Nebenberuflich selbstständig: Tipps und Informationen für Ihre Gründung im Nebenerwerb

Genehmigungen und Anträge: Meldepflichten II: Finanz- und Gewerbeamt

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Meldepflichten II: Finanz- und Gewerbeamt

Die nebenberufliche Selbstständigkeit spielt sich nicht im luftleeren Raum ab. Wenn Sie nebenher selbstständig arbeiten, gelten grundsätzlich die gleichen Spielregeln wie bei Vollerwerbsgründungen. Ob und unter welchen Bedingungen sich Finanz-, Gewerbe- und andere Ämter für Sie interessieren, erfahren Sie in diesem Abschnitt.

Die formalen Hürden vor der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit sind in vielen Fällen erstaunlich niedrig. Immerhin herrscht in Deutschland ja Gewerbefreiheit: § 1 der Gewerbeordnung lautet seit eh und je: "Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind."

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§ 1 Gewerbeordnung

Um die Erlaubnis zu bekommen, genügt es in den meisten Fällen, das Vorhaben einfach anzumelden:

  • Sie nehmen Ihren Personalausweis sowie

  • (je nach Gemeinde) etwa 10 bis 50 Euro und

  • gehen zum Gewerbe- bzw. Ordnungsamt Ihrer Stadt oder Gemeinde.

Dort füllen Sie einen Antrag aus, beantworten ein paar Fragen und können Ihren Gewerbeschein vielfach gleich mitnehmen. Ansonsten haben Sie ihn binnen weniger Tage im Briefkasten.

Freiberufler und ähnliche Selbstständige gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) brauchen noch nicht einmal einen Gewerbeschein: Sie schicken lediglich eine formlose Mitteilung ans Finanzamt und füllen den 8-seitigen Fragebogen aus, den Sie daraufhin vom Finanzamt zugeschickt bekommen.

Gehversuche und Testballons

Sofern Sie noch keine laufenden Einnahmen haben, sondern in unregelmäßigen Abständen das eine oder andere Projekt abwickeln, auf Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen und keine öffentliche Werbung für Ihre Dienstleistungen machen, können Sie sich als Freiberufler die Anmeldung sogar ganz sparen. In dem Fall geben Sie Ihren Gewinn (Einnahmen minus Ausgaben) einfach im Rahmen Ihrer nächsten Einkommensteuererklärung an. Bleibt Ihr "Einnahmeüberschuss" im Jahresverlauf unter 410 Euro, ist noch nicht einmal das nötig: Für Nebeneinkünfte bis zu dieser Höhe brauchen Sie gemäß "Härtefall"-Paragraf 46 EStG nicht eigens eine Einkommensteuererklärung (Pflicht-"Veranlagung") abzugeben.

Was heißt eigentlich "selbstständig"?

Vor der Beschäftigung mit Einzelfragen der Gewerbe- und Finanzamtsanmeldung sind zunächst ein paar Begriffsklärungen rund um die nebenberufliche Selbstständigkeit hilfreich:

  • Der Begriff Nebenberuf weist darauf hin, dass Sie neben Ihrer selbstständigen Tätigkeit noch einen Hauptberuf ausüben – in der Regel als Angestellter in Form einer (abhängigen) "Beschäftigung". Diese Unterscheidung ist wichtig für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung: Auf selbstständige Nebeneinnahmen müssen Sie normalerweise keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen.

  • Als Selbstständiger sind Sie kein "Beschäftigter" (= Angestellter/Arbeitnehmer) im Sinne des Arbeits- und Sozialrechts: Ihre Auftraggeber oder Kunden sind nicht Ihre Arbeitgeber. Dafür genießen Sie aber auch nicht die besonderen Schutzrechte von Arbeitnehmern und Sie müssen sich um die Versteuerung Ihrer Einnahmen selbst kümmern.

  • Demgegenüber hat der Begriff "selbstständig" im Steuer- und Gewerberecht eine etwas andere Bedeutung: Das Steuerrecht kennt neben den Arbeitseinkünften aus "unselbstständiger Arbeit" (= Angestellte) solche aus "selbstständiger Arbeit" oder aus einem "Gewerbebetrieb" (außerdem gibt es genau genommen noch die Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, Land- und Forstwirtschaft sowie Renten und ähnliche "sonstige Einkünfte").

Wenn das Finanzamt von "Selbstständigen" spricht, dann sind damit in aller Regel die Freiberufler gemeint. Eine eindeutige Definition freiberuflicher Tätigkeiten liefert das Einkommensteuergesetz allerdings nicht. In § 18 EStG gibt es lediglich eine Liste von "Katalogberufen", in der sich vor allem akademische Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten oder Steuerberater finden.

