenleistung eine Foto-CD mit allen Aufnahmen erhält.

Berühmtheiten

Prominente Persönlichkeiten, wie Sportler, Musiker, Politiker, Adelige etc. dürfen auch ohne ihre Einwilligung fotografiert und das Material darf verbreitet werden. Man bezeichnet solche Menschen als "absolute Personen der Zeitgeschichte". Privatleben und Intimsphäre sind aber auch bei diesen Personen geschützt. Die "eigenen vier Wände" sowie Bereiche der Privatsphäre in der Öffentlichkeit, wie z. B. ein Abendessen in einer abgeschiedenen Ecke eines Restaurants, müssen auch von Paparazzi als fotofreie Zonen respektiert werden.

Relative Personen der Zeitgeschichte sind Menschen, die in Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis in den Blick der Öffentlichkeit geraten sind (z. B. die Opfer des Gladbecker Geiseldramas oder Sportler während eines Spiels). Bilder dieser Personen dürfen nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis ohne Einwilligung veröffentlicht werden.

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Die Siemens-Manager Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld sind aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung Personen der Zeitgeschichte und ihre Bilder dürfen ohne Einwilligung veröffentlicht werden.

Respekt oder Recht?

Für manche Hobbyfotografen ist es eine Art Sport, Fotografierverbote zu umgehen. Da wird mal schnell das Fotohandy gezückt und man macht trotzdem sein Bild - im Museum, in der Kirche, am FKK-Strand, heimlich und unbemerkt. So lange die Fotos für den Privatgebrauch gemacht und nirgends veröffentlicht werden, können die Fotografierten in der Praxis wenig dagegen ausrichten. Verboten ist es trotzdem und kann zivil- wie strafrechtlich verfolgt werden. Die fotografierte Person kann - wenn sie bemerkt, dass sie fotografiert wurde - verlangen, dass das aufgenommene Foto gelöscht wird. Und sie kann - zumindest unter bestimmten Umständen - auch Anzeige gegen den Fotografen erstatten.

Andererseits: Viele hervorragende und wichtige Fotos wären nie entstanden, wenn sich alle Fotografen immer gesetzestreu an die bestehenden Regelungen gehalten hätten. Der berühmte Street-Photograph Henri Cartier-Bresson hat seine Kamera beispielsweise unter einem großen Taschentuch versteckt und tat so, als würde er sich die Nase putzen, während er in Wirklichkeit fotografierte.

Die überwiegende Mehrzahl der heimlich fotografierten Personen bekommen wahrscheinlich nie Wind davon, dass sie abgelichtet wurden - es sei denn, sie entdecken sich selbst zufällig im Internet oder in einer Ausstellung. Zugegeben, keine besonders angenehme Vorstellung! Spätestens in solchen Fällen der öffentlichen Nutzung von Portraits o.ä. ohne Zustimmung droht auch dem Fotografen Ärger.

So lange Personen würdevoll, ästhetisch und respektvoll fotografiert und in einem ebensolchen Kontext präsentiert werden, besteht die Chance, dass die Sache außergerichtlich geregelt werden kann. Sobald wirtschaftliche Interessen ins Spiel kommen wittern die Betroffenen jedoch oft die Chance, dass Geld zu holen ist. Da hilft es dem Fotografen auch die Beteuerung nicht viel, dass er doch eigentlich nur Fotokunst erschaffen wollte, die sich unerwartet gut verkaufen ließ...

Besonders unschön sind Geschmacklosigkeiten, auf die der Gesetzgeber 2004 mit einer Änderung des Strafgesetzbuches reagiert hat: Ursprünglich war das bloße Erstellen eines Fotos, ohne es zu veröffentlichen, in der Öffentlichkeit nicht verboten, doch am 30. Juli 2004 trat § 201 a ("Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen") Strafgesetzbuch (StGB) in Kraft, der unter bestimmten Umständen schon für das bloße Erstellen eine Kriminalstrafe vorsieht. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer

(1) von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine durch eine Tat nach Absatz 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

Ein Gesetzestext, den man auch als Hobby- oder Handyfotograf nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Sicher wird nicht jedes heimlich geschossene Foto gleich ein Gerichtsverfahren nach sich ziehen, aber die fotografierte Person hat das Recht, gegen die Aufnahmen vorzugehen. Wie streng die Vorschriften noch werden und wie konsequent sie verfolgt werden, hängt sicher auch davon ab, welche Vergehen tatsächlich vor Gericht enden. Die neu vorgestellte Kamera, mit der man durch die getönten Scheiben von Fahrzeugen fotografieren kann, ist eine Einladung zum Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht. Man sollte also wissen, worauf man sich einlässt, wenn man sie benutzt.