Dass ein Universitätsdiplom nicht unbedingt eine notwendige Bedingung der Freiberuflichkeit ist, zeigt die Aufnahme von Krankengymnasten, Lotsen, Übersetzern, Heilpraktikern und Journalisten in die (vielfach umstrittene) Liste. Um eine vollständige Aufzählung handelt es sich ebenfalls nicht: Das macht der nebulöse Nachsatz "und ähnliche Berufe" deutlich.

An der steuerlichen Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Gewerbetreibenden orientiert sich im Wesentlichen auch das Gewerberecht: Dass Freiberufler in der Regel keinen Gewerbebetrieb führen, ist in § 6 der Gewerbeordnung nachzulesen.

Während Handels-, Handwerks- und Industrieberufe eindeutig gewerblichen Charakter haben, entstehen bei Dienstleistern regelmäßig Zweifel. Das gilt ganz besonders für die "neuen Selbstständigen", wie zum Beispiel die Screen- und Webdesigner, Multimedia-Entwickler oder EDV-Berater und ähnliche junge IT-Berufe.

Im Zweifel für den "freien Beruf"

Was ist denn nun der Unterschied zwischen einem "Selbstständigen" (= Freiberufler) und einem "Gewerbetreibenden" im Sinne des Steuer- und Gewerberechts?

  • Selbstständige müssen ihre Tätigkeit nicht beim Gewerbeamt anmelden. Sie benötigen keinen Gewerbeschein.

  • Selbstständige brauchen ungeachtet der Höhe späterer Einkünfte keine Gewerbesteuer zu bezahlen.

  • Selbstständige müssen ungeachtet der Höhe späterer Einkünfte nur einfache Buchführungsvorschriften befolgen (keine Bilanz, keine Inventur etc.).

Grundsätzlich lässt sich sagen: Selbstständige/Freiberufler genießen viele Privilegien. Sofern Sie die Wahl haben, tun Sie gut daran, Ihre Tätigkeit von Anfang an als "selbstständige Arbeit" zu betrachten. Da die Einkünfte bei nebenberuflich Selbstständigen meistens ohnehin unterhalb des Gewerbesteuerfreibetrages und der Bilanzierungspflicht liegen, sind die Finanzämter bei dieser Klientel auch nicht besonders pingelig.

Und was ist ein freier Mitarbeiter?

Der oft verwendete Begriff "freier Mitarbeiter" hat keine rechtliche Grundlage: Entweder Sie sind abhängig Beschäftigter (= Angestellter) oder selbstständig (Freiberufler oder Gewerbetreibender). Alles andere ist Augenwischerei. Für mehr Klarheit im Begriffsdschungel rund um abhängige Beschäftigung und selbstständige Tätigkeiten sorgt unser Beitrag "Scheinselbstständigkeit: Frei oder abhängig?"

Und was ist mit der Schwarzarbeit?

Ganz wichtig: Von der oft aufgestellten Gleichung "Selbstständigkeit ohne Gewerbeschein = Schwarzarbeit" sollten Sie sich nicht abschrecken lassen. Vor allem dann nicht, wenn Sie

  • einen sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf ausüben,

  • einzelne Aufträge in nicht erheblichem Umfang übernehmen und

  • nicht gerade einen Handwerksberuf ausüben, für den Sie keinen Meisterbrief haben.

Ein gemäß § 14 Gewerbeordnung anzeigepflichtiger Gewerbebetrieb liegt laut § 15 Einkommensteuergesetz nämlich erst dann vor, wenn Ihre selbstständige Tätigkeit "nachhaltig", also auf Dauer, angelegt ist. Sie setzt außerdem die "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" voraus, also Werbung, kaufmännisches Auftreten und so weiter.

Wer neben seinem Hauptberuf das eine oder andere Projekt auf selbstständiger Basis gegen Honorar abwickelt, die dabei erwirtschafteten Gewinne unaufgefordert versteuert und nicht öffentlich als Unternehmer oder Selbstständiger in Erscheinung tritt, muss keine Angst vor Schwarzarbeitsfahndern haben: Die haben hauptsächlich "schwarze Schafe" im Handwerk im Visier sowie Arbeitslose, die ihr Arbeitslosengeld mit nicht angemeldeten Nebenjobs aufbessern.

Gewerbeanmeldung

Zurück zur Praxis: Falls Sie ein Gewerbe anmelden müssen, tragen Sie im Vordruck "Gewerbeanmeldung" im Wesentlichen die folgenden Angaben ein:

  • Ihre persönlichen Daten

  • die private Adresse, Telefon- und Faxnummer

  • falls davon abweichend: die betriebliche Adresse, Telefon- und Faxnummer

  • die Art der Tätigkeit

  • den Beginn der Tätigkeit und

  • die voraussichtliche Zahl der Mitarbeiter.

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Vordruck einer Gewerbeanmeldung

Geschäftszweck nicht zu eng fassen!

Achten Sie darauf, dass Sie die Art der "angemeldeten Tätigkeit" nicht zu eng fassen. Damit ersparen Sie sich späteren Änderungsaufwand. Wenn Sie hauptsächlich Websites programmieren wollen, können Sie "Internetdienstleister" oder gar "Sämtliche Computeranwendungen" eintragen lassen. Falls Sie einen Rasenmäher-Service aufziehen wollen, besteht beispielsweise die Möglichkeit, "Haus- und Gartendienstleistungen" anzugeben.

Zusammen mit dem Behördenstempel, Ihrer Unterschrift und der des Beamten wird Ihnen dieser Vordruck ausgehändigt. Das ist dann schon der legendäre Gewerbeschein. Und: Sie können sofort loslegen.

Genehmigungen und Nachweise

In manchen Fällen, etwa bei Handwerkern, Maklern, in der Gesundheitsbranche oder im Gast- und Beherbergungsgewerbe, müssen Sie bei der Anmeldung Genehmigungen und Nachweise vorlegen. Falls Sie das noch nicht bedacht haben, werden Sie spätestens vom Gewerbeamt darauf aufmerksam gemacht.

Weitere Benachrichtigungen müssen Sie von sich aus nicht vornehmen. Das Gewerbeamt meldet die Aufnahme Ihrer gewerblichen Tätigkeit, soweit erforderlich, an alle Behörden und Institutionen, vor allem

  • das Finanzamt,

  • die Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. Handwerkskammer und

  • die Berufsgenossenschaft (Unfallversicherung).

Sofern Sie Mitarbeiter beschäftigen wollen, werden darüber hinaus die gesetzliche Krankenversicherung, das Gewerbeaufsichtsamt und das Arbeitsamt informiert.

Da Sie als Gewerbetreibender Zwangsmitglied der IHK werden, müssen Sie Mitgliedsbeiträge entrichten. Größenordnung: 50 Euro pro Jahr. Die meisten Industrie- und Handelskammern haben inzwischen jedoch Gewinnmindestgrenzen, bis zu denen die Mitgliedschaft kostenlos ist. Genauere Informationen entnehmen Sie dem Spezialbeitrag "IHK und Handwerkskammer: Zwangsmitgliedschaft für manche zum Nulltarif".

Auch die Berufsgenossenschaft wird Sie anschreiben: Der Jahresbeitrag in der Unfallversicherung hängt von der Gefährdung in Ihrer Branche ab. Wichtig: Für Sie selbst als "Geschäftsinhaber" ist die Versicherung in der Regel freiwillig! Pflichtbeiträge fallen nur für Mitarbeiter an. Ausführlichere Informationen finden Sie im Grundlagenbeitrag "Freiwillig in die Berufsgenossenschaft?"

Finanzamt

Der weitere Bürokratieaufwand in der Anmeldephase hält sich ebenfalls in Grenzen: Das Finanzamt schickt Ihnen einen achtseitigen "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung eines Gewerbebetriebs oder einer freiberuflichen Tätigkeit". Dort machen Sie hauptsächlich Angaben

  • zur Art der Gewinnermittlung (Kleinbetriebe: "Überschussrechnung"),

  • falls gewünscht, zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung,

  • zum erwarteten Umsatz im laufenden und folgenden Kalenderjahr,

  • zum erwarteten Gewinn im laufenden und folgenden Kalenderjahr sowie

  • zu Neugründung oder Betriebs-Übernahme.

Geben Sie dabei Ihre Umsatz- und Gewinnerwartungen ruhig zurückhaltend an. Niemand kann verlangen, dass Sie Ihren tatsächlichen Gewinn im Voraus richtig schätzen. Nach Ihren Angaben richten sich die vierteljährlichen Einkommensteuervorauszahlungen, die der Lohnsteuer bei Angestellten entsprechen. Ausführliche Informationen zu den einzlnen Zeilen des "Fragebogens zur steuerlichen Erfassung" finden Sie im Beitrag "So melden Sie Ihr Unternehmen beim Finanzamt an".

Welche Steuern auf Sie als Nebenerwerbs-Unternehmer zukommen und was es mit der gefürchteten Buchführung auf sich hat, erfahren Sie im Kapitel "Steuern und Buchführung".