Arbeiten mit Fotomodellen

Professionelle Fotografen arbeiten aufgrund der juristischen Lage lieber gleich mit Fotomodellen. Egal, ob Sie ein professionelles Model verpflichten oder mit einem Amateur-Modell aus dem Bekanntenkreis anfangen: Sie sollten in jedem Fall einen einfachen, schriftlichen Vertrag abschließen, in dem Sie sich ggf. auch darauf verständigen, zu welchem Zweck die Aufnahmen später verwendet werden können oder auch nicht.

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Das Arbeiten mit Fotomodellen ist mehr als sinnvoll, wenn man Bilder veröffentlichen möchte.

Dem Fotografen - vor allem dem Profi - ist es stets angenehm, so viel Handlungsspielraum wie möglich heraus zu schlagen, und die Nutzung der Bilder nicht einzuschränken. Das würde es ihm beispielsweise erlauben, Aktaufnahmen auch auf Erotikseiten im Internet zu verwenden - ein Tabu für die Mehrzahl aller Fotomodelle. Wer sich in bestimmten Branchen fotografisch betätigen möchte, wählt am besten von vorneherein Modelle, die damit keine Probleme haben. Ein Vertrag mit klaren Formulierungen hilft Missverständnisse vermeiden, und erspart den späteren Gang vor den Kadi.

Ein so genanntes Model Release finden Sie z.B. bei Freelens. Für akademie.de-Mitglieder bieten wir auch einen Muster-Modelvertrag als PDF-Dokument zum Download an.

Ein Fotomodell kann die Einwilligung für die Nutzung von Bildern auch nachträglich zurückziehen. Enthält der Vertrag jedoch die Klausel, dass die Rechte "unwiderruflich" übertragen werden, ist der Fotograf auf der sicheren Seite. Die Gerichte gehen davon aus, dass volljährige Personen, die sich fotografieren lassen, wissen, was sie tun. Wenn sich eine junge Frau zur Finanzierung ihres Studiums leicht bekleidet fotografieren lässt, und später um ihre Karriere fürchtet, ist es nicht so leicht, aus dem Vertrag heraus zu kommen. Frühestens nach drei bis fünf Jahren kann sie darlegen, dass sich ihre "innere Einstellung gewandelt hat" und die Aufnahmen nunmehr ihr Persönlichkeitsrecht verletzen. Wenn widerrufen wird, und das Gericht zustimmt, muss der Fotograf jedoch angemessen entschädigt werden. Minimum sind die Herstellungskosten für die Bilder. Hat der Fotograf an den Fotos gut verdient, kann ein Widerruf für das Fotomodell sehr teuer werden.

Fazit

  • Für das Fotografieren gibt es mehr juristische Einschränkungen als allgemein angenommen wird. Als reiner Amateur ist man nur dann auf der (einigermaßen) sicheren Seite, so lange man keine Bilder ins Internet stellt oder anderweitig veröffentlicht.

  • Die kommerzielle Nutzung von Bildern unterliegt strengen Auflagen, deren Missachtung Schadensersatzforderungen nach sich ziehen kann.

  • Auf nicht öffentlichen Grundstücken und innerhalb von Gebäuden schränkt das Hausrecht die Fotografierfreiheit ein.

  • Auch auf öffentlichen Plätzen darf nur aus normaler Perspektive fotografiert werden.

  • Für Werbeaufnahmen sind bestimmte Locations tabu, auch wenn sie von der öffentlichen Straße gemacht werden.

  • Wo immer möglich, sollte sich der Fotograf mit einer offiziellen Fotografiererlaubnis absichern.

  • Das Markenrecht schränkt die Verwendung von Bildern ein, auf denen Produkte, Markennamen oder Logos von Herstellern erkennbar sind.

  • Kunstwerke sind urheberrechtlich geschützt, eine Veröffentlichung der Bilder ist nur mit Einverständnis des Urhebers des Kunstwerkes erlaubt. Ausnahme: Denkmäler, die bleibend an öffentlichen Plätzen installiert sind.

  • Fotografiert man heimlich eine Person und wird dabei ertappt, kann der/die Fotografierte verlangen, dass das Bild gelöscht wird.

  • Das Fotografieren in die Fenster von Wohnungen und anderen Gebäuden stellt einen Eingriff in die Privatsphäre dar und ist nicht zulässig. Das Strafgesetzbuch sieht dafür bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vor.

  • Für die Veröffentlichung von Personenaufnahmen wird in den meisten Fällen eine schriftliche Einverständniserklärung der aufgenommenen Person/en benötigt. Ausnahmen: Personen der Zeitgeschichte, Personen als Beiwerk, Menschenansammlungen, abgebildete Person ist länger als 10 Jahre tot.

  • Das Arbeiten mit professionellen Fotomodellen ist das beste Mittel, um sich gegen juristische Risiken abzusichern.

  • Dabei gilt jedoch: Kein Fotoshooting ohne schriftlichen Vertrag mit dem Modell.

  • Im Ausland gelten andere Gesetze.

